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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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stopfen. Insgesamt siebenmal wurden ihr, seitdem sie dem Sonnenhaus vorsteht, junge Allesmacher auf den Altar gelegt, um dort die kurze Lust mit Krämpfen in Magen und Gedärm zu büßen, bis drei von ihnen, nach jämmerlichem Schreien, endlich in die rettendeOhnmacht fielen, während die anderen vier ein ebenso unverwechselbares Bluterbrechen für immer zum Verstummen brachte.
    Draußen an der Grube offenbarte ihr Smosmo, bevor er mit dem eigentlichen Unterricht begann, welches Grünöl und wie viel Blaustein man braucht, um dem süßen, weißen Steinschmalz eine höhere Verträglichkeit zu verleihen. Er warnte sie. Er selbst wisse noch gar nicht lange, wie es geht, und habe sich bei Fehlversuchen einige Male schlimm den Bauch verstimmt. Besonders die Wahl des richtigen Grünöls sei heikel. Das einzig geeignete, das dunkle, fast bläuliche Öl trete nur an wenigen Stellen und meistens in geringen Mengen aus dem Grund der Faltenhügelchen. Das Einrühren verlange Geduld und Wachsamkeit. Wenn sich die ersten grauen Schlieren im verdünnten Steinschmalz zeigten, zähle er stets, die Fingerspitzen seiner linken Hand am Hals, mit seinem Puls bis Zehn. Danach müsse nicht nur das Rühren eingestellt, sondern auch das Rührgerät aus der Schale gezogen werden. Der doppelte Umschlag, zunächst von marmoriertem Weiß in ein trübselig schmutziges Grau, dann aber in ein reines, unvergleichlich leuchtendes Dunkelblau vollziehe sich von selbst. Falls sich nicht dieses Blau ergebe, dürfe sie keinesfalls vom Angerührten kosten. Und selbst die beste Mischung sei nur kurz, allenfalls einen Tag, ohne Gefahr genießbar.
    Toctoc will schaben. Dass er geschickt ist, hat er oft genug, zuletzt bei der Reparatur eines Rollerrads, bewiesen. Der Allesmacher, der sich zunächst nicht dabei hatte helfen lassen wollen, meinte zu ihr, während Toctoc mit dem instandgesetzten Fahrzeug einige Proberunden drehte, es sei, bei allem Respekt, doch schade, wenn einer mit so viel Gespür fürs Harte wie fürs Weiche, für das Gerade und das Gebogene seine Tage mit dem Anrühren der immer gleichen Salben zubringt. An Toctoc sei ein guter Handwerker verlorengegangen.Im Licht der Fackel sieht sie, auch jetzt hat er erfasst, worauf es ankommt, und sprengt, viel schneller als es ihr und dem Bleiber gelang, Bröcklein auf Bröcklein aus der Tür, um mehr von dem freizulegen, was ihr draußen aufsitzt.
    Smosmo hatte sie während ihrer ungezählten Tage an der Blausteingrube nie dafür gelobt, wie schnell sie lesen lernte. Und sie verspürte auch kein Bedürfnis nach dergleichen Zuspruch. Der helle Rausch, der schon aus dem Entziffern der zunächst nur drei, vier, fünf Buchstaben kurzen Wörter aufstieg, gab ihr weit mehr, als irgendeine Anerkennung ihr hätte schenken können. Zurückdenkend erschreckt sie jetzt, dass der nackte Umgang mit den Zeichen alles andere, den Austausch mit dem bewunderten Lehrer und jede mögliche Belohnung, so beiläufig in den Schatten stellte. Smosmo muss dies von Anfang an verstanden haben und machte deshalb keine Anstalten, ihre Auffassungsgabe besonders hervorzuheben. Ebenso selbstverständlich unbesprochen blieb, wie er die Kenntnis der Zeichen erworben hatte. Die Ungeheuerlichkeit, dass er sie scheinbar mühelos beherrschte und sich folglich im Gegenzug, wann immer er es wollte, von ihrem Zauber beherrschen lassen konnte, machte gleich der Sonne, wenn man in ihre Mitte blickt, jeden Rand und damit auch die Umrisse eines möglichen Woher verlöschen.
    Ihre letzte gemeinsame Mahlzeit ließ er Mirmir allein anrühren. Er kostete davon und nannte den Steinschmalzbrei, sein Blau und seine milde Süße, perfekt geraten. Dann schrieben und lasen sie gemeinsam bis in die Dämmerung hinein und weiter im Schein des Öllämpchens, und irgendwann muss sie im Sitzen eingenickt sein. Als sie erwachte, lag sie auf der Seite, die Knie bis an die Brust gezogen. Es wurde schon wieder hell, und gleich ihr erster Blick erfasste Smosmos Kleider und Galoschen. Auch seinen Wickel hatteSmosmo sauber gefaltet dazugelegt. Sie ging den nackten Alten suchen. Ein gutes Stück weit konnte sie seinen Spuren folgen, aber dann führten letzte Fußabdrücke auf felsig harten Grund. Smosmo war nicht in die Kolonie zurückgegangen, sondern hatte sich in die Gegenrichtung, in die unerkundete Tiefe der Faltenhügelchen davongemacht.
    Toctoc hält inne und schiebt die Faust in das kreisrund geschabte Loch. Er stemmt sich mit ganzer Kraft gegen die Mitte der

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