Die Zuflucht der Drachen - Roman
rief Warren. Seine Stimme war heiser.
»Wenn wir einen Drachen sehen, lasst mich zuerst versuchen, mit ihm zu reden«, wies Gavin sie an. »Vielleicht kann ich mit ihm verhandeln oder ihn überlisten. Zumindest sollte es mir gelingen, ihn zu beruhigen.«
»Du sollst deine Gelegenheit zum Reden bekommen«, versicherte Trask. »Unterdessen werde ich zielen.«
Als sie auf den Eingang und die steinernen Drachen zumarschierten, zog Seth sein Schwert. Das schwere Metall in seiner Hand wirkte beruhigend. Er sah sich damit schon einem Drachen die Schnauze aufschlitzen.
Kendra, die neben ihm herging, beugte sich herüber. »Wir sollten dicht beieinanderbleiben, falls Drachen auftauchen.«
»Stimmt.« Seth hatte beinahe schon vergessen, wie Nafia seinen Verstand benebelt hatte. Besser, er hielt Kendra an der Hand, während er mit der anderen das Schwert schwang.
Sie traten zwischen den Granitdrachen hindurch in den Schatten des hohen gewölbten Daches. Mehrere Libellen flatterten durch die Luft. Nichts schmückte den Boden oder die Wände, unter ihnen war nur das Geröll der Schlucht, um sie herum nur der nackte, naturbelassene Stein. Trask ging voran, die Armbrust im Anschlag. Als Nächstes kamen Gavin und Tanu. Mendigo spazierte neben Kendra und Seth her. Dougan und Mara bildeten die Nachhut.
Vor ihnen lag eine Biegung, direkt davor ging es vielleicht zehn Meter in die Tiefe. Die Riesenstufe zog sich von der einen Wand der Schlucht bis zur anderen.
»Das Seil«, sagte Trask.
Gavin verschwand im Rucksack.
Seth schob sich vorsichtig vorwärts und spähte über die Kante. Der Fels fiel nicht ganz senkrecht ab, aber achtzig Grad mochten es schon sein.
Gavin kam mit einem starken, in regelmäßigen Abständen mit Knoten versehenen Seil in der Hand wieder aus dem Rucksack geklettert. Dougan befestigte das eine Ende an einem hohen Felsblock und warf das Seil in die Tiefe. Es reichte bequem bis zum Boden des Abgrunds. Trask schulterte die Armbrust und griff nach dem Seil. »Wenn ihr euch mit den Füßen von der Wand abdrückt, könnt ihr einfach absteigen«, wies er Seth und Kendra mit leiser Stimme an. »Wenn ihr wollt, könnt ihr euch aber auch mit Händen und Füßen von Knoten zu Knoten hinunterlassen.«
Trask hängte sich voll Vertrauen ins Seil und begann, mit den Füßen gegen die Wand gestemmt, rückwärts hinunterzusteigen. Den Körper fast im rechten Winkel zum Fels, hangelte er sich Schritt für Schritt zielsicher Richtung Boden. Ihm folgten Gavin und Tanu.
Seth versuchte, ihre Technik zu übernehmen, ergriff das Seil und lehnte sich rückwärts über den Abgrund. Ein Teil von ihm hätte das Seil lieber zwischen die Beine geklemmt, damit er sich von Knoten zu Knoten hinunterlassen konnte, aber sobald er sich in Bewegung gesetzt hatte, spürte Seth, welch festen Halt seine Füße durch den Druck auf die Wand bekamen, und begriff, dass diese Methode viel besser war. Unten angekommen warf er einen raschen Blick zu Gavin hinüber, und ihm fiel die silberne Kette um dessen Hals ins Auge. Wäre doch eigentlich eine Schande, diese einzigartige Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. Seth nahm Gavin beiseite. »Jetzt mal ganz offen und ehrlich. Interessierst du dich für meine Schwester?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob dies der richtige Z-Z-Zeitpunkt ist, um dieses Thema anzusprechen«, antwortete Gavin, dessen Blick zur oberen Kante der Stufe wanderte.
Seth knetete seine eigene Kette. »Scheint mir geradezu der ideale Zeitpunkt zu sein.«
»Seit wann arbeitest du als Heiratsvermittler?«
»Ich bin nur neugierig.«
Gavin errötete ein wenig. »Wenn du es unbedingt wissen willst, ja, ich bin sehr an Kendra interessiert. Ich bin z-ziemlich gespannt, wohin sich unsere Beziehung entwickeln wird.«
»Dacht ich’s mir«, erwiderte Seth süffisant. »Und damit du’s weißt: Ich glaube, sie mag dich auch.«
Gavin wurde noch röter im Gesicht und rückte ein Stück von ihm weg. »Sie wird jeden Moment runterkommen. Wir können später weiterreden.«
Seth blickte nach oben. Mendigo kam mit einer Hand am Seil, mit der anderen das riesige Schwert umklammert, herunter. Er ließ das Seil in solchem Tempo durch die Hand gleiten, dass er praktisch rückwärtsrannte. Als Nächstes kam Mara mit dem Rucksack. Während Dougan gerade herunterkletterte, kroch Kendra aus dem Rucksack.
»Du hast gemogelt«, flüsterte Seth.
»Drachen und Hydras sind stressig genug«, gab sie zurück.
»Ich glaube, da ist wer in dich
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