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Die Zufalle des Herzens

Die Zufalle des Herzens

Titel: Die Zufalle des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fay Juliette
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konnte sich nicht so recht auf die Geschichte konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften zu Grady ab. Ein Skelett ohne Knochen – was sollte das heißen? Und wie war er mit seinen Freunden an einen Punkt gekommen, wo sie ihn beschimpften und so taten, als wäre er gar nicht da? Danas Vater hatte kein einziges ihrer Basketballspiele besucht, geschweige denn ihre Mannschaft trainiert, aber das war für sie nie ein Grund gewesen, sich aufzuregen oder Streit mit ihren Freundinnen anzufangen. Im Gegenteil, es war umso wichtiger, miteinander klarzukommen, auch wenn belanglose Meinungsverschiedenheiten und Verrat durchaus vorkamen.
    Connie dagegen – sie zog Freundschaften an und aus wie Kleidungsstücke. Am Ende wurden alle als dumm oder nervig hingestellt, wobei sie es mit denen, die unterhaltsam waren, etwas länger auszuhalten schien. Dana vermutete, dass das auch mit Alders Vater der Fall gewesen war, aber da sie nicht wusste, wer er war, konnte sie es nicht mit Sicherheit sagen.
    Nach dem Abbruch ihres Kunststudiums hatte Connie als Kellnerin im Durgin-Park in Boston gearbeitet, einem für sein mürrisches Personal bekannten Restaurant, in dem ihre spitzen Bemerkungen nicht weiter auffielen. Das gewissenhaft beiseitegelegte Trinkgeld hatte ihr eine ausgedehnte Reise durch Europa finanziert.
    Damals hatte Dana fast den Kontakt zu ihr verloren. Connie rief gelegentlich an (allerdings nie an Feiertagen oder Geburtstagen, wenn man sich wünschte , dass sie anrief). Bald nach ihrer Abreise hatte Dana geheiratet und war in einem Leben aufgegangen, das ihren Idealen von ehelichem Glück entsprach. Es war einfacher, Connie nicht in der Nähe zu haben – sie hatte so eine Art, einem zu vermitteln, wie beschissen die eigenen Ideale waren. »Wie geht’s denn so in deiner kleinen Spießeridylle?«, fragte sie bei einem ihrer unregelmäßigen Auslandsgespräche. »Oder ist da schon alles im Arsch?«
    Doch bald darauf war Connie schwanger nach Hause gekommen. Und seltsam traurig. Und auf noch seltsamere Weise still.
    »Sie ist ganz in sich zurückgezogen«, hatte ihre Mutter gesagt. »Wenigstens ein Mal.«
    Connie war wieder in das Haus in Watertown, Massachusetts, gezogen, in dem sie aufgewachsen war. Ihr Vater war fort, und für ihre Mutter war es gut, dass ein Baby da war, das sie versorgen konnte. Dana kam sie, so oft sie konnte, besuchen. Man war einhellig der Meinung, dass Alder ein Wunder von einem Kind war. Klug und witzig, besaß sie das verblüffende Talent, jeder von ihnen das Gefühl zu geben, in einzigartiger Weise vergöttert zu werden.
    Und jetzt hatte dieses glückselige Kind die Haare pechschwarz gefärbt (was allerdings so langsam herauszuwachsen schien) und musste von der Erinnerung an das schöne Halloween vom letzten Jahr abgelenkt werden.
    Den ganzen Abend klingelte es an der Tür, während Dana erfolglos versuchte, ihr Buch zu lesen. Jedes Mal machte sie begeisterte Bemerkungen über die Kostüme, teilte Süßigkeiten aus und sah nach, ob nicht jemand mit Klopapierrollen herumschlich und ihre Bäume ins Visier nahm. Das tat niemand.
    Als sie gerade auf der Toilette war, klingelte es erneut, und da es sich mehrfach wiederholte, musste sie sich rasch die Hände waschen und rufen: »Komme! Bin gleich da!« Sie packte den Hexenkessel aus Plastik mit den Süßigkeiten und riss die Tür auf. Da sie erwartet hatte, in die Gesichter kleiner Süßes-sonst-gibt’s-Saures-Bettler hinabzublicken, war sie völlig perplex, dass das einzige Gesicht vor ihrer Haustür auf sie herabsah.
    »Süßes, sonst gibt’s Saures, Schöne«, sagte Jack Roburtin. Zwei rote Teufelshörner ragten aus seinem rotblonden Bürstenschnitt auf.
    »Jack!«, sagte sie mit einem Erstaunen, das an Entsetzen grenzte.
    »Ich weiß.« Er grinste. »Ich bin etwas zu früh, aber ich konnte nicht warten.« Er trat in die Diele und schloss die Tür hinter sich. »Ich war so aufgeregt, weil du nicht angerufen hattest«, fügte er hinzu.
    »Ich habe nicht … angerufen?«
    Sein rechter Arm, der hinter seinem Rücken gesteckt hatte, zauberte jetzt eine Schachtel Pralinen hervor. »Ich bin garantiert der einzige Süßes-sonst-gibt’s-Saures-Bettler, der sein Süßes selbst mitbringt«, sagte er.
    »Oh, das ist so …«, sagte sie dankbar, als sie die kleine Schachtel entgegennahm. »Aber haben wir denn …? Ich erinnere mich nicht an ein Gespräch über …«
    »Nein«, antwortete er. »Die Nachricht auf deiner Mailbox. Ich versuche ja, diskret zu sein und

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