Die Zuflucht der Drachen - Roman
Riesen. Seine Herrlichkeit wird erscheinen, wenn es ihm passt.«
Die große Tür hinter dem Zwerg schwang auf. »Es passt mir jetzt«, dröhnte eine gewaltige Stimme, die nicht besonders tief, aber sehr kräftig war.
Heraus kam ein unglaublich hoch aufragender Mann, der um ein Mehrfaches größer war als die Nebelriesen in Fabelheim. Seth reichte nicht einmal bis zur Hälfte seiner Schienbeine. Seine Proportionen waren nicht hässlich entstellt wie die eines Ogers – von der Größe einmal abgesehen, sah er aus wie ein ganz gewöhnlicher Mensch. Um seine mit einigen Leberflecken gesprenkelte Glatze legte sich ein kurzgeschnittener Kranz ergrauenden Haares. Sein aufgewecktes Gesicht war hie und da von Falten durchzogen, aber nicht übermäßig runzlig. Er hatte einen breiten Mund, eine längliche Nase und graumelierte Augenbrauen. Seth hätte ihn auf sechzig geschätzt. Er trug eine weiße Toga und war leicht übergewichtig, mit dem Ansatz eines Doppelkinns und einer schlaffen Wölbung um die Körpermitte herum. Eine schmale, silberne Kette lag um seinen Hals.
Zwei weitere Greife landeten auf der Veranda. Einer warf Mendigo ab, der schlitternd über den harten Boden rollte. Der aufgesplitterte Leib der Marionette barst in der Mitte entzwei. Der zweite Greif ließ einen hölzernen Arm fallen.
»Es ist lange her, dass ich das letzte Mal Menschen vor Augen hatte«, bemerkte der Riese eher nachdenklich als schroff. »Es war töricht, euch in den Schatten meines Berges zu wagen. Ich schätze Eindringlinge nicht, ganz gleich wie klein oder unwissend sie sein mögen. Kommt herein, damit ich mir ein Bild von euch machen kann.«
Thronis ging zurück ins Haus.
»Ihr habt Seine Herrlichkeit vernommen«, blaffte der Zwerg. »Ich kümmere mich um eure Waffen. Schafft eure jämmerlichen Gerippe ins Haus.«
Mendigo hatte seinen Oberkörper zu seinem Arm hinübergeschleppt und hängte das Gliedmaß wieder ein.
Seth kauerte sich neben die Marionette. »Warte hier auf uns«, flüsterte er. »Wenn wir sterben, versuche, Kendra zu finden und ihr zu helfen.«
»Mach dass du reinkommst, Junge«, knurrte der Zwerg.
Trask ging voran. Drei Stufen führten zur Tür hinauf, jede höher, als Seth greifen konnte. Auf einer Seite waren für kleinere Leute Leitern angebracht; sie stiegen hinauf, gingen zur Tür und kletterten über die Schwelle. Im Türrahmen hielten sie inne, um den spärlich möblierten Raum dahinter zu bestaunen. In einem steinernen Kamin prasselte ein riesiges Feuer. Die Flammen flackerten und züngelten, das Holz knackte und spie Funken. Eine gewaltige Plattenpanzer-Rüstung von Thronis’ Größe stand in einer Ecke. An der Wand daneben hingen ein Schild, ein Speer, ein Morgenstern und ein Schwert in seiner Scheide, alles auf die Größe des Riesen zugeschnitten. Thronis selbst saß auf einem monströsen Stuhl neben einem Tisch, der größer war als ein Tennisplatz. Er beugte sich vornüber, faltete die Hände und betrachtete die Neuankömmlinge nachdenklich.
»Kommt näher«, sagte er und winkte sie heran. »Eine buntgemischte Truppe von Helden, wie zu erwarten war, obwohl einige von euch jünger aussehen, als ich gedacht hätte. Näher, kommt näher, im Eilschritt! So ist es schon besser. Wer ist euer Anführer?«
»Das bin ich«, verkündete Trask mit erhobener Stimme.
»Du brauchst nicht zu schreien«, entgegnete der Riese. »Ich weiß, ich wirke weit weg, aber ich habe hervorragende Ohren. Ich bin Thronis. Nennt mir eure Namen.«
Trask sagte ihre Namen auf.
»Seid mir gegrüßt. Sag mir, Trask, was führt euch nach Wyrmroost?«
»Unsere Angelegenheit ist rein privat.«
Der Riese zog eine Augenbraue hoch. » War privat. Jetzt, da ich euch gefangen habe, solltet ihr meine Fragen besser beantworten.«
»Wir wollen niemandem in Wyrmroost etwas Böses, am wenigsten Euch selbst«, erklärte Trask. »Wir sind hier, um ein nichtmagisches Artefakt zu holen und sicherzustellen, dass zahllose abscheuliche Wesen weiterhin eingekerkert bleiben.«
Thronis strich sich übers Kinn. »Abscheuliche Wesen? Riesen vielleicht?«
»Keine Riesen«, erwiderte Trask. »Dämonen.«
»Nur wenige von uns kommen mit Dämonen gut aus«, räumte der Riese ein. »Eine kluge Antwort, aber unzureichend. Führe die Angelegenheit näher aus.«
»Mehr kann ich nicht sagen.«
Der Riese schüttelte enttäuscht den Kopf. »Nun gut. Ihr sechs werdet eine magere Pastete abgeben, aber eine kleine Delikatesse ist wohl immer noch besser als
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