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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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hielt sie fest gepackt, ich spürte die feinenRillen ihrer Maserung und ließ nicht locker, ich presste die Nägel gegen die harte Schale, so lange bis der Alte unserer Jahrgangsgruppe verraten hatte, was ihm als jungem, neugierigem Mann tief unter der Kolonie von seinen älteren Kollegen dann noch verraten worden war.
    Hier am Rand von Sursurs ungeheurem Warmsteinfund bedrängt mich keine Ungeduld. Seit ich nach einem kurzen Dösen den Kopf hob und sehen durfte, was da als zweites, nach unserer Alide, auf der Platte eingetroffen war, habe ich nicht ein einziges Mal den Wunsch empfunden, Twitwi zu wecken, damit auch sie sieht, wie sich das Angekommene, fast ausgemessen mittig, Rechteck auf Rechteck, offenbart. Vielleicht wird Twitwi im Unterschied zu mir erschrecken und ihrer Überraschung in einem Laut Luft machen müssen. Dann aber wird sie mit der ihr eigenen Entschlossenheit dem Neuen auf Knien entgegenkriechen, um es aus der Nähe zu betrachten und schließlich zu betasten. Und falls die Leiterin der Werkstatt für unsichtbare Kräfte und ich nicht gleich die angemessenen Worte für das Angekommene finden sollten, werden uns Twitwis Gehilfen mit Gebrabbel und unsere Alide mit munter heraus geplapperten Erläuterungen zu Hilfe kommen.
    Damals, im Unterricht, hatte der alte Mockmock-Beobachter der kleinen Twitwi, mir und den anderen Jahrgangsklässlern schließlich mit wenigen Sätzen mitgeteilt, was, während oben unter aufklarendem Himmel der Kaltsturm tobte, in der Tiefe wahrnehmbar geworden war. Seine Kollegen, deren Arbeits- und Ruheintervalle schon Jahre von der Gelbkornuhr geregelt wurden, brauchten nicht lange, um die Gleichzeitigkeit der beiden Ereignisse zu bestimmen. Und schließlich rang sich einer sogar dazu durch, auf die einfachste und sinnlich naheliegende Weise zu verdeutlichen, worin die beiden Geschehnisse sich in besonderer Weise entsprochen hatten.
    Ob Waschbär oder Marderhund dergleichen können? Ich werde Alide, wenn sie wieder wach ist, fragen, ob diese Tiere, wenn sie miteinander kämpfen, verstört von der Ähnlichkeit ihres Gesichts, auch irgendwann damit beginnen, ihre wilden Schreie wechselseitig nachzuahmen. Wir Kolonisten sind zu dergleichen in der Lage. Wenn ich nur wollte, könnte ich es in diesem Falle immer noch, obwohl so viele Jahre seit jenem Vormittag im Kugelhaus vergangen sind. Damals im Unterricht spitzte der nun ins Sonnenlicht verbannte Alte für uns Kinder seine blutarm grauen Lippen. Für Twitwi, für Spispi, für Hoho und für mich, für die kindlich zierlichen Öhrchen unserer ganzen Gruppe und für die Ohren unseres Lehrers wurde das einst in der Kaverne Nachgeahmte noch einmal nachgemacht. Im Kugelhaus, in unserem Jahrgangszimmer, erklang das feine, windartige Pfeifen, das hohe Sirren, das der Mockmock für eine Handvoll unserer hochgeachteten Beobachter, einzig in jener einen Kaltsturmnacht, von sich gegeben haben soll.
     
    Die Nackten sind durchgebrochen. Bis ganz zuletzt, noch auf dem letzten Wegstück an die zweiflügelige Tür, fürchtete Elussa, die Frauen und Männer würden sich auf sie, die Fremde, stürzen, um ihr das Haar vom Kopf, die bloße Haut vom Fleisch, die Glieder aus den Gelenken zu reißen. An den Wänden glommen die Stummel herabgebrannter Fackeln. Immer neue bleichhäutige Gestalten kamen herbeigetaumelt, um sich Elussas Verfolgern anzuschließen, murmelnd und wimmernd, als hätte das rote Licht sie alle in ein und denselben Wahnsinn fallen lassen. Rückwärtsgehend, den knüppeldicken Knochen, den größten, den sie hatte finden können, schlagbereit über den Kopf erhoben, war Elussa durch den Gang gestolpert.
    Der gute, feste Oberschenkelknochen! Ein Glück, dass sie gründlich erkundet hatte, was es rund um den Fleck ihrerAnkunft auf dem Boden zu entdecken gab. Auf allen vieren kriechend, über Schädel, Wirbel, Knöchlein fingernd, hatte Elussa ihren ersten Fund, die Rippe, fallen lassen und begonnen, nach dem größten Bauteil des menschlichen Skeletts zu suchen, als wüssten ihre Hände bereits, dass sie bald etwas zum Drohen brauchen würde. Der hoch erhobene Knochen hatte hingereicht, um die Verrückten abzuschrecken. Vielleicht erkannten sie, dass er, verborgen in einem Menschen, seinen Dienst verrichtet hatte, und brauchten Zeit, sich ihren irren Reim darauf zu machen. Die vorderste Reihe hielt Abstand, bis sie gemeinsam in stärkeres, in röteres Licht gerieten. Erst als Elussa einen Schatten warf und der graue Knubbel ihrer

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