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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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reichte, und einen Bürstenschnurrbart. Pickel sprenkelten sein bleiches Gesicht. Er trug ein schwarzes T-Shirt und enge Jeans. »Ich bin Russ. Hast du Torina gesehen?«
    Kendra trat in den Raum. »Sind Sie wegen der Annonce hier?«
    »Genau. Bist du eine Verwandte?«
    »Ich wurde entführt. Torina hält mich hier gefangen. Sie müssen sofort gehen!«
    Russ kicherte. »Guter Witz. Gefällt mir. Soll ich jetzt schreiend davonrennen und die Bullen rufen?«
    »Ich meine es ernst«, beharrte Kendra. »Kommen Sie.«
    Sie rannte zur Haustür, und Russ folgte ihr zögernd.
    Kendra zerrte an der Tür und fand sie verschlossen. Verzweifelt rüttelte sie am Griff. »Helfen Sie mir, die Tür aufzubrechen.«
    »Da werde ich ja einen tollen ersten Eindruck hinterlassen«, gluckste Russ. »Du hättest echt das Zeug zum Filmstar.«
    Tränen der Frustration sammelten sich in Kendras Augen. »Ich schauspielere nicht, Russ. Sie ist eine Irre. Sie hält hier oben alte Männer und Kinder eingesperrt. Wir haben keine Zeit zu verlieren! Bitte, helfen Sie mir! Fliehen Sie und setzen Sie sich mit Scott Michael Sørensen oder Marla Kate Sørensen in Verbindung. Sie leben in einem Vorort von Rochester. Mein Name ist Kendra. Ich werde vermisst.«
    Unter Tränen sah Kendra, wie Russ endlich zu begreifen schien. Er begann an seinen Fingernägeln zu kauen.
    »Wovon redest du da, meine Liebe?«, erkundigte sich eine samtweiche Stimme. Torina kam in einem schwarzen Paillettenkleid die Treppe heruntergeschlendert. »Deine Mutter wird nicht vor vier zurück sein.«
    Russ blickte von Kendra zu Torina.
    »Laufen Sie, Russ!«, flehte Kendra.
    »Kendra, sei nachsichtig mit dem armen Russ, er ist deine Mätzchen nicht gewöhnt. Spiel doch bitte hinten weiter. Tante Torina hat mit unserem neuen Freund etwas zu besprechen.«
    Kendra war auf frischer Tat ertappt worden. In größere Schwierigkeiten hätte sie sich wohl kaum bringen können. Jetzt hieß es alles oder nichts. »Russ, kommen Sie mit mir nach hinten, ich muss Ihnen etwas zeigen.«
    »Er wird in ein oder zwei Minuten nachkommen. Wir haben Angelegenheiten für Erwachsene zu erörtern.« Torina war schon bei Russ und griff nach seiner Hand. »Wollen wir uns in den Salon begeben?«
    »Lassen Sie nicht zu, dass sie Sie beißt, Russ, sie wird Sie aussaugen!«, warnte Kendra. »Gemeinsam können wir sie überwältigen und uns einen Weg hier rauskämpfen!«
    Einen winzigen Augenblick lang wurde Torinas strahlendes Lächeln zu Stein. »Bin ich jetzt ein Vampir? Wie originell! Junge Dame, ich weiß eine gesunde Fantasie zu schätzen, aber dein Verhalten grenzt an Unverschämtheit. Jameson? Würden Sie Kendra bitte in ihr Zimmer begleiten?«
    »Gewiss, Madam«, antwortete eine raue Stimme. Der Goblin im Anzug kam die Treppe herunterstolziert. Er funkelte Kendra an. Ein Blick auf Russ sagte Kendra, dass er die wahre Gestalt des Goblins nicht erkennen konnte. Für ihn sah dieses Monstrum wahrscheinlich wie ein gewöhnlicher Butler aus.
    Kendra versuchte in den hinteren Teil des Hauses zu rennen, aber der Goblin fing sie ab. Er packte ihre Schultern mit eisernem Griff und bugsierte sie Richtung Treppe, während Kendra schrie, sich wand und versuchte, ihn zu treten.
    »Wie du dich aufführst!«, rief Torina. »Deine Mutter wird davon erfahren, junge Dame.«
    »Sehen Sie sich diese Leute an!«, kreischte Kendra. »Verschlossene Türen und Typen, die mich wegzerren! Kapieren Sie’s doch endlich, Russ!«
    »Was geht hier vor?«, fragte Russ nervös.
    »Das Mädchen ist psychisch gestört«, flüsterte Torina. »Erlauben Sie mir, Ihnen ein Geheimnis zu verraten.«
    Der Goblin warf sich Kendra über die bullige Schulter, und als sie zu Russ hinüberschaute, sah sie, wie Torina seinen Hals küsste. Sofort sackte er in sich zusammen, und Torina fing ihn auf. Eins seiner Beine zuckte leicht. Dann ging der Goblin mit ihr die Treppe hinauf, und Kendra konnte die beiden nicht mehr sehen.
    Kendra saß über den Schreibtisch in ihrem Zimmer gebeugt und faltete einen Bogen Schreibpapier. Sie hatte ihn schon mehrere Male gefaltet, und das Papier hatte mittlerweile so viele Faltlinien, dass es fast nicht mehr zu gebrauchen war. Sie hatte versucht, die einzige Bauform, die irgendwie funktioniert hatte, zu verbessern, und wieder war das Resultat unbefriedigend.
    Sie faltete den Bogen zu der üblichen Grundform, strich sorgfältig über die Knickstellen und hoffte, dass das Ganze nicht wieder auseinanderfallen würde. Als sie

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