Die Zukunft des Mars (German Edition)
verschmiertes Dunkel, schmutzig diffuser Raum. Keine Kometen, kein Überfluss an goldenen Einzelgängern auf der Innenwölbung einer tintenblauen Sphärenkuppel, kein göttliches und auch kein Spirthoffersches Geschenkpapier. Elussas Fingerspitzen finden auf Elussas Wangen. Sie reibt sich Krümel aus den Augenwinkeln. So viel, so klebrig, als hätte sie im Traum geweint.
Da war ein Tropfen. Elussa fährt sich über die Stirn, aber die Haut scheint trocken. Sie sieht, wie ihre Hand die Finger spreizt, als wollte diese prüfen, ob ihr Sehen vorankommt. Sie blinzelt heftig, denn sie hat eben herausgefunden, dass das Erkennen-Können mit jedem Wimpernschlag ein wenig besser wird. Es ist gar nicht so finster. Wahrscheinlich hat sie sich das Herabtropfen trügerisch deutlich eingebildet, weil es die Anschauung verlangte. Irgendein Wissen ist in Gang gekommen und behauptet, von solch langen Zapfen, wie sie über ihr aus der noch flimmerig vagen Decke wachsen, würden immer und ewig Wassertröpfchen fallen.
Mit einem Ruck hat sich ihr Oberkörper aufgesetzt, sie musste es den Muskeln nicht befehlen. Sie hört sich stöhnen, hört ihr Stöhnen von Wänden widerhallen, die Rauheitihrer Stimme verrät, wie arg es ihre Kehle dürstet. Und schon spürt sie den Durst im Hals. Mit ihrer Rechten tastet sie hinter sich und bekommt etwas von dem zu fassen, was sich eben noch schmerzhaft spitz in ihren Rücken presste. Sie holt es nach vorn, hält es sich vors Gesicht. Elussas Hände helfen ihren Augen, sie wägen das Fundstück, die Fingerspitzen folgen seiner sachten Krümmung, spüren eine feine Rille und die Unregelmäßigkeiten an seine Enden. Und dann sagt sie sich, blinzelnd und trocken hustend, dass es eindeutig ein Knochen, dass es die Rippe eines Brustkorbs ist. Wie seltsam, wie komisch, wie tränentreibend lustig, dass sie, auf nacktem Rücken in der Wirklichkeit gelandet und durch die Schwere ihres Rumpfs vor einem schlimmen Film gerettet, ausgerechnet eine einzelne menschliche Rippe zwischen die hinteren Rippen ihres Brustkorbs pieksen spürte.
Siebenmalsieben
E s ist gekommen. Noch bevor die Nacht damit begann, das Grabungsloch bis an den Grausandsaum mit dem Schein unserer Monde vollzuschwemmen, ist es auf Sursurs Warmsteinplatte eingetroffen. Nur ich war wach und wurde Zeuge seiner sachten Ankunft. Und da mir kein Überraschungsruf, ja nicht einmal ein Überraschungsächzer über die Lippen rutschte, vielleicht weil ich das Schweigen und Verschweigen schon seit langem übe, bleibe ich weiterhin der Einzige von uns, der um das feste, ruhige Verharren, um die Dinglichkeit des Angekommenen weiß. Es ist mit mir allein.
Im letzten Licht unserer Sonne hatten Twitwis geschickte Hände die Kekse, die Sursur nicht mehr hatte verzehren können, fein säuberlich durch fünf geteilt. Im Nu war jede der kleinen Portionen bis auf das letzte Krümelchen verschlungen. Alide zeigte keine Scheu vor der ihr fremden Nahrung. Als Twitwi dann die Beine unter die Plane schob, als Hoho und Spispi, komisch strampelnd, das Gleiche taten, kroch unsere Kleine dicht neben Twitwi, ließ sich den festen Stoff von ihr bis an die Kinnspitze zerren und schob die Schläfe auf Twitwis Arm. Und schon bevor die Abenddämmerung so langsam, wie wir uns das Gleiten des Mockmockfußes denken, in die Furchen der Grabungsstätte kroch, waren meine vier Gefährten in einen tiefen Erschöpfungsschlaf gesunken.
Ich bin erleichtert, dass das Neue lautlos, als nähme es auf diesen Schlummer Rücksicht, Gestalt annahm. Bis ganz zuletzt, schon diesseits seiner Ankunft, hatte ich mich vor Sausen, Krachen, Knallen, vor aufbrausendem Himmelslärm gefürchtet. Dem ruhigen Atmen der anderen lauschend, glaube ich inzwischen zu verstehen, woraus sich diese Hörangst speiste. Am Anfang meiner Kindergruppenzeit hatte Smosmo einen, der mit Haut und Haaren dabei gewesen war, dazu gebracht, unserem Jahrgang vom letzten großen Kaltsturm zu erzählen.
Eigentlich war der alte Mockmock-Beobachter in den Unterricht gekommen, um uns Kugeln verschiedener Größe zu zeigen und uns am Glanz der Maserung und an der Biegsamkeit der Borsten zu erklären, wie wir den Ruhezustand, der Ernte und Verzehr erlaubt, mit der nötigen Sicherheit erkennen können. Wir lauschten seinen Erläuterungen voll Ehrfurcht und schielten von den Kugeln, die die Runde machten, nach dem bleichen Gesicht des Alten. Smosmo hatte uns schon am Vortag auf sein Kommen eingestimmt und uns dabei verraten, dass der
Weitere Kostenlose Bücher