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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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erfreuliche Nebenwirkung von Diät und Abstinenz begrüßt. Wie angenehm es war, von einer strengen Ärztin glaubwürdig gelobt zu werden. Und während sich Hu abwandte, um ein dunkelbraunes Glas aus dem Regal zu nehmen und getrocknete Blüten in ein Tütchen zu schütteln, während der Wachmann, der ihn hereingeführt hatte, gelangweilt auf den Parkplatz der Kirche hinuntersah, ergab sich, wie erhofft, die Gelegenheit, den inzwischen unangenehm drückenden Sender aus seinem leiblichen Versteck zu ziehen und das Magnetplättchen der Wanze an ein Stahlbein des Hockers zu heften.
    Seitdem hatte Spirthoffer das eine oder andere Nützliche, oft auch bloß Kuriose erfahren, unter anderem, dass der Don an Schlaflosigkeit litt und Juris chronische Rückenschmerzen mit Schröpfköpfen behandelt wurden. Nicht alles, was vor dem Schreibtisch der Ärztin zur Sprache kam, war auf Anhieb leicht zu verstehen. Zwei- oder dreimal hatte er Frau Doktor Hu gegenüber dem Don äußern hören, für eine von ihr untersuchte Person könne sie leider nichts mehr tun, diese würde früher oder später nach Amerika gehen. Aber erst als der Don diese Formulierung selbst gebrauchte, erklärte sich, welchen Übergang, welch besondere Passage diese Redewendung in der Dreifaltigkeitskirche bezeichnete. Über einen rumänischen Handfeuerwaffenhändler hörte er Dorokin sagen, an diesem notorischen Übeltäter sei jedes gute Wort verloren, und das Gleiche gelte für seine beiden Cousins. Er habe da gerade einen tüchtigen Burschen aus Sibirien an der Hand, der bereit sei, gegen bescheidenes Entgelt auch grobe Arbeit zu verrichten,weil er für ein Schiffsticket spare. Der solle dafür sorgen, dass das rumänische Trio nach Amerika gehe. Und wenn dies zufriedenstellend erledigt sei, biete sich an, den Sibiriaken – denn Strafe müsse nun einmal sein! – sobald er, um seine Belohnung abzuholen, in die Kirche komme, umgehend auf die gleiche Reise zu schicken.
    Beide Hände auf den Kopfhörern, hörte Umann nicht, dass die Tür des Empfangs- und Sendeturms erneut aufgezogen wurde. Und auch die energetische Intensivierung, die spektrale Erweiterung des Orange und die Verstärkung der Infrarotstrahlung, die sich aus der Anwesenheit eines dritten Leibes ergaben, entging seinen Sinnen. Er lauschte, dies war ihm wohl von seiner einstigen Berufstätigkeit geblieben, einfach zu gerne fremden Gesprächen. Erst wie beide, Spirthoffer und Spirthoffer, rechts und links neben ihn traten, spürte er doch noch etwas. Er drehte den Kopf, sein Blick pendelte hin und her. Umann staunte über die verblüffende Ähnlichkeit und konnte nicht umhin zu bemerken, dass der freundlich und zugleich ernst lächelnde Betreiber des Elektronischen Hospitals sein Käppi abgenommen hatte, um wie sein Begleiter barhäuptig unter der orange schimmernden Kuppel zu stehen.
    Was nun, von schütterem, feinen Haar umkränzt, bloßlag, sah für Umann auf eine denkbar zwiespältige Weise ebenso natürlich wie unnatürlich aus. Und beinahe hätte er noch vergleichend wahrgenommen, dass auch der zweite Spirthoffer durch dasjenige verunstaltet wurde, was der erste Spirthoffer wohlweislich stets unter einem hübsch bestickten Mützchen verborgen hielt. Aber da war schon etwas aufblitzend Helles gegen seinen eigenen Schädel geflogen. Und jener Umann, den seine Untergebenen einst in der Guten Alten Zeit nicht Chef, sondern respektvoll zutraulich «unseren Langen» genannt hatten, war von den Spitzen seiner grauen Mähne bis hinab in die akkurat rechteckig beschnittenenNägel seiner Zehen ganz und gar mit Wichtigerem beschäftigt. So gut er es vermochte, so gut oder schlecht, wie es Unzählige vor ihm in mehr oder minder redlichem Bemühen zustande gebracht hatten, war Umann damit beschäftigt, nach Amerika zu gehen.

Im Advent: Neun
    F rau Doktor Hu rieb sich das Knie und sah zu dem Hocker hinüber, gegen den sie, obwohl er an der gewohnten Stelle gestanden hatte, so heftig gestoßen war, dass er nun, beiseitegepoltert, die stählernen Beinchen nach oben streckte. Sie war auf dem Rückweg vom Fenster an ihren Schreibtisch gewesen. Gründliches Lüften tat not. Dem Don gelang es wie keinem Zweiten, den Sauerstoff im Raum zu verbrauchen. Wenn er redend in Fahrt kam, schien das Zimmer zuletzt so vom Verbrennungsrückstand seines unbedingten Zukunftswillens erfüllt, dass ihre Lungen und ihr Kopf nach Frische und Kühle verlangten.
    Sie erinnerte sich, weiter an diesen Umann gedacht zu haben, als ihr

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