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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Bleich machte keinerlei Anstalten, mich auch nur eine Handbreit von sich wegzulassen. Ganz im Gegenteil: Er schlang die Arme um mich und zog mich zwischen seine Beine. Sein warmer Atem fuhr durch meine Locken und überzog meine Wangen mit hauchfeinem Nebel. Ich erzitterte.
    » Ist dir kalt?«
    » Nein.« Ich fühlte mich eher, als hätte ich Fieber. Als er über meine nackten Arme strich, wurden die Schauer noch stärker.
    » Ich kann noch gar nicht glauben, dass du tatsächlich mit mir hier bist«, flüsterte er.
    » Mit wem sollte ich denn sonst hier sein?«
    » Mit ihm. Und das nicht zum ersten Mal.«
    Alle Vorfreude erstarb. Ich saß eine Weile regungslos da und sagte schließlich: » Woher weißt du…«
    » Weil ich euch gesehen habe. Es war nicht nur mein freches Mundwerk, das Jensen wütend gemacht hat, Zwei. An manchen Nächten habe ich mich rausgeschlichen, weil ich wissen wollte, was ihr beide hier so treibt. Und warum du nicht mit mir hier bist.«
    Ich war geschockt. Das war also dieser tief sitzende Zweifel, den er mir stets verheimlicht hatte. Seit Monaten fraß er an ihm, und jetzt endlich rückte er damit heraus. Ausgerechnet hier. Wenn ich ihm nicht so absolut vertraut hätte, ich hätte es wahrscheinlich mit der Angst zu tun bekommen. Aber ich hatte nichts zu verbergen.
    » Und Jensen hat dich erwischt?«, riet ich.
    Ich spürte eher, wie er ruckartig nickte, als dass ich es sah. » Aber ich hab ihm nichts verraten. Sosehr er es auch versucht hat, nicht ein einziges Wort hat er aus mir rausbekommen.«
    Was er mir da erzählte, tat so weh, dass es mir beinahe das Herz brach. Bleich hatte mein Geheimnis gehütet, damit ich keinen Ärger bekam, und das, obwohl er glaubte, ich würde wer weiß was mit einem Kerl anstellen, den er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Seine Loyalität war fast schon beängstigend. Ich beschloss, mich ihrer würdig zu erweisen.
    » Ich hätte es verstanden, wenn du es gesagt hättest«, murmelte ich. » Ich kann die Peitschenhiebe ertragen, die ich mir selbst eingehandelt habe.«
    Er zog mich auf seinen Schoß und blickte mir in die Augen. » Ob du es kannst, ist nicht die Frage. Ich werde dich immer beschützen, Zwei.«
    Sogar, wenn wir kein Wort miteinander sprechen und du an mir zweifelst. Oh, Bleich.
    Wenn er mir nicht hierhergefolgt wäre, hätte er die Hiebe vielleicht nicht bekommen. Aber ich hatte den Verdacht, wenn Jensen zu viel Schnaps getrunken hatte, wurde er so oder so zum Unmenschen und hätte irgendeinen anderen Grund gefunden, ihn zu misshandeln.
    » Warum bist du mir gefolgt?«, fragte ich.
    Er ließ den Kopf hängen. » Für den Fall, dass Pirscher etwas versucht, das du nicht willst, wollte ich zur Stelle sein.«
    » Um mich zu beschützen?«
    » Ja. Immer und überall.«
    In diesem Punkt war er unerschütterlich, und das berührte mich zutiefst. Aber ich konnte selbst auf mich aufpassen.
    » Es gab nie irgendein Problem mit ihm«, sagte ich.
    » Was meinst du damit? Hat er dich angefasst?«
    Endlich verstand ich, was mit ihm los war. Ich mochte manchmal nicht die Schnellste sein, aber am Ende begriff ich meistens, worum es ging. » Du hast nicht den geringsten Grund, eifersüchtig zu sein. Ich schwöre es dir. Wir haben geredet… und trainiert. Du bist der Einzige, der mir so nahe kommen darf.«
    » Oh. Ich komme mir so dämlich vor…«, sagte er mit einem tiefen Seufzer.
    Ich beugte mich an sein Gesicht, bis meine Lippen seine Wange berührten. » Musst du nicht. Ich liebe dich, Bleich.«
    Mittlerweile hatte ich gelernt, was das Wort bedeutete, und beschlossen, es zu verwenden, wenn es zutraf. Das galt auch für Edmund und Oma Oaks. Ich musste es ihnen sagen, bevor ich wieder zum Vorposten zurückkehrte. Es war eine andere Art von Liebe, aber jede ihrer Spielarten machte mein Herz stärker, reiner, gab mir noch mehr Kraft zum Kämpfen.
    Bleich atmete kurz und scharf ein. » Das war es, was ich in dem Wagen zu dir gesagt habe.«
    Dann spürte ich seine Lippen, warm wie Sonnenschein, süß wie klares Wasser. Er schlang die Arme um mich, und ich küsste ihn so, wie er es mir zuvor gezeigt hatte, neckte ihn mit meiner Zunge. Am Anfang war ich noch unsicher und zurückhaltend, und das schien ihn nur noch hungriger zu machen. Seine Umarmung wurde noch fester, er lehnte sich zurück, und ich lag auf ihm. Mit einem Mal begriff ich, wie die Puzzleteile ineinanderpassten. Furcht und Aufregung durchfluteten mich, aber ich schreckte nicht zurück. Ich vertraute

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