Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
Vom Netzwerk:
wieder ein. Ich bezweifelte, dass sich auf diese Weise herausfinden ließ, warum sie sich verändert hatten. Außerdem konnte ich mir nur zu gut vorstellen, wie Stadtvorsteher Bigwater auf einen so verrückten und gefährlichen Plan reagieren würde.
    Pirscher beschattete seine Augen und spähte hinüber zu den Bäumen. » Wenn das stimmt, ist unser Schicksal besiegelt.«
    Damit war die Unterhaltung fürs Erste beendet.
    Die Stunden vergingen langsam; die meiste Zeit standen wir da und hielten Ausschau nach möglichen Anzeichen von Gefahr. Zur Mittagszeit aßen wir Brot und getrocknetes Fleisch. Ich hoffte, die Mahlzeiten würden besser werden, sobald wir den Vorposten errichtet hatten.
    Tegan saß neben mir. Das verletzte Bein hatte sie gerade nach vorne gestreckt.
    » Tut es immer noch weh?«
    Sie warf mir einen wütenden Blick zu. » Würdest du das die anderen auch fragen?«
    » Nein, aber…«
    » Lass sie in Ruhe«, mischte sich Pirscher ein. » Sie ist hart im Nehmen.«
    Ich schaute ihn verdutzt an, aber er hatte sich schon wieder weggedreht und erzählte Frank davon, wie wir eine Woche lang nichts anderes zu essen hatten als Fisch, was leider der Wahrheit entsprach. Ich hoffte, nie wieder im Leben einen Fisch auch nur zu Gesicht zu bekommen.
    Tegan beobachtete Pirscher. Sie schien genauso verwirrt wie ich, aber auch irgendwie dankbar. Sie wurde einfach nicht schlau aus ihm.
    » Ich weiß, du meinst es nur gut«, flüsterte sie und stand auf. » Aber du musst mich nicht verhätscheln. Ich weiß, was ich mir zumuten kann.«
    » Tut mir leid. Wird nicht wieder vorkommen.«
    Sie nickte, um zu zeigen, dass alles wieder in Ordnung war, dann ging sie zurück auf das Feld.
    Am späten Nachmittag waren die Pflanzer fertig. Im Moment brauchten die Samen keine weitere Pflege außer jemanden, der aufpasste, dass die Freaks sie während der Nacht nicht wieder aus dem Boden rissen.
    Auf dem Weg zurück sprach kaum jemand ein Wort. Erst als wir das Tor erreicht hatten, brummte eine der Wachen leise: » Lächerlich. Den ganzen Tag lang haben wir nicht einen einzigen Freak gesehen oder auch nur gehört. Wir sollten hierbleiben und daheim in unseren Betten schlafen.«
    » Odell Ellis. Ich erkenne deine Stimme auch so«, bellte Draufgänger, ohne sich umzudrehen. » Du kannst gerne mit den Pflanzern nach drinnen gehen und dem Elder Bigwater erklären, dass du vorhast, deinen Posten zu verlassen. Ich schätze nur, er wird nicht gerade begeistert sein. Mal sehen, ob du auch diesen Herbst deinen Anteil von der Ernte bekommst. Ist deine Entscheidung.«
    » Ich weiß, wo meine Pflicht liegt«, murmelte Odell.
    » Dann hör auf zu jammern.« Draufgänger hob die Stimme und rief zu den Wachposten hinauf: » Im Moment ist die Luft rein! Macht das Tor auf und lasst die Wagen durch.«
    » Pass auf dich auf«, sagte Tegan über die Schulter, als sie nach drinnen ging. » Ich bin sicher, wir sehen uns bald wieder.«
    Es dämmerte allmählich, und ich winkte ihr zum Abschied zu. Bleich tat das Gleiche– und sogar Pirscher. Nachdem die Pflanzer in Sicherheit waren, war mir sofort wohler.
    Draufgänger gab das Signal, und wir marschierten zurück zu den Feldern. Es war ein langer, ereignisloser Tag gewesen. Die stundenlange Untätigkeit, dieses ständige Ausharren, wog schwer auf meinen Schultern. Ich fühlte mich wie ein bis zum Zerreißen gespannter Draht. Aber das erlebte ich nicht zum ersten Mal. Auf Patrouille zu gehen bedeutete eben mehr als nur zu kämpfen.
    Draufgänger fand den perfekten Platz, eine kleine Anhöhe, von der aus man die Felder bestens überblicken konnte. Die auffrischende Brise trug den Geruch von Lehm und frisch aufgewühlter Erde heran. Wir würden die Freaks sofort sehen, wenn sie sich anschlichen, und die leichte Neigung bot eine gute Schussposition für die Gewehre. Mit ein bisschen Glück hätten sie die meisten bereits niedergestreckt, bevor wir ihnen mit unseren Messern den Rest gaben.
    » Morgen werden wir bei Tagesanbruch die Bäume fällen, die wir für den Wachturm brauchen. Für die Nacht werden wir uns mit einem Lagerfeuer und dem Boden als Schlafunterlage begnügen müssen. Wer von euch kocht uns allen eine schöne Suppe?«
    Bleich hob die Hand. » Wir haben monatelang in der Wildnis gekocht. Wo ist der Topf?«
    Bleich und ich trugen alles zusammen, was wir brauchten, während Pirscher Feuer machte. Es war fast wie in alten Zeiten. Abgesehen von der Tatsache, dass Tegan fehlte und um uns herum sechzehn

Weitere Kostenlose Bücher