Die Zufalle des Herzens
immer dafür, Tina für alles verantwortlich zu machen – aus meiner Sicht ist sie schuld an der Erderwärmung, am Welthunger und am Fußpilz.«
»Genau«, grinste Polly. »Und an deiner Verwandlung in eine sexgeile Zahnarztsprechstundenhilfe.«
»Nein, wirklich nicht«, sagte Dana, ihren Schritt verlangsamend, um Polly anzuschauen. »Ich will nicht, dass sie der Grund für alles ist, was ich tue. Dass es sie gibt, halte ich ja schon kaum aus.«
»Eben. Sie … Sie …« – Polly blinzelte angestrengt – »ist eine Größe , die es zu berücksichtigen gilt . Und bisher hast du so getan, als gäbe es sie nicht.«
»Hab ich nicht!«
»Doch, und als sie sich als real herausstellte, hast du alle Vorsicht über Bord geworfen und mit deinem Freund geschlafen. Das hat diese letzte Verbindung zu Kenneth zerbrochen. Ist völlig einleuchtend.«
»Polly!«
»Was? Das ist mein voller Ernst.«
»Ich gründe meine persönlichen Entscheidungen – Entscheidungen überhaupt – nicht auf die Existenz dieses Flittchens!«
Polly schürzte die Lippen, nicht überzeugt. »Gut, neues Thema. Wie geht es Morgan?«
Dana machte noch ein paar gereizte Schritte, dann seufzte sie. Sie konnte Polly nie lange böse sein. »Ihr geht’s besser, glaube ich. Diese Freundschaft mit Kimmi Kinnear hat ihr eine Menge Selbstvertrauen gegeben. Sie scheint nicht den Drang zu verspüren zu … du weißt schon …«
»Kotzen.«
Eine Zeitlang sprachen sie nicht. Der Gedanke daran ließ sie ernüchtert verstummen. »Morgan wirkt jetzt eindeutig zufriedener«, sagte Dana schließlich. »Gestern Nacht hat sie bei Kimmi geschlafen. Und ist zu einer Party in der Nachbarschaft gegangen – ein Mädchen aus ihrer Klasse namens Devynne.«
»Und wie weiter?«, fragte Polly. »Vielleicht kenne ich sie.«
»Oh, den Nachnamen kenne ich gar nicht. Ich habe angenommen, dass ihre Familie okay ist, wenn Nora nichts dagegen hat, dass die beiden dorthin gehen.«
»Du hast aber nicht dort angerufen und mit den Eltern gesprochen? Das hättest du nämlich wirklich tun sollen, weißt du. Eltern haben manchmal nicht den blassesten Schimmer.«
»In der sechsten Klasse? Ist das nicht eher ein Highschool-Ding?«
»Ja und nein«, sagte Polly. Sie erzählte die Geschichte von ihrem Sohn Peter, der, als er noch in der Middle School war, zu einem Freund ging, um sich dort Stargate -Episoden ohne Ende anzuschauen. »Draußen war es noch hell, verdammt noch mal!«, sagte Polly. »Die Eltern des Jungen waren beim Leichtathletikwettkampf eines seiner Geschwister und damit über Stunden außer Haus; sie hätten es nie für möglich gehalten, dass ein Haufen Jungs zwischen zehn und zwölf ihren Grand Marnier und Pfirsichschnaps probieren würde.«
»Wie hast du das rausgekriegt?«
»Als einer der Jungen irgendwas Rotes erbrochen hat, dachten sie, er würde gleich sterben, und haben den Notarzt gerufen.« Sie waren am Village Donuts angekommen, und Polly schüttelte ärgerlich den Kopf. »Wie sich rausstellte, hatte er ein Glas Maraschinokirschen mit Schnaps runtergespült. Er war auch noch ein glatter Einserschüler! Es ist wirklich erstaunlich, wie bescheuert diese superintelligenten Kinder sein können.« Sie bestellten ihren Kaffee und setzten sich an einen der Kunststofftische in Holzoptik, ehe sie sich wieder hinaus in den scharfen Wind begaben.
»Also, ich bin sicher, dass alles gut verlaufen ist«, sagte Dana. »Ich habe heute Morgen angerufen, da schliefen die Mädchen noch. Nora hätte mir gesagt, wenn irgendetwas passiert wäre.«
Polly trank noch einen Schluck und blickte zum Fenster hinaus. »Ich bin sicher, dass sie das vermutlich getan hätte«, sagte sie.
Auf dem Weg zu den Kinnears rief Dana Kenneth an. Der Abend sei gut verlaufen, sagte er. Sie seien im West End von Haus zu Haus gegangen und dabei auch an der juristischen Fakultät der UC onn vorbeigekommen. »Er fand es toll, die Jurastudenten in ihren verrückten Aufmachungen umherziehen zu sehen.« Kenneth schmunzelte. »Einer war SpongeBob und hatte tatsächlich ungefähr hundert gelbe Schwämme an sich kleben. Grady konnte es gar nicht fassen.«
»Ich hätte nur gerne gewusst, wann du ihn zurückbringst«, sagte Dana.
»Ach so, na ja, vielleicht sollte ich ihn bis zu seinem Spiel morgen hierbehalten. Dafür komme ich ja sowieso nach Cotters Rock. Erspart mir eine Fahrt.«
Morgen? , dachte Dana. Ich lasse dich ihn für eine Nacht nehmen – noch dazu Halloween –, und du behältst ihn für das
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