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Die Zukunft des Mars (German Edition)

Die Zukunft des Mars (German Edition)

Titel: Die Zukunft des Mars (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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tippelnden Folgeschrittchen schafft er es, zumindest diesen Anblick hinter sich zu lassen. Er schwankt, er würde, wenn er schon fallen muss, nun lieber nach vorne kippen. Aber dies zu entscheiden, liegt nicht mehr in seiner Macht. Freund Mockmock! Laut, laut und heiser hört sich Sursur diesen Ehrennamen in sein Schädelpfeifen wie in einen Sturm hinein aussprechen. Freund Mockmock rührt sich! Freund Mockmock kommt, er gleitet, da hinter seinem Rücken, so wie es noch keiner sehen durfte oder sehen musste, dem Rand des Schlotlochs, der Kante ihrer Oberwelt entgegen.
     
    Toctoc weiß, wo es ihn hinzieht. Vorhin, als er die unbenutzte Zündpechfackel auf dem Höhlenboden liegen sah, sprang die Absicht nach vorn in seinen Kopf, so klar, als hätte sie, geduldig verborgen hinter der anderen, der alles überzwingenden nächtlichen Neigung, schon immer, bereits in den früheren Doppelmondnächten, auf eine Gelegenheit gewartet. Nun hält seine Faust zum ersten Mal einen dieser kostbaren Brennstäbe gepackt. Das schwarze Ding ist, obwohl nur wenig länger als eine schlichte Klebsteinfackel, verblüffend schwer. Erst wenn er sie angezündet hat, weil er ihr starkes Licht braucht, um nach ganz hinten, ins stets dunkel Gebliebene vorzudringen, wird sie zwangsläufig langsam leichter werden.
    Ausgerechnet Porrporr, der nie in der Wassersteinhöhle gewesen ist, der auch dieses Mal fehlt, hat ihm den Schein einer solchen Fackel vor Jahr und Tag recht anschaulich geschildert. Von Porrporr wurde ihm erzählt, dass eine Zündpechfackel nicht flackernd brennt, sondern dass ihre Spitze stechend hellrot glimmt. «Glimmen» war Toctoc nie vorher zu Ohren gekommen. Damals glaubte er, Porrporr habe das Wort bei den Mockmock-Beobachtern aufgeschnappt, zu denen er und Mirmir hinabgeschickt worden waren, um einen Kranken hochzuschaffen. In den folgenden Dienstjahren war es dann regelmäßig vorgekommen, dass Porrporr Ausdrücke benutzte, die Toctoc nie zuvor vernommen hatte. Und irgendwann war ihm gedämmert, dass sein Freund hierin Smosmo ähnelte, der ebenfalls, wenn auch nicht ganz so häufig, Wörter gebrauchte, die es sonst aus keinem anderen Mund zu hören gab.
    Seit seiner ersten Mondgleiche weiß Toctoc, dass jede Höhlenzusammenkunft so lange währt, wie zwei Zündpechfackeln brennen. Wenn alle Erwachsenen nach dem Untergang der heiligen Sonne ins Ratsgebäude geströmt sind, wenn alle ihre Schuhe, so wie es jedes Kind lernt, die Spitzedes linken im Schlüpfloch des rechten, zu den anderen an die Wand gestellt haben und die Kleider, ordentlich gefaltet, darüber liegen, wenn die Menge, noch im trüben Licht der Steinschmalzlämpchen, ungeduldig mit den nackten Füßen scharrt, wenn die Männer schließlich hochtönend summen, wenn die Frauen ein wenig später tiefkehlig zu brummen begonnen haben, erscheint der Bleiber. Im Ehrengewand, die erste schwarze, noch kalte Fackel in der Faust, eilt er durch die Gasse, die ihre Leiber für ihn bilden, auf den Höhleneingang zu. Dort wirft er unverzüglich das schwere Kleid ab, um doppelmondgleich mit allen anderen zu werden. Erst dann entriegelt er die Tür. Er zieht ihre Flügel ganz nach außen, nimmt die Fackel wieder auf, bestreicht ihre Spitze mit Steinschmalz und entzündet sie vorsichtig an einer der Lampen. Sobald er auch die ersten beiden Zündpechfackeln im Inneren der Höhle zum Aufleuchten gebracht hat, wenn endlich Licht in deren Hauptgang fällt, verstummen die Wartenden und tapsen, scheu und begierig, in eine Tiefe, die, Fackel auf Fackel, errötet.
    Hiervon weiß Porrporr nichts. Mit Verlegenheit erfüllt Toctoc, während er mit schneller werdenden Schritten in die Tiefe der Höhle vordringt, die Ahnungslosigkeit seines vielwissenden Kollegen. Scham erfasst ihn, weil sich sogleich in wilder Bildlichkeit vor sein inneres Auge drängen will, welch vielfältiges Tun sich Porrporrs Kenntnis entzieht. Die Heftigkeit der Empfindung macht seinen rechten Arm, der die kalte Fackel hält, zittern. Und während seine bloßen Sohlen weiterschleichen, verwandelt sich die Scham, Schritt auf Schritt, in jene zäh klebrige Schuld, die nur, so lehrt es das Große Palaver, durch einen gelingenden Seligen Tausch aufgelöst werden kann. Auch deshalb will er nun schnell dort sein, wo es ihn hinzieht. Kein anderer als Porrporr, der erneut oben bei den Kindern und Alten weilt, kann sie, die Eingeschlossenen, aus der bald in Finsternis fallenden Höhlebefreien. Porrporr wird kommen und die Tür

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