Die Zuflucht der Drachen - Roman
Knacklaute, als Mendigo über den felsigen Boden der Schlucht hastete, dann hörte sie das Scharren von Leder auf Stein.
Wieder kreischten Greife. Im verzweifelten Bedürfnis zu sehen, was geschah, stieg Kendra bis zur höchsten Sprosse und schob den Kopf gerade so weit aus dem Rucksack, dass sie etwas erkennen konnte. Sie spähte aus einer kleinen Felsspalte. Mendigo, dem ein Arm fehlte und ein tiefer Riss deutlich sichtbar quer über den Leib ging, duckte sich, wirbelte herum und sprang zur Seite, bis ihn schließlich doch die Klauen eines Greifs packten und forttrugen. Ein zweiter Greif nahm auch seinen Arm mit. Dann streckte ein dritter seine Krallen in die kleine Höhlung, aber die Klaue konnte den Rucksack nicht erreichen. Das Untier kreischte, und Kendra zog den Kopf wieder ein.
»Was ist los?«, fragte Warren.
»Mendigo ist mit uns in den Abgrund gesprungen. Wir sind in einer Schlucht gelandet. Er hat uns in eine Felsspalte gestopft. Sieht so aus, als könnten die Greife nicht an den Rucksack heran.«
»Bleib still sitzen«, wies Warren sie an. »Schau nicht nochmal nach draußen.«
»Ich bin nicht sicher, ob wir alleine hier rauskommen. Die Höhle ist ziemlich klein. Ich weiß nicht, ob ich aus dem Rucksack kriechen kann.«
»Warte, bis sie weg sind, bevor du es versuchst.«
»Was ist, wenn der Zwerg hier herunterkommt?«, fragte Kendra. »Er könnte klein genug sein, um in den Felsspalt zu passen und uns zu holen.«
»Der Spalt ist sehr eng?«, fragte Warren.
»Nur ganz schmal«, bestätigte Kendra. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob Mendigo hineingepasst hätte. Er muss uns hineingeworfen haben. Selbst der Zwerg könnte zu groß sein.«
»Wenn der Zwerg tatsächlich auftaucht, könntest du ihm den Wurfspeer dort drüben unter die Nase halten.«
Kendra warf einen Blick zu der schlanken Waffe mit der scharfen Spitze hinüber. »Stimmt. Okay. Ich höre nichts mehr. Soll ich nochmal nachsehen?«
»Sei vorsichtig. Warte noch ein paar Minuten. Lass uns sichergehen, dass sie auch wirklich weg sind. Wenn ja, wärst du gut beraten, uns in ein anderes Versteck zu bringen.«
Kendra holte sich den Speer und kletterte die Sprossen hinauf. Sie drückte die Klappe auf und spähte aus der Öffnung auf eine staubtrockene, verlassene Schlucht hinaus. Keine Spur von etwaigen Feinden. Natürlich konnte ein Greif neben der Spalte lauern, die Klauen gespreizt, um ihr den Kopf abzureißen, sobald sie ihn herausstreckte. Kendra wartete, hielt Ausschau und lauschte. Schließlich beschloss sie festzustellen, ob sie aus dem Rucksack herauskonnte.
Kendra versuchte es mehrere Minuten lang. Sie konnte gerade mal Kopf und Schultern aus dem Rucksack strecken. Der Rucksack ließ sich auch nicht bewegen, nicht einmal indem sie mit der Hand gegen die Wände oder den Boden der Höhlung drückte. Schließlich gab sie es auf und kletterte die Leiter hinunter. Die Spalte war zu eng. Selbst wenn es ihr irgendwie gelang hinauszukommen, wäre sie eingekeilt in den engen Schoß des Berges, außerstande, sich zu bewegen.
Warren und sie mochten vorläufig in Sicherheit sein.
Aber sie saßen in der Falle.
KAPITEL 21
Riesenprobleme
E in eisiger Windstoß wehte über die ausladende Veranda, wo sich Seth mit Trask, Tanu, Mara, Dougan und Gavin zusammenkauerten. Die Greife hatten sie abgesetzt, blieben jedoch in der Nähe, Schnäbel und Klauen bereit. Der Greif, auf dem der Zwerg saß, landete auf der ersten Stufe, die zu der gewaltigen Tür des Herrenhauses führte.
Der kleine Mann hob sein zottiges Sprachrohr. »Ihr seid jetzt auf Gedeih und Verderb der Gnade von Thronis und seinen Lakaien ausgeliefert! Selbst wenn der unbesiegbare Riese und seine Greife euch ließen, gäbe es keine Möglichkeit, zu Fuß den Berg hinunterzugelangen. Legt eure Waffen nieder. Euch demütig zu fügen ist die einzig vernünftige Möglichkeit.«
Trask legte seine sperrige Armbrust weg, zog seine Schwerter aus den Scheiden, nahm die Dolche von der Taille und holte ein Wurfmesser aus seinem Stiefel. Er nickte den anderen zu. Klirrend ließ Dougan seine Streitaxt auf den Boden fallen. Tanu legte das Blasrohr weg. Mara warf ein Messer zur Seite. Gavin und Seth hatten keine Waffen.
»Eine weise Entscheidung«, erklärte der Zwerg. »Es ist keine Schande, sich einer Rotte von Greifen zu unterwerfen. Oder dem schlauen Zwerg, der sie anführt.«
»Erzähl uns nur nicht, dass du Thronis bist«, stöhnte Dougan.
Der Zwerg kicherte. »Ich bin der Zwerg des
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