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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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Frechheit!
    Jeder kann nachvollziehen, was dies bedeutet hätte. Freitags den gesamten Verband verrückt zu machen, um dann wenige Tage später zu sagen: Ätsch, ich hab’s ja nicht so gemeint. Einen schlimmeren Vertrauensbruch hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich war empört, dass aus der DFL solche SMS verschickt werden an Medienvertreter.
    Die Leute, die dafür infrage kommen, haben meine Telefonnummer und hätten mich, wenn solche Gerüchte aufgekommen wären, problemlos darauf ansprechen können. Ich war der »Bild«-Zeitung dankbar, dass sie mir gegenüber Fairness und Respekt bewies und diese Gerüchte nicht in der Öffentlichkeit ausbreitete, ohne mit mir als dem Betroffenen gesprochen zu haben. Ich empfand das Ganze schlicht und einfach als Sauerei.
    Mein erster Verdacht galt dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFL Christian Seifert, der in verschiedenen Interviews mahnte, es könne schwierig sein, die Zeit bis Oktober in einer Art Doppelspitze zu gestalten.
    Der Verdacht erwies sich dann aber als unbegründet. Nachdem ich den Liga-Präsidenten Reinhard Rauball im Januar 2012 davon unterrichtet hatte, erhielt ich umgehend ein Fax von Seifert, in dem er glaubhaft beteuerte, dass die SMS nicht von ihm stammte. »Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich Sie zu keinem Zeitpunkt als ›lame duck‹ bezeichnet habe«, hieß es dort außerdem. Hintergrund war die entsprechende Frage eines Journalisten, der diesen Begriff der »lahmen Ente«, der in den USA für abgewählte, aber noch amtierende Präsidenten gebraucht wird, ins Gespräch gebracht hatte.
    Seifert hatte sich diesen etwas despektierlichen Ausdruck nicht zu eigen gemacht, auch wenn er aus seiner Meinung kein Hehl machte, dass ihm und dem Ligaverband ein zügiger Führungswechsel an der DFB -Spitze lieber wäre. In mehreren Telefongesprächen versicherte Seifert mir: »In der Übergangsphase des Führungswechsels muss die DFL klare Anforderungen an den DFB stellen. Das hat nichts mit mangelndem Respekt Ihnen gegenüber zu tun, persönliche Angriffe liegen mir fern.«
    Ich ließ mich in einem Telefonat dann auch von seiner Korrektheit überzeugen, zumal ich Seifert wegen seiner Kompetenz und seines Charakters schätze, vielleicht auch, weil er wie ich ein Gladbach-Fan ist. Als junger Ligafunktionär muss er Erfolge nachweisen und darf Konflikte mit dem DFB nicht scheuen. Aber dass er bewusst falschspielt, unterstelle ich ihm nicht. Interessanterweise merkte er an, der »Rücktritt vom Rücktritt« sei an diesem Wochenanfang ein geflügeltes Wort im Bereich der DFB -Zentralverwaltung auf der Geschäftsleitungsebene gewesen. Und dann erfuhr ich im Januar auch noch von der Online-Meldung der »Süddeutschen Zeitung« an jenem Abend des 6. Dezember2011 , unter » DFB -Offiziellen« mache eine »bizarre Mitteilung die Runde: Zwanziger habe den Rücktritt vom Rücktritt erklärt«.
    Natürlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wie diese Falschmeldungen entstehen konnten. Wer hatte die SMS geschickt und was sollte damit bezweckt werden?
    Mir war vor allem wichtig, daran mitzuwirken, die Zukunft des DFB , der ja längst ein Teil meines Lebens geworden war, in die Hände eines klugen, leidenschaftlichen Präsidenten zu legen. Und das in geordneter Weise, also auch unter Einbeziehung unserer ehrenamtlichen Spitzenvertreter aus allen Landesverbänden.
    Dass meine Ankündigung, als Präsident zurückzutreten, in der Frage der Nachfolge eine hektische Betriebsamkeit hervorrufen würde, war mir klar. Wenn ein Posten frei wird, gehört das Geschachere um die Nachbesetzung zur Normalität.
    Als sich in der Nachfolgefrage sehr schnell alles auf Wolfgang Niersbach, den Generalsekretär, konzentrierte, waren wir allerdings mit einer Herausforderung konfrontiert, die der DFB so noch nicht erlebt hatte. Bisher war noch kein hauptamtlicher Generalsekretär ehrenamtlicher Präsident geworden. Sollte der neue Präsident also ein hauptamtlicher sein? Mit dem Gehalt eines Generalsekretärs? Wäre das vertretbar: Oben einen hauptamtlichen Präsidenten zu installieren und unten in den Zehntausenden Vereinen das Ehrenamt zu predigen? Wolfgang Niersbach war ohne Zweifel der richtige Kandidat für das Präsidentenamt. Aber sollte er dafür bezahlt werden wie ein Manager oder nur eine Aufwandsentschädigung erhalten, wie sie dem Präsidenten des größten Sportverbandes der Welt zusteht?
    Ich spürte, dass Wolfgang Niersbach, der nie ein Mann des Ehrenamtes

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