Die Zufalle des Herzens
tönte Darbys atemlose Stimme aus der Diele. »Ich bin früh dran!«
»Das hab ich gehofft! Ich bin nämlich irgendwie â¦Â« Ein schriller Schrei entfuhr Morgan.
»Ich wusste, dass du das wolltest! Und dann, hier!« Papier raschelte. »Gefälltâs dir? Ist das nicht obercool!«
»Total! Hier, mach mal das Dings zu. Mir zittern die Hände vor Aufregung!«
Die Mädchen rannten ins Esszimmer, beide Gesichter wie elektrisiert vom selben manischen Grinsen. »Guck mal, Mom!« An der Halskette hing ein reich mit Strass verziertes Herz, in dessen Mitte eine winzige rosafarbene Perle saÃ.
»Das ist aber hübsch«, sagte Dana, deren Lächeln eher der Begeisterung der Mädchen als der Halskette galt.
»Das ist mein erster richtiger Schmuck!«, sagte Morgan. Sie drehte sich zu Darby um. »Jetzt muss ich ein anderes T-Shirt anziehen â hilf mir beim Aussuchen.« Die Mädchen rannten los zur Treppe.
Dana dachte an den Perlenanhänger ihrer Mutter, den sie Morgan zu ihrem zehnten Geburtstag geschenkt hatte. Das war echter Schmuck. Dieses funkelnde Herz würde in sechs Monaten kaputt, verloren oder einfach nicht mehr interessant sein. Aber sie freute sich über Morgans Begeisterung, so unbeständig sie auch sein mochte.
Die Party war ein voller Erfolg, zumindest für die Gäste. Schon beim Eintreffen stieÃen sie spitze Entzückensschreie aus, die den ganzen Abend über an- und abschwollen â als die Pizza kam, als sie Sprite aus Danas Familienporzellantassen tranken, und als Tracey so lachen musste, dass die Sprite ihr aus der Nase lief. Sie gingen in Morgans Zimmer, wo sie sich gegenseitig frisierten und sich mit nach Erdbeeren und Kiwi riechendem Glitter zukleisterten. Zwei kamen herunter, um noch eine Schüssel Popcorn zu holen und gleich wieder nach oben in das Allerheiligste des Mädchenhaften zu verschwinden. Nie kam eine allein.
Dana war auf dem Weg nach oben, um zu fragen, ob sie jetzt Kuchen essen wollten, als sie auf dem Treppenabsatz im Obergeschoss zwei Mädchen miteinander flüstern hörte.
»Kannst duâs fassen, dass Kimmi gekommen ist?«
»Sie hat erst in letzter Minute zugesagt.«
»Glaubst du, dass sie ⦠wie heiÃt das noch mal â Mitleid mit Morgan hatte?«
»Weil ihre Eltern sich getrennt haben? Nein, das ist doch schon Monate her.«
»Warum sollte sie denn sonst kommen? Es sind ja nicht mal Jungs da.«
»Keinen Schimmer.«
»Vielleicht findet sie Morgan irgendwie â¦Â«
»Obwohl sie manchmal ganz schön peinlich ist.«
Mit einem blechernen Geräusch begann ein Handy zu vibrieren, worauf eins der Mädchen kicherte und sagte: »Das ist Jason. Soll ich ihm zurücksimsen?«
»Sag ihm, wir haben vor lauter Party keine Zeit zum Reden.«
Dana hörte, wie die Tür zu Morgans Zimmer aufging und Stimmen wie Klangbänder herauswehten: »Auf keinen Fall!« und »Igitt!« und »Ich habâs GESEHEN !« Dann ging die Tür wieder zu. Dana blieb unten. Sie würden ihr schon Bescheid sagen, wenn sie Kuchen wollten.
Und das taten sie, indem sie, eine mit Glitter übersäte, geschminkte Horde aus Bewegung und Drama, die Treppe herunterwuselten. Sie seien am Verhungern, sagten sie, obwohl mehrere Mädchen nur einen Bissen aÃen. Morgan leckte bloà ein oder zwei Mal an dem hellrosafarbenen Guss, dann verkündete sie, sie sei satt. Mittlerweile war es dunkel, und nachdem sie beschlossen hatten, hinten im Garten Verstecken zu spielen, erhoben sie sich wie aufgescheuchte Vögel vom Tisch, stürzten Richtung Diele und schnappten sich ihre North-Face-Fleecejacken und ihre Ugg-Stiefel.
Grady starrte sie an, als sie auf dem Weg in den dunklen, kühlen Garten vorbeischwirrten. »Die wollen so Verstecken spielen?«, fragte er Dana. »Diesen Glitzerschrott sieht man doch auf einen Kilometer Entfernung.«
Dana wollte gerade ein paar gespülte Teetassen in die Sicherheit des Geschirrschranks im Esszimmer bringen. Als sie vom Schatten des Flurs aus Morgan sah, blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihre Tochter war dabei, systematisch alle Kuchenreste von den Tellern der anderen Mädchen zu verdrücken. Sie kaute kaum, sondern schien jeden zuckrigen Bissen im Ganzen zu verschlingen. Was Dana am meisten schockierte, war die eingeübte Sparsamkeit ihrer Bewegungen, jede von ihnen ein gezielter Angriff auf
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