Die Zukunft ist ein toller Job (German Edition)
später.“
Eigentlich wollte Marie nur noch daliegen,
ihren Ring betrachten und vor Glück dahinschmelzen. Doch dann verblasste ihr
Lächeln wieder, und sie sagte: „Ich möchte dir von der Entführung erzählen.“
„Das brauchst du nicht“, sagte Jonas und strich
ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Es tut mir leid, dass ich dich immer
damit genervt hab.“
„Ich möchte es aber“, sagte sie. „Die
Geschichte ist nun mal ein Teil von mir, und weil wir jetzt verlobt sind,
sollst du sie wissen.“ Da platzte es auch schon aus ihr heraus, und während sie
ihr Herz ausschüttete, strömte die Erleichterung wie eine warme Welle der
Erlösung durch sie hindurch: „Sie waren zu viert, und sie haben mich nicht
angerührt, nicht mal bei der Entführung selbst. Sie haben mich freundlich
gebeten, zu ihnen ins Auto zu steigen, und ich hab’s getan. Keine Ahnung,
warum. Anschließend musste ich zwei Wochen lang in einem Kellerverlies hocken.
Aber das war gar nicht so schlimm, weil es da hell, warm und trocken war.
Außerdem haben sie mir jeden Tag Pommes und Cola serviert. Das hätte ich zu
Hause nie bekommen. Manchmal haben wir auch Halma gespielt, und meistens haben
sie mich gewinnen lassen. Als sie mich später auf der Landstraße ausgesetzt
haben, hat einer von ihnen geweint. Ich hab’s gesehen, durch den Schlitz seiner
Mickymausmaske hindurch.“
„Mit anderen Worten: Sie waren nett.“
„Sie wollten mir nichts antun, nicht direkt.“
„Das ist Blödsinn, Marie, und das weißt du!
Diese Typen waren Verbrecher, die haben dir eine Todesangst eingejagt, die
haben dich auf eine ganz perfide Art und Weise missbraucht, genauso wie deine
Oma.“
„Ja, vielleicht. Aber mit elf Jahren weiß man
noch nichts vom Stockholm-Syndrom. Immerhin kam mir das schon damals sonderbar
vor. Dass sie so nett waren, meine ich.“
„Waren sie das wirklich?“
„Irgendwie schon.“
„Irgendwie schon!?“
„Kann ja sein, dass ich tatsächlich was davon
zurückbehalten hab. Aber ich merk eigentlich nichts davon. Merkst du was?“
„Nein. Ich bewundere nur deine Tapferkeit.“
„Dann ist es gut.“
„Nein, es ist nicht gut.“
„Das fanden meine Eltern auch. Deshalb hatten
sie mich nach der Geschichte auch zu 300 Therapiesitzungen in einem Stück
verdonnert. Sie dachten immer, dass da irgendwelche Abgründe in mir schlummern.
Dabei war ich schon nach drei Tagen damit durch. Aber das hat sie nicht
interessiert. Deshalb hat mein Vater unsere damalige Villa auch zur Festung
hochgerüstet. Jede Ecke wurde mit Kameras und Bewegungsmeldern verdrahtet, und
vorm Zaun musste der Wachschutz rumstreichen. Am liebsten hätte Papa mich ganz
unter Verschluss genommen.“
„Wurde er denn auch mal verschleppt?“
„Nein, er war ja derjenige, der zahlen sollte.
Er wurde mal von einem Verrückten in der Tiefgarage attackiert. Der wollte ihm
einen Schraubenzieher ins Bein rammen. Aber das war auch schon alles. Nein, um
sich selbst hat er sich keine Sorgen gemacht. Aber um mich. Und weil er kein
Typ ist, der sich mit Kleinigkeiten abgibt, hat er ein Kopfgeld auf die
Entführer ausgesetzt.“
„Gütiger Himmel, Marie! Du machst mir Angst.“
„Das tut mir leid. Hoffentlich baust du jetzt
kein Trauma auf. Ich würde dich nämlich ungern zur Therapie schicken. Du sollst
so bleiben, wie du bist.“
„Ein chaotischer Loser.“
„Nein. Ein Mann, der mich glücklich macht und
mit dem ich zusammen sein will, für immer.“
„Okay, das mildert meine Angst wieder. Marie?“
„Ja?“
„Ich freu mich, dass du es mir erzählt hast.
Wenn ich ehrlich bin, hab ich sowieso die ganze Zeit darüber nachgedacht. Und
eins ist mir dabei klar geworden: Ich würde dich mit der Uzi in der Hand
verteidigen, wenn du noch mal entführt werden solltest.“
„Danke, das ist nett von dir.“
„Wer sich mit renitenten Chefs und
millionenschweren Investoren anlegt, wird auch mit ’ner Horde durchgeknallter
Typen fertig. Ich würde sie über den Haufen schießen, niedermähen, kalt machen,
pulverisieren … Bleibt nur noch eine Frage.“
„Welche?“
„Wo man eine Uzi herbekommt. Das weiß ich
nämlich nicht.“
„Quatschkopf!“, sagte Marie nur.
Da legte Jonas sich wieder hin und knabberte
ein bisschen an ihrer Schulter herum. „Haben deine Eltern noch Leibwächter?“,
fragte er dann.
„Im Moment nicht. Es kommt immer darauf an, wie
viele Vorträge Papa in letzter Zeit gehalten hat und wie hoch seine Honorare
waren.“
„Ich
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