Die Zuflucht der Drachen - Roman
an.
»Wie wär’s mit einem Dankeschön für die Rettung deines …«
»Gavin hätte mich gerettet. Das ist sein Spezialgebiet. Sieh dir Warren an. Es hat ihn ziemlich erwischt, und wir haben noch gar nicht richtig losgelegt. Ich will nicht, dass du stirbst.«
»Ich will ja n-n-nicht unterbrechen«, meldete sich Gavin zu Wort. »Aber es ist sehr gut möglich, dass Seth dich gerettet hat, Kendra. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es rechtzeitig zu dir geschafft hätte. Nafia war in Jagdlaune. Sie hätte nicht lange gezögert.«
Kendra rollte die Augen. »Seth gehört nicht hierher. Er ist uneingeladen mitgetrampt. Wyrmroost ist eine Todesfalle. Ob ich nun sterbe oder nicht, ich will nicht, dass er getötet wird.«
»Ich will auch nicht getötet werden«, erwiderte Seth ruhig. »Ich möchte viel lieber weiterleben. Schon weil ich weiß, dass du ›Ich hab’s dir ja gleich gesagt‹ auf meinen Grabstein schreiben würdest. Und ob du’s glaubst oder nicht, ich will auch nicht, dass du stirbst. Ich weiß, wie es ist, dich zu beerdigen, und ich würde das lieber nicht nochmal durchmachen.«
Kendra verschränkte die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. »Ich bin ja froh, dass du mir geholfen hast. Bin ich wirklich. Ein Jammer nur, dass Oma und Opa dich umbringen werden.«
»Aber davor müssen wir erst einmal lebend aus Wyrmroost herauskommen«, entgegnete Seth. »Bitte, eine Krise nach der anderen.«
»Habt ihr zwei gewusst, dass euch an den Händen zu halten, euch zu Drachenzähmern machen würde?«, erkundigte sich Gavin.
Seth schüttelte den Kopf. »Nein, aber es ergibt irgendwie Sinn. Ich habe darüber nachgedacht. Als uns Ephira in Fabelheim angriff, war Warren gegen die Angst immun, solange ich ihn berührt habe.«
»Als ich dem Drachen gegenüberstand, war mein Verstand klar«, berichtete Kendra, »aber ich konnte meinen Mund nicht bewegen. Ich war gelähmt. Sobald Seth mich berührt hat, war ich frei.«
»Und ich hatte weder Angst, noch war ich erstarrt«, führte Seth weiter aus, »aber der Drache hatte mich total in seinen Bann gezogen. Ich konnte nicht denken. Erst als das Drachenweibchen den Blick von mir abgewandt und gesagt hat, es würde uns töten, hat mich irgendein Instinkt dazu getrieben, nach Kendra zu greifen. Halb, um sie zu trösten, halb, um selbst getröstet zu werden. Ich wollte nicht allein sterben. Und da konnte ich ganz plötzlich klar denken.«
»Erstaunlich«, meinte Gavin. »Ich hab noch nie von etwas Derartigem gehört.«
»Und ich habe noch nie so etwas wie dich gehört, als du die Drachensprache gesprochen hast«, kicherte Seth. »Zuerst habe ich gedacht, du hättest den Verstand verloren.«
»Es hat mich verlegen gemacht, dass ihr zwei zugesehen habt«, gestand Gavin. »Ich weiß, wie ich dabei aussehe. Und wie ich mich anhöre. Wie ein geisteskranker Gockel.«
»Ein geisteskranker Gockel, der uns das Leben gerettet hat«, sagte Kendra. »Danke.«
Gavin zuckte die Achseln. »Genau dafür bin ich hier.«
»Weißt du, was mich aufregt?«, fragte Kendra. »Ich konnte mit Chalize reden. Ich war erstarrt, aber ich habe es geschafft zu sprechen. Und ich konnte auch mit Camarat reden. Aber als Nafia mich wütend angefunkelt hat, wollte mein Kiefer sich nicht bewegen.«
»Chalize war jung, und ich habe sie abgelenkt«, erklärte Gavin. »Und Camarat hat uns nicht allzu sehr zugesetzt. Drachen können von ihrer Fähigkeit, uns zu beherrschen, ganz bewusst Gebrauch machen. Die älteren sind darin besser als die jungen. Bei Nafia hast du die volle Dosis Drachenangst zu spüren bekommen. Aber als ihr zwei euch an den Händen gehalten habt, schien es keinem von euch was auszumachen.«
»Ich habe mich gut gefühlt, sobald wir uns an den Händen gehalten haben«, bestätigte Seth. »Aber ich hab mir immer noch Sorgen gemacht, dass sie uns fressen könnte.«
»Das hätte sie vielleicht auch getan«, räumte Gavin ein. »Bei Drachen gibt es keine Garantien. Schmeichelei zieht gut bei den jungen. Die älteren lassen sich eher durch Mumm und Charakter beeindrucken. Meistens jedenfalls.«
Trask kam zu ihnen. »Bei euch dreien alles klar?«
»Ja«, antwortete Kendra. »Nur dass es schwer ist, meinem Bruder das schlechte Gewissen zu machen, das er verdient – jetzt, wo er mir das Leben gerettet hat.«
Trask nickte. »Seth wird die Konsequenzen seines Tuns tragen müssen. Ich kann nicht behaupten, dass er eine kluge Entscheidung getroffen hat, aber es gibt keine Möglichkeit,
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