Die Zwanziger Jahre (German Edition)
von Spannungen und Emotionen und schürt auch gern selbst Konflikte. So bin ich nicht einverstanden, wie die Zeitung nach dem EM -Aus offenbar gezielt daran arbeitet, das Image von Bundestrainer Joachim Löw zu beschädigen. Nicht selten jedoch handeln ihre Journalisten erstaunlicherweise verantwortungsbewusster als viele der sogenannten intellektuellen Blätter. Auch diesmal folgte die »Bild«-Zeitung unserer Abmachung und hielt die Information über meinen anstehenden Rücktritt bis zum vereinbarten Zeitpunkt zurück.
Zu den Presseorganen, die täglich intensiv über Sport berichten und die entsprechend interessierte Leserschaft auch erreichen, muss ich ein vernünftiges Verhältnis aufbauen und ihnen bei ganz wichtigen Entscheidungen manchmal auch ein Exklusivrecht einräumen. Das heißt nicht, dass ich nicht auch an einem guten Verhältnis zu Blättern wie » SZ« oder » FAZ« interessiert war. Doch von deren Vertretern fühlte ich mich mehr als einmal nicht ganz fair behandelt, am deutlichsten im Fall Amerell. Was hätten sie wohl geschrieben, wenn ich unsere Informationen über das sexuelle Verhältnis eines Schiedsrichterobmanns mit seinen Schutzbefohlenen unter den Teppich gekehrt hätte?
Man muss in einem Amt wie dem des DFB -Präsidenten seine journalistischen Kontakte auch kanalisieren, das habe ich in den Jahren meiner Verbandstätigkeit lernen müssen. Zu Anfang habe ich meine Telefonnummer sehr großzügig herausgegeben, fast jeder konnte mich jederzeit erreichen. Aber dann bekam ich plötzlich Anrufe von Journalisten, die ich überhaupt nicht kannte, die meine Nummer wiederum von Kollegen bekommen hatten. So begann ich mit der Zeit, sorgfältiger auszuwählen, für wen ich jederzeit erreichbar sein wollte.
Nun galt es zunächst, meine Nachfolge zu regeln. Ich war mir nicht sicher, ob Wolfgang Niersbach wie ein Jahr zuvor erneut Nein sagen würde oder ob er sich diesmal entschließen könnte, das Präsidentenamt zu übernehmen; er ist zweifelsfrei der beste Mann dafür. Ich überlegte aber auch, wer alternativ infrage kommen würde: Reinhard Rauball, der Präsident des Ligaverbandes, fiel mir sofort ein.
Aber mir war auch klar, dass es für die Amateurverbände nicht ganz einfach sein würde, einen exponierten Vertreter der Liga an der Spitze des Dachverbandes zu akzeptieren. Außerdem ging ich davon aus – zu Recht, wie sich zeigen sollte –, dass Rauball selbst kein Interesse an diesem Amt hatte. Also hatte ich schon früher eine weitere Alternative gesucht und sie in Erwin Staudt gefunden.
Erwin Staudt ist eine herausragende Persönlichkeit, die zwar als langjähriger Präsident des VfB Stuttgart dem professionellen Fußball sehr nahesteht, darüber hinaus aber als leitender Manager bei IBM in vielen Aktionen und Projekten auch das ehrenamtliche Engagement unterstützt hat. Er hat deutlich gegen Diskriminierung Stellung bezogen und könnte deshalb auch die gesellschaftliche Botschaft des deutschen Fußballs weitertragen.
In den Gesprächen, die ich mit ihm schon im Sommer 2011 führte, wurde schnell deutlich, dass er eine sehr gute Lösung für meine Nachfolge sein könnte. Doch legte Erwin Staudt größten Wert darauf, dass er auf keinen Fall gegen Wolfgang Niersbach und auch nicht gegen Reinhard Rauball antreten wollte. Besser hätte sich die Situation für mich nicht entwickeln können: Es gab drei hervorragende Kandidaten für meine Nachfolge, die aber nicht gegeneinander antreten und so für unnötige Konfrontationen sorgen würden.
Wolfgang Niersbach, Erwin Staudt und ich trafen uns zwei Tage nach meiner Rücktrittsankündigung beim DFB . Erwin Staudt bekräftigte, was er schon zu mir gesagt hatte: »Herr Niersbach, ich werde keinesfalls gegen Sie kandidieren, weil ich Ihre Leistungen für den Fußball und Ihre integre Persönlichkeit hoch schätze.« Nun musste Wolfgang Niersbach selbst entscheiden, ob er vom Hauptamt ins Ehrenamt wechseln wollte. Ich sagte zu ihm: »Lass dir Zeit. Wir haben alle Zeit der Welt, um eine vernünftige Lösung zu finden.«
Zwei Tage später, gerade als ich mich über die ersten Tore von Borussia Dortmund im Champions-League-Spiel gegen Olympique Marseille freute, bekam ich einen Anruf von der »Bild«-Zeitung. Deren stellvertretender Chefredakteur Alfred Draxler hatte eine SMS erhalten, die angeblich aus der Führung der DFL stammte und in der angedeutet wurde: Zwanziger plant den Rücktritt vom Rücktritt. So ein Unsinn und was für eine
Weitere Kostenlose Bücher