Die Zukunft des Mars (German Edition)
Holzgerüst umgeben worden. Riesige Nadelbaumstämme seien hierzu aus den von der heißen Asche erstickten, durch die erkaltete, fruchtbare Asche neu aufsprießenden Wäldern den Hudson hinabgeflößt worden. Die von den Schwefeldünsten des Ausbruchs verätzte Bronze des Monuments habe man einträchtig, in mühseliger Geduldsarbeit nicht nur vollständig gereinigt, sondern sogar mit einem goldenen Anstrich versehen. Und nun begrüße die Fackelträgerin die Schiffe, die über den östlichen Horizont gekrochen kämen, in neuartigem Glanz und mit mehr als nur wiedererstandener Würde.
«Mein Onkel schreibt uns, sobald Mama und ich auch nach Amerika kommen sollen! Wir fahren dann mit dem Schiff oder mit dem Flugzeug oder mit einer Rakete! Kannst du uns eine Rakete bauen, Opa Spirthoffer?»
Elussa ermahnte ihr Töchterchen, sich wieder auf seine Rechenaufgaben zu konzentrieren, aber dann konnte sie selbst nicht umhin, zu fragen, ob es eine Möglichkeit gebe, per Funk Kontakt mit der amerikanischen Ostküste aufzunehmen. Gewiss habe inzwischen auch in New York, in Boston oder Baltimore ein Elektronisches Hospital eröffnet, in das die entsprechenden Geräte aus der Guten Alten Zeit zur Reparatur gebracht werden könnten.
Spirthoffer verspürte den Wunsch, dieser klugen und schönen Frau eine kleine Freude zu machen, und so erwiderte er, in der Tat gebe es Anlass zu Hoffnung. Zurückliegende Nacht habe er das instandgesetzte Flugfunkgerät an eine improvisierte Antenne angeschlossen, und heute Vormittag sei ihm und dessen Besitzer gelungen, Fragmente in englischer Sprache zu empfangen, zwar von wüsten Störungen, von einem wahren Inferno elektromagnetischen Unsinns überlagert, aber deutlich genug, um herauszuhören, dass es sich um amerikanisches Englisch handelte. Seit Menschengedenken habe Nordamerika als der Kontinent der Stürme gegolten. Und die Katastrophe, in deren Folge hierzulande der Ewige Winter ausgebrochen war, hatte die Wildheit der dortigen Troposphäre ins aberwitzig Chaotische gesteigert. Vielleicht zeichne sich nun eine erste bleibende Beruhigung, eine Rückkehr zu einem dem Funkverkehr zuträglicheren Wetter ab.
Das war nicht ganz gelogen. Immerhin hatte ihn auch Umann kurioserweise zuletzt noch, als er schon die Kopfhörer in Händen hielt, nach möglichen Funksignalen aus Amerika gefragt. Allerdings war dies wohl eher scherzhaft gemeint gewesen, denn Umann wartete keine Antwort ab,sondern stülpte sich die großen Halbschalen über die Ohren und rückte sie so zurecht, dass kein Außengeräusch mehr zu ihm vordringen konnte. Spirthoffer sah, wie er an den Suchlauf griff, den großen Knopf, wie erwartet, im Uhrzeigersinn drehte und im Nu empfing, was er empfangen sollte.
Umanns Rücken krümmte sich. Er schien sogleich ganz Ohr. Am Verlauf der weißen Linie auf dem grünen Leuchtschirm des Oszillographen, an der Höhe und Gedrängtheit der Zacken, las Spirthoffer ab, dass gerade ein Dialog durch den Äther ging, und er war sich ziemlich sicher, dass die tiefere, sichtbar dominante Stimme Dorokin gehörte. Schade, dass er nicht mithören konnte. Zumindest der neugierige Umann durfte nun belauschen, wie sich der Don und seine Leibärztin besprachen. Mit etwas Glück ging es sogar um den hingebungsvoll Horchenden selbst, um Umanns gesundheitliche Verfassung, um seinen hübsch geschickten Vorstoß ins Elektronische Hospital, vielleicht schon um allererste Ergebnisse seiner dortigen Nachforschungen.
Ob Umann die alte Chinesin wohl ebenfalls leiden mochte? Spirthoffer fühlte sich Frau Doktor Hu zu Dankbarkeit verpflichtet. Ihr barsches «Kein Schweinefleisch mehr! Und Schluss mit dem Alkohol! Sonst sitzen Sie demnächst im Rollstuhl» war dereinst, während er, frisch zwangsuntersucht, seinen gichtig geschwollenen linken Knöchel übervorsichtig in die lange Unterhose gefädelt hatte, als eine unerwartete, fast mütterlich fürsorgliche Freundlichkeit über ihn gekommen. Wie ein verwahrlostes Kind, dem solch eindeutige Ermahnungen allzu lange vorenthalten worden waren, hatte er sich in folgenden Wochen streng an Hus Anweisungen gehalten. Und weil sich sein Verhältnis zur Dreifaltigkeitskirche im selben Zeitraum sehr günstig entwickelte, konnte er Juri schließlich sogar bitten, ihm einezweite Untersuchung durch die Leibärztin des Don zu vermitteln.
Frau Doktor Hu zeigte sich mit dem Rückgang der Entzündung in seinem Fußgelenk zufrieden, auch eine sichtbare Gewichtsabnahme wurde als
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