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Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)

Titel: Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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Geld.“
    Marie sah den Mann nur geringschätzig an.
    Jonas zog sein Sakko aus, hängte es über die
Stuhllehne und ließ seinen Blick über Maries Outfit gleiten.
    „Das ist ja ’n geiles Kleid“, sagte er. Dann
sah er unterm Tischtuch hindurch und fügte hinzu: „Darin hast du sogar Beine.“
    „Für ’n Mädchen nicht übel, oder?“, sagte sie.
„Das ist ein Etuikleid, und ich bin froh, dass ich es endlich mal anziehen
kann. Für den Hundeplatz taugt es nicht.“
    Als Clément ihnen einen Champagner anbot,
lehnte Marie ab. Stattdessen ließ sie sich von ihm eine Empfehlung für den Wein
geben und bestellte dazu Weinbergschnecken. Alles auf Französisch. Jonas war
beeindruckt.
    „Da ist aber mächtig viel hängen geblieben“,
sagte er, nachdem der Mann sich wieder entfernt hatte. „Wenn ich in Paris wäre,
könnte ich nicht mal mehr nach dem Weg fragen.“
    „Ich bin immer mit meinen Eltern hier, wenn sie
mich besuchen. Die Wahl des Restaurants ist ihnen unheimlich wichtig.“
    „Soll das heißen, dass du öfter in diesem
Schuppen verkehrst?“
    „Öfter ist übertrieben. Aber hin und wieder
schon.“
    „Gib mir zwei Wochen, dann kapier ich’s
vielleicht. Oder besser drei.“
    Als der Wein kam, hob Marie ihr Glas und gab
einen Toast aus, und als die Schnecken serviert wurden, fing sie sofort an zu
essen. Aber während sie virtuos mit Zange und Gabel umgehen konnte, stocherte
Jonas nur rat- und hilflos in den Gehäusen herum. So sehr er sich auch bemühte:
Das Fleisch wollte einfach nicht herausflutschen.
    „Wie seziert man die?“, fragte er schließlich.
„Und wie werden sie zubereitet? Obwohl … Halt stopp! Das will ich gar nicht
wissen.“
    „Ich sag’s dir trotzdem. Wenn du sie frisch
kaufst, musst du sie ein paar Tage hungern lassen, damit sie sich entleeren.
Dann musst du sie eine Stunde in Salzwasser legen, kochen, damit sie sich von
den Gehäusen lösen, das Fleisch herauspulen …“
    „Pfui Deibel! Woher weißt du das überhaupt?
Jetzt aber raus mit der Sprache: Was soll das Ganze hier?“
    Da sagte Marie ihm, was das Ganze hier sollte,
und es war fast eine Erleichterung, die Karten endlich offen auf den Tisch zu
legen.
    „Das mit den Schnecken ist wohl familiäre
Prägung“, sagte sie. „Die gab’s bei uns oft als Amuse-Gueule. Bevor die Terrine
vom Zander oder die Artischockenherzen auf Limettenschaum serviert wurden. Die
sind garantiert nicht koscher, aber das mit der Kaschrut sehen meine Eltern
nicht so eng. Die essen, worauf sie Lust haben. Sie sind ungefähr so jüdisch
wie du protestantisch bist.“
    „Bei uns gab’s immer nur Milchreis und
Fischstäbchen“, sagte Jonas und stocherte in seinen Schnecken herum, bis er
endlich ein Stück Fleisch ergattert hatte. „Als Siebenjähriger wusste ich gar
nicht, dass es noch was anderes gibt“, fügte er hinzu.
    Marie legte ihr Besteck beiseite, nahm den
Salzstreuer zur Hand und fing an, damit herumzuspielen. Dann sagte sie: „Dafür
wusste ich als Dreijährige schon alles über Trüffelhobel und Hummerzangen.“
    „Woher denn?“, fragte Jonas mit vollem Mund,
hielt in der Bewegung inne und hob den Kopf.
    „Von unserer Haushälterin. Ich hab mich oft mit
ihr über kulinarische Fragen unterhalten.“
    „Du kommst wohl aus einem guten Stall.“
    „Meine Mutter war Ärztin, bevor sie eine
Wohltätigkeitsorganisation gegründet hat, und mein Vater … Na ja, er war bis
vor Kurzem CEO.“
    Jonas schluckte seinen Bissen herunter. „Was
ist das?“, fragte er dann.
    „Er war ein Chief Executive Officer“, sagte
Marie, sah nach unten und streute Salz auf das Tischtuch. „Wenn ich ihn ärgern
wollte, hab ich immer Officer zu ihm gesagt. Obwohl das nicht häufig vorkam.
Meistens hat er durch Abwesenheit geglänzt. Er musste immer viel arbeiten.“
    „Und was macht ein CEO?“
    „Du kennst dich wohl nicht aus in der
Wirtschaftswelt.“
    „Kann sein. Meine Mutter hat eine abgebrochene
Lehre als Bäckereifachverkäuferin vorzuweisen, und mein Vater arbeitet als
Gebäudereiniger. Wenn er arbeitet. Meistens lebt er von der Stütze.“
    „Meiner hat auch von der Stütze gelebt“, sagte
Marie und zog mit dem Zeigefinger eine Spurrille in die Salzkrümel. „Allerdings
hieß das bei ihm nicht Stütze, sondern Subvention, Steuerbefreiung oder
staatliche Dienstleistung.“
    „Was war er denn nun?“
    „Ein geschäftsführendes Vorstandsmitglied.“
    „Ein hohes Tier, wow! “
    „Schlimmer. Er war der Vorsitzende.“
    „Von

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