Die Zwanziger Jahre (German Edition)
DFB abspalten. Außerdem zeichnete sich ab, dass der DFB angesichts der neuen Aufgabenstellungen neue Verantwortlichkeiten und damit auch neue Gesichter brauchte. Die bisherige Praxis, wonach Präsident und Schatzmeister sich um alles kümmerten und quasi im Alleingang entschieden, war nicht mehr zeitgemäß.
Es war also allerhöchste Zeit, als DFB -Präsident Egidius Braun auf dem Bundestag 1998 in Wiesbaden eine umfassende Strukturreform des Verbands ankündigte. Eine neue Satzung sollte nicht nur das Verhältnis von Amateuren zu Profis regeln, sondern auch die gewachsene soziale Verantwortung des Fußballs betonen. Braun hat das taktisch gut angefangen: Er bildete drei Kommissionen, eine mit Vertretern der Liga, eine mit den Hauptamtlichen aus der Zentralverwaltung des DFB und eine, die mit Ehrenamtlern besetzt war. Jedes dieser Gremien sollte seine Vorstellungen formulieren, die Ergebnisse sollten dann in einer zentralen Kommission gebündelt werden.
Ich gehörte zwar dem DFB -Vorstand an, hatte aber keine besondere Funktion. Deshalb hat Braun wohl die Sympathie für seinen ehemaligen Jagdbegleiter dazu bewogen, mich zum Vorsitzenden der Reformkommission zu berufen. Mir bot diese Aufgabe eine gute Chance, dazu beizutragen, dass sich der Fußball breiter aufstellte, außerdem konnte ich mich im DFB insgesamt profilieren. Rückblickend kann ich sagen, dass die Strukturreform das bedeutendste und nachhaltigste Projekt war, an dem ich in meinen Jahren beim DFB beteiligt war. Ich hätte meinen späteren Weg nicht gehen können, wenn mir Egidius Braun damals nicht sein Vertrauen geschenkt hätte.
Die Kommission der Profiklubs mit dem Ligadirektor Wilfried Straub, einem altgedienten DFB -Mann, und Ligasekretär Wolfgang Holzhäuser als Protagonisten plädierte zwar nicht für eine völlige Abspaltung der Liga vom DFB , wollte aber der Liga einen eigenen Status und juristische Selbstständigkeit verschaffen. Die Amateure, deren Gruppe von Vizepräsident Engelbert Nelle geleitet wurde, wollten den Profiklubs zwar mehr Rechte einräumen, ansonsten aber an der bestehenden Struktur wenig ändern. Am weitesten gingen die Vorschläge der Hauptamtlichen um die DFB -Direktoren Horst R. Schmidt, Wolfgang Niersbach und Goetz Eilers. Vor allem Eilers, der den Fernsehvertrag mit ausgehandelt hatte, war ganz entschieden gegen eine wie immer geartete Reform, weil er um die Marke DFB fürchtete, wenn der Verband die Zuständigkeit für die Liga verlor. So schlugen die Hauptamtlichen ein Aufsichtsratsmodell vor, wonach die Direktoren die eigentlichen Chefs des DFB geworden wären und das Präsidium nur als Aufsichtsrat fungierte.
Darauf hätte Braun sich nie eingelassen, so wenig wie seine Nachfolger Mayer-Vorfelder und Zwanziger. Auch die Medien, so viel war sicher, würden sich mit einem solchen Modell nicht zufriedengeben – der DFB braucht einen starken Mann an seiner Spitze, der die Entwicklungen mitgestalten kann. Wenn, wie wir es ja in manchen Vereinen beobachten dürfen, der Aufsichtsrat sich wichtiger nimmt als der eigentliche Vorsitzende, droht dem Verband die Spaltung.
Zur zentralen Kommission, deren Vorsitz ich übernahm, gehörten zudem Generalsekretär Horst R. Schmidt mit seiner ganzen Kompetenz, Willi Hennes, der Vorsitzende des Sicherheitsausschusses, mit seiner ehrenamtlichen Erfahrung, der damalige HSV -Präsident und vormalige Hamburger Innensenator Werner Hackmann als Profi und erfahrener Politiker sowie DFB -Vizepräsident Alfred Sengle, der sich im Sportrecht bestens auskannte.
Für mich war klar, dass die Liga ein Territorium brauchte, in dem sie selbstständig tätig sein konnte. Dieser Bereich musste genau definiert werden im Hinblick auf die klassischen Kerngebiete Spielbetrieb, Lizenzierung, Vermarktung. Die Rechtsprechung und das Schiedsrichterwesen mussten beim DFB bleiben, etwas anderes hätten die internationalen Verbände Fifa und Uefa gar nicht zugelassen. Ich schlug meinen Mitstreitern in der Kommission also vor, eine völlig neue Satzung des DFB zu formulieren, in der die Verantwortung des Ligaverbandes festgehalten und geregelt wird, doch gleichzeitig festgeschrieben wird, dass der Ligaverband ein Mitgliedsverband des Deutschen Fußball-Bundes bleibt. Wir wollten die Einheit des Fußballs bewahren und jedem Bereich die Verantwortung für seine besondere Aufgabenstellung zuweisen.
Alfred Sengle sah unsere Aufgabe zunächst eher darin, einige Thesen zu entwickeln und die Satzung dann von den
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