Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
bin ich mir nicht so sicher.“
„Er weiß es, glaub mir.“
„Wie er überhaupt alles weiß und alles besser weiß, dieser Klugscheißer.“
„Jonas!“
„Ist doch wahr. Der hält einem selbst dann noch
Vorträge, wenn er von etwas keine Ahnung hat.“
„Und wenn schon. Am Mittwoch haben wir einen
Termin bei ihm. Dann müssen wir noch mal über die Fachplaner reden, auch wenn
wir der rechten Hand damit in den Rücken fallen. Du sollst übrigens mitkommen.
Er hat extra nach dir gefragt.“
„Was für eine Ehre.“
„Wir treffen uns in seiner Villa. Ich war schon
mal da, und eins sag ich dir: Da hast du ordentlich was zu gucken. Aber bis
dahin müssen wir reinklotzen, am besten bis tief in die Nacht hinein.“
Das passte Jonas überhaupt nicht, denn er
wollte sich heute noch mit Marie treffen. Aber er sagte lieber nichts. Kordula
guckte eh schon so komisch.
In der Mittagspause musste er dem Entrümpler
helfen, bei dem er samstags immer jobbte. Der Mann hatte unter der Woche einen
anderen Gehilfen. Aber da sie es zu zweit nicht schafften, einen gedrechselten
Eichenrustikalschrank mit Bleiglastüren und ein dazu passendes Buffet vom
siebten Stock durchs Treppenhaus bis auf die Straße zu schaffen, musste Jonas
als dritter Träger mit einspringen. Während sie die Dinger Stufe für Stufe
abwärts wuchteten, fragte er sich, wie sie seinerzeit nach oben gekommen waren.
Das war ihm unbegreiflich. Am Ende hatte er es so im Kreuz, dass er kaum noch
krauchen konnte. Wenn er das Geld nicht für die Miete gebraucht hätte, wäre das
sein letzter Tag als Lastenträger gewesen.
Als er aus der Mittagspause zurückkam, war er
so in Gedanken, dass er fast in einen dunkelhaarigen Mann hineingerannt wäre.
Der stand gerade vor Christophs Büro und fotografierte die Fassade des Hauses.
Als Jonas sich entschuldigte und ein paar Worte mit ihm wechselte, kam heraus,
dass der Mann Architekturfotograf war. Er hätte sich gern mit ihm darüber
unterhalten, aber leider musste er jetzt hinein.
In den nächsten Stunden knüppelte er weiter
gegen die Arbeit an, als ließe sie sich wie ein Boxgegner im Ring überwältigen
und besiegen. Aber immer, wenn er glaubte, sie erwischt zu haben, duckte sie
sich weg, um gleich darauf wieder tänzelnd und herausfordernd vor ihm zu
erscheinen. So verging Runde um Runde.
Als der Tag sich dem Ende entgegenneigte, wurde
Jonas so schläfrig, dass der Bildschirm vor seinen Augen verschwamm und die
Tastatur sich unter seinen Fingern aufzulösen begann. Außerdem tat sein Kreuz immer
noch höllisch weh. Ob er sich vorhin eine Zerrung weggeholt hatte?
Gegen neun Uhr stiegen wieder die Bilder von
Marie in ihm hoch, lauter schillernde Seifenblasen, die er genauso wenig
festhalten und fixieren konnte wie seine Entwürfe und das Zubehör seines
Rechners. Das erschöpfte ihn noch mehr. Er wünschte, er könnte sich endlich
auflösen, einschlafen, alles vergessen, aber das war ihm leider nicht vergönnt.
Um zehn Uhr war er so fertig, dass er alles
stehen und liegen ließ und Feierabend machte. Auch wenn Kordula darauf mit
sichtlichem Befremden reagierte. Schließlich war er 15 Jahre jünger als sie und
hätte theoretisch viel mehr Power haben müssen. Wahrscheinlich hielt sie ihn
für ein Weichei und einen Vollidioten. Da wäre sie nicht die Erste an diesem
Tag. Aber das war ihm inzwischen egal. Er wollte nur noch Frau Meyer abholen
und dann ins Bett gehen.
Weil er den ganzen Tag bis zum Umfallen
gearbeitet hatte, war er kaum noch fähig, sich die zwei Treppen bis zu Maries
Wohnung hinaufzuhangeln. Als sie ihm die Tür öffnete, konnte er nur noch wie
ein lahmer Gaul über die Schwelle humpeln. Dank weiblicher Intuition merkte sie
sofort, was mit ihm los war, und ergriff Gegenmaßnahmen. Sie sorgte dafür, dass
er noch eine Kleinigkeit aß, und deponierte ihn dann auf dem Sofa im
Wohnzimmer. Dort hüllte sie ihn in eine Wolldecke ein, versprach, ihn am
nächsten Morgen um sieben Uhr zu wecken, und verließ den Raum.
Marie … Seine erste Nacht mit ihr hatte er sich
weiß Gott anders vorgestellt. Fünf Frauen hatte er heute getroffen, und bei
jeder, aber auch wirklich bei jeder hatte er sich wie ein Blödmann aufgeführt. Wie
war das nur möglich? Diese Frage führte ihn gleich zur nächsten, noch viel
wichtigeren: Wieso sollte eine Frau wie Marie sich ausgerechnet in einen Blödmann
wie ihn verlieben? Eine Frau, die eine Kombination aus guter Freundin, sexy
Verführerin und liebevoller Mutter war.
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