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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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Woche nach Weihnachten,aber spätestens Ende Januar alle, die in seinem Herrschaftsgebiet auf den Dächern tätig waren, zusammenrufen zu lassen. Er wollte sich um den Fortbestand dieser ehrwürdigen Handwerkskunst, um die Weitergabe der Kenntnisse an Jüngere kümmern. Schlimm genug, dass die Veteranen, alte Männer, von der Vielzahl der Aufträge überlastet, noch bei Einbruch der Nacht allein auf vereisten Ziegeln um schneegekrönte Kamine krochen und sich dabei, wie am zurückliegenden Abend geschehen, vom Auftauchen einer auffällig hochgewachsenen Gestalt im Fenster einer bislang leer gewesenen Dachwohnung gefährlich ablenken lassen mussten.

Im Advent: Vier
    E lussa hatte sich ihren mechanischen Wecker gestellt, um das morgendliche Lichtgeschenk des Don und die stille Stunde vor dem gemeinsamen Frühstück zur Unterrichtsvorbereitung zu nutzen. Aufgeschlagen bedeckten die drei großformatigen Bände des technischen Wörterbuchs fast den gesamten Küchentisch. Sie hatte die schwarzen Wälzer bei Spirthoffer entdeckt, in dessen Ladenregalen sich allerlei Fachliteratur zwischen die mehr oder minder reparaturbedürftigen Geräte zwängte. Auch Enzyklopädisches stand da in Reih und Glied, als wäre Spirthoffers Werkstatt seine letzte Heimstatt, als hätten einstige Generalstäbler bei ihrem Fußvolk, bei ihren invaliden oder noch rüstigen alten Infanteristen, Unterschlupf gesucht und gefunden.
    Ihren Schüler zu fragen, ob er ihr die Bücher leihen würde, war ihr gestern nicht leichtgefallen. Sie genierte sich für die Blöße, die sie sich als Lehrerin mit dieser Bitte zweifellos gab. Aber es half nichts, ihr technologischer Wortschatz reichte einfach nicht hin, um Spirthoffers Konversations- und Lektürewünschen gerecht zu werden. Wahrscheinlich hatte er ihre Verlegenheit gespürt, vielleicht sogar bemerkt, dass ihr das Blut ins Gesicht stieg, bevor sie sich schnell wieder ganz zum Regal hindrehte. Zumindest schlug er einen launig-lustigen Ton an und begann nach einer holprigen Überleitung damit, eine Geschichte aus der Anfangszeit seines Elektronischen Hospitals zu erzählen.
    Wer sein Herz den in Mitleidenschaft gezogenen Maschinen schenke, bekomme unweigerlich näher, ja nahezu intim mit den Menschen zu tun, die sich ihrerseits, mehr oder minder innig, mit den fraglichen Geräten eingelassen hätten. Gleich in den ersten Geschäftstagen seien zwei hübsche junge Frauen mit einem raren Relikt, einem großen Modell-Helikopter, bei ihm erschienen. Fast armlang seien dessen Rotorblätter gewesen. Vermutlich ein Einzelstück, das Werk eines begabten Tüftlers, der irgendwann in der Guten Alten Zeit einige hundert, womöglich über tausend Bastelstunden darauf verwendet hatte, ein Artefakt der nun untergegangenen amerikanischen Kultur, einen einst legendären Kampfhubschrauber detailgetreu und maßstabsgerecht nachzubilden. Das Fluggerät schien rundum intakt, und sein Einzylinder-Motörchen sprang, nachdem er den Tank mit Alkohol befüllt hatte, ohne Verzug an. Selbst auf niedrigster Drehzahl war der Luftdruck des Rotors so stark, dass es seinen Kundinnen die langen Haare von den Schultern wehte. Die beiden erklärten ihm, sie wollten das auf dem Markt Für Alles entdeckte Spielzeug einem technikbegeisterten Buben, ihrem Neffen, zum zehnten Geburtstag schenken. Leider sei die Fernsteuerung verlorengegangen. Ob er dergleichen beschaffen oder bauen könne?
    Dass die Frauen, ohne zu verhandeln, die verlangten fünfzig Eurorubel Anzahlung auf die Ladentheke blätterten und eine Flasche hochwertigen Alt-Whiskey als zusätzliche Ermunterung daneben stellten, sei ihm damals in Anbetracht des voraussichtlichen Zeitaufwands durchaus angemessen erschienen. Außerdem neigten alte Knaben wie er gegenüber jungen Vertreterinnen des anderen Geschlechts zu leichtsinniger Gutgläubigkeit. Noch am gleichen Tag habe er sich an die Arbeit gemacht, und von der Freude, die ihm die gar nicht so anspruchslose Aufgabe bereitete, wurde vollends verhindert, dass er sich Gedanken über seine Kundinnenund über mögliche Hintergründe ihres Auftrags machte.
    Spirthoffer war mit dem ersten Satz seiner Erzählung ins Deutsche gefallen, und, einen Band des technischen Wörterbuchs gegen die Brust gedrückt, wurde Elussa schnell klar, dass sie bereits die bis jetzt nur oberflächliche Beschreibung des Hubschraubers aus dem Stegreif nicht lückenlos ins Russische hätte übertragen können. Zum Glück verzichtete ihr Schüler darauf, zu

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