Die Zufalle des Herzens
überzogene Ansprüche formuliert sie schon fast flieÃend.«
»Das glaube ich dir aufs Wort.«
»Keine Angst«, sagte Dana, während sie, um ungestört zu sein, mit dem Telefon in die Diele ging. »Ich bin nicht ein einziges Mal mit ihr shoppen gegangen. Sie ist immer noch ganz deine Tochter.«
»Was zum Teufel macht sie dann da? Es sind jetzt schon vier verdammte Wochen!«
»Ach du je, tatsächlich?«, sagte Dana. Es war Ende September gewesen, als Alder in ihren Briefkasten gerauscht war, und jetzt war schon bald November. »Du musst sie ganz schön vermissen.«
»Ja, ich vermisse sie â sie ist mein Kind, verdammt noch mal! Als ob du deine Kinder nicht vermissen würdest. Du hättest doch nach zwanzig Minuten schon einen Nervenzusammenbruch.«
»Meine Kinder gehen jedes zweite Wochenende zu ihrem Vater, Connie«, erwiderte Dana sachlich, »deshalb kenne ich es besser, als du denkst.«
»Ach stimmt, du bist ja der Star aller Trennungen.« Connie hatte so eine Art, in einem Punkt nachzugeben und gleichzeitig anzudeuten, dass es diesen Punkt eigentlich gar nicht gab. »So oder so, du hast immer noch mein Kind.«
»Gesund und munter. Sie ist sogar nach der Schule noch dortgeblieben, um sich bei einem naturwissenschaftlichen Experiment helfen zu lassen. Soll ich sie bitten, dich zurückzurufen?«
Einen Moment lang war Connie ungewöhnlich still für ihre Verhältnisse. »Sie ist sauer auf mich.«
»Weil du ihr Auto noch nicht hast reparieren lassen?«
»Ja, ja, das «, als wäre es so offenkundig, dass man es gar nicht zu erwähnen brauchte. »Aber da ist noch was, und ich weià nicht, was. Das nervt mich wahnsinnig.«
»Wann hat es angefangen?«
»Wenn ich bloà wüsste. Vor zwei, drei Monaten vielleicht? Anfangs hab ich gedacht, sie wäre blockiert und lieÃe es an mir aus. Ungefähr sechs halbfertige Bilder liegen unten an der Kellertreppe, wo sie sie hingeschmissen hat.« Noch ein tiefer Seufzer. »Aber irgendwie hat sie sich ⦠nicht wieder berappelt. Sie ist kein launisches Kind, Dana. Manchmal wird sie sauer, aber sie reiÃt sich immer wieder zusammen.«
Dana setzte sich auf den Fliesenboden. Einen Moment lang verharrten die beiden Schwestern in schweigendem Nachdenken über ihre Lieblingssechzehnjährige. Dana überlegte, ob sie Connie erzählen sollte, dass Alder gekifft hatte, entschied sich jedoch dagegen. Alder hatte versprochen, dass das nie wieder vorkommen würde, und Dana vertraute ihr. Am besten konzentrierten sie sich auf Dringenderes. »Du weiÃt von Ethan, oder?«, sagte sie.
Connie wusste, dass Ethan irgendwann im Sommer aufgehört hatte zu kommen, und dann ans College nach Vermont gegangen war. Dana erzählte ihr von seinen Anrufen und Alders wütender Reaktion.
»Er hat hier angerufen, und ich hab ihm deine Nummer gegeben. Armseliges kleines Arschloch«, murmelte Connie. »Sie hat diesen Knaben vergöttert â sie war mit ihm richtig eng befreundet. Dann muss er etwas Fürchterliches gemacht haben, dass sie so reagiert hat â¦Â«
»Sie will es mir nicht erzählen.«
» Bring sie dazu, dass sie es dir erzählt.«
»Und wie soll ich das anstellen, Connie? Sie mit Gummibärchen bestechen?«
»Wie du es früher immer gemacht hast. Glaub übrigens nicht, ich hätte das nicht gewusst.«
»Ich habe sie nicht bestochen, sondern sie ihr gegeben.«
»Um das Kind zucker- und chemikaliensüchtig zu machen, wie du es bist?«
»Nein, Connie. Weil sie sie mochte.«
Connie prustete leise, ihr Zeichen, dass sie dem Thema genug Aufmerksamkeit gewidmet hatte. »Du hättest mich wirklich anrufen müssen, Dana.«
»Ich weiÃ.« Dana biss sich auf die Daumenspitze. »Es sah einfach so aus, als könnte sie sich hier ein bisschen davon erholen. Ich hatte Angst, du könntest sie zwingen, nach Hause zu fahren.«
»Jetzt bist du diejenige, die mir nichts zutraut!«
»Tut mir wirklich leid.« Sie vereinbarten, öfters miteinander zu telefonieren, und Dana sagte gerade: »Bye, Connie«, als Alder zur Tür hereinkam. Sie sah Dana besorgt an, bevor sie ihr die Arme um die Taille schlang. »Ich kann doch noch bleiben, oder?«, flüsterte sie.
»Natürlich, SüÃe.« Dana erwiderte ihre Umarmung. »So lange, wie du willst.«
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