Die Zusammenkunft
in die Sonne.
Als sie am unteren Rand der Freitreppe ankam und ihre Füße den Kies berührten, schaute sie auf. Die Feier war bunt und unbeschwert. Sie hörte Gelächter, ein Komiker lief durch die Menge und erheiterte die Gäste mit seinen Späßen. Geschirr klapperte, Gläser klirrten, Frauen kicherten und von irgendwo her erklang Musik. Ein älterer Herr in Livree kam auf sie zu, schaute ihr nachdenklich in die Augen. »Kann ich etwas für Euch tun, My Lady?«
Sie sah ihn an. »Wie haben Sie mich genannt?«
»Oh, verzeiht mir, ich wollte Euch nicht zu nahe treten.«
»Wie ist Ihr Name?«
»Mein Name ist Aluinn und es würde mich glücklich machen, wenn ich etwas für Euch tun könnte!«
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Taamin auf sie zukam, und sie hob die Hand, um ihm zu signalisieren, dass alles gut war und sie allein sein wollte. Er sah sie kurz an, wandte sich wieder ab und ging.
Aluinn hatte die Szene beobachtet, ebenso wie Darken, der oben auf der Freitreppe hinter ihr stand.
»Sie sind Aluinn! Ich habe schon von Ihnen gehört. Sie scheinen keinen leichten Job zu haben«, sie lächelte ihn an. »Was die Feier betrifft, sie ist Ihnen sehr gut gelungen, wirklich wunderschön.«
Aluinn strahlte sie an.
»Ich würde gern etwas essen, mir ist eingefallen, dass ich seit gestern Mittag nichts mehr zu mir genommen habe. Jetzt könnte ich tatsächlich einen ganzen Bären verspeisen. Darum würde ich gern etwas abseits von den anderen Tischen sitzen, es muss ja nicht jeder mitbekommen, dass ich wie ein Scheunendrescher essen kann und mich nicht ganz dem Kleid entsprechend benehme.«
Aluinn strahlte jetzt wie eine aufgehende Sonne, ve rneigte sich und rannte los. Sirona drehte sich zur Treppe um, sie hatte Darken weder gesehen noch gehört, aber sie hatte ihn die ganze Zeit hinter sich gespürt. Sie streckte die Hand nach ihm aus und er kam geradewegs auf sie zu. Sie ergriff seinen Arm.
»Ich habe Aluinn gebeten, uns einen Tisch abseits b ereitzustellen, ich bin etwas erschöpft und wahnsinnig hungrig. Ich habe gestern Mittag im Flugzeug das letzte Essen bekommen.« Darken sah auf sie herab und drückte unmerklich ihren Arm in seine Seite.
»Ich habe meine Rose verloren!«
»… und ich werde dir noch viele Rosen schenken!« Er war vom Sie in das Du übergegangen und es störte sie nicht, nein, sie empfand es als natürlich. Sie konnte zwar noch nicht in Worte fassen, was sie miteinander verband und warum, aber es existierte unbestreitbar, und seitdem sie sich nicht mehr dagegen wehrte, empfand sie es als Bereicherung.
Darken führte sie an den kleinen Tisch weit abseits der Menge, den Aluinn bereitgestellt hatte. Er rückte ihr den Stuhl zurecht und sie legte sich die Serviette auf den Schoß. Aluinn schenkte Wasser und Weißwein in die Gläser, dann eilte er wieder fort, um sich um das Essen für sie zu kümmern.
»Es ist merkwürdig, wenn man plötzlich vor einer Pe rson steht und feststellt, dass sie einen das ganze Leben schon begleitet hat. Ich bin irritiert – ich kenne dich nicht und kenne dich doch.« Sirona zögerte.
Darken schwieg.
»Du hast so viel erlebt und ich muss jetzt … wie viele Jahre …?«
»2070 Jahre, drei Monate, zwölf Tage und drei Stu nden«, antwortete Darken.
Sie schluckte . »… 2070 Jahre, drei Monate, zwölf Tage und drei Stunden … . Dagegen ist das wenige, das ich zu bieten habe, ziemlich dürftig.«
Sie zögerte, dann fuhr sie fort: »Da sind diese Träume, die ich schon seit ewiger Zeit habe. Träume, in denen du vorkommst – wie ich inzwischen weiß. Sehr heftige Träume, in denen es um …«, wieder wusste sie nicht genau, wie sie es ausdrücken sollte, »… in denen es um unsere Vergangenheit ging. Dann diese Erlebnisse in Rom und davor die beiden Male, als wir uns begegnet sind …« Sirona schielte verlegen zu ihm hinüber, als ihr die gebrochene Nase wieder einfiel.
Er sah sie sanft an, eine Sanftheit, die sie ihm nach den bisherigen Treffen niemals zugetraut hätte.
»Meine Nase war nach einer Woche wieder verheilt und was ist eine gebrochene Nase, wenn sich die Möglichkeit ergibt, dass die jahrelange Suche endlich ein Ende gefunden hat.«
»Ich hatte Angst vor dir!«
»Ja, ich weiß.«
»Jetzt habe ich keine Angst mehr, glaube ich.«
Darken lächelte sie an und der dunkle Schleier auf seinen Augen war nicht mehr ganz so dunkel, wie zu dem Zeitpunkt, als sie ihm heute das erste Mal gegenübergetreten war.
Aluinn kam mit einem kleinen,
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