Die Zusammenkunft
Nahrungssuche wurde immer schwieriger. Er fand hinter einem Schnellimbiss einen Unterschlupf, hoffte, dass etwas zu essen aus dem Müllcontainer fallen könnte, und zwängte sich daher direkt darunter, um gleich zugreifen zu können, wenn der Koch sich ungeschickt anstellen würde.
Es war gefährlich, das wusste er, aber für etwas Essb ares würde er heute auch einen Tritt in Kauf nehmen. Er lag unter dem Container und wartete; er wartete lange, dann schlief er ein.
Er träumte von wunderschönen braunen Augen, von Händen, die ihn streichelten, von einer Brust, an die er sich schmiegen konnte. Er sah dampfenden weißen Reis auf einem Tisch stehen und eine große Tasse mit roter Suppe. Matthea lachte und wollte nach der Suppe greifen, die friedliche Hand versuchte ihn zurück zuhalten. Aber er wehrte sich und griff nach der Tasse mit der wohlriechenden Suppe, streckte die Hand aus – und schreckte mit einem stummen Schmerzensschrei aus dem Schlaf.
Er fuhr hoch, sein Kopf prallte gegen das Metall des Containers und auf seiner Hand stand ein schwerer schwarzer Schuh. Dann griff jemand nach seinen Haaren und zog ihn aus seinem Versteck. Der Koch schubste ihn, trat nach ihm und holte mit einem Stück Holz aus. Matthea stürzte zu Boden, er spürte nicht, wie er sich das Knie aufschlug, spürte nicht das Blut, das an seinen Beinen herunterlief, er sprang auf, duckte sich unter dem nächsten Schlag weg und lief davon.
Als er drei Blocks weiter stehenblieb und sich die Tr änen aus dem Gesicht wischte, war sein Handrücken blutverschmiert. Matthea rollte sich auf der Straße wie eine kleine Katze zusammen und weinte stumm vor sich hin, betete darum, dass er Erlösung finden würde; der Wille zu überleben war aus seinem Körper gewichen. Er spürte, wie er zitterte und Kälte sich in seinem Körper ausbreitete, er hoffte, dass es bald so kalt sein würde, dass er nie wieder frieren müsste.
Das Letzte, was er noch spürte, war eine Hand, die ihn berührte … » Más pequeño héroe de lo cotodiano « Kleiner Held der Straße – dann war es still.
M atthea öffnete die Augen.
Er drehte sein Gesicht zur Seite und sah einen Raum, der sauber und in weiß gehalten war. An den Wänden hingen Regale voller Flaschen und Kisten.
Er sah an sich herunter und fand seinen Körper unter einem Laken liegend. Er wollte den Arm heben und unter das Laken sehen, prüfen, ob er noch ganz war, als etwas an seiner Armbeuge schmerzte. Mattheas Blick glitt zu dem Schmerz, eine Nadel steckte in seinem Körper. Er bekam Panik.
Von der anderen Seite legte sich eine warme Hand auf seine Schulter, er fuhr herum und blickte in das Gesicht eines Jungen, der leuchtend blaue Augen hatte und ihn anlächelte.
»Hab keine Angst, du bist in Sicherheit, bleib ganz r uhig, ich passe auf dich auf.« Der Junge kontrollierte die Nadel. »Mein Name ist Lorenzo, kannst du mich verstehen?«
Matthea nickte.
Der Junge lächelte wieder und strich Matthea über die Stirn. »Du hast sehr lange geschlafen. Die Nadel, die dich erschreckt hat, hat deinen Körper mit flüssiger Nahrung versorgt, damit du nicht verhungerst. Dein Knie ist schon fast verheilt, willst du es mal sehen?«
Matthea nickte wieder.
Der Junge beugte sich über ihn, half ihm sich aufzusetzen und zog dann das Laken zur Seite. Matthea sah, dass er nackt aber sauber war. Er bestand allerdings nur noch aus Haut und Knochen. Sein Bauch war eingefallen und bei dem Anblick liefen ihm Tränen über das Gesicht.
Der Junge wischte ihm mit einem weichen, weißen Tuch die Tränen aus dem Gesicht. »Schau, dein Knie, ich habe gestern den Verband abgenommen, der Rest kann jetzt viel besser an der Luft heilen.«
Matthea konnte sich nicht allein in der sitzenden Ste llung halten. Lorenzo schien das zu wissen und hielt ihn fest.
»Ich muss unserem Schulleiter, sein Name ist Ténoch, Bescheid geben. Er hat viele Nächte an deinem Bett über dich gewacht und ruht sich jetzt aus. Kann ich dich einen Moment allein lassen?«
Mattheas Blick sagte »Ja«, seine Angst sagte »Nein«. Der Junge lächelte jedoch so freundlich, dass Matthea sich entspannte. Von Kindern war er noch nie geschlagen worden.
Bevor Lorenzo ging, wickelte er einen kleinen Klu mpen aus einem Stück Papier. »Das haben wir aus Kräutern und Zucker gemacht, man kann es lutschen und es verbreitet einen schönen Geschmack im Mund. Dein Hals muss ganz trocken sein, willst du es mal probieren?« Er legte den selbst hergestellten Lutscher an
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