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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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wollten.
    Dieses Nachwuchsförderkonzept, das schon auf der Kreisebene ansetzte, musste gegenüber den selbstbewussten Landesverbänden durchgesetzt werden, die die Nachwuchsförderung gern als ihre eigene Aufgabe sahen und sich mit ihren hausgemachten Talenten darstellen wollten. Jeder Verbandstrainer hat das verständliche Bemühen, mit seinem eigenen Konzept zu arbeiten, von dem er überzeugt ist. Nicht selten scheinen kleinere Erfolge ihm ja auch recht zu geben.
    Das ist beileibe nicht nur ein Thema des Fußballs. Die Olympischen Spiele 2012 in London haben gezeigt, dass wir in den Sportarten am erfolgreichsten waren, wo ohne Rücksichtnahme auf regionale Interessen zentral gearbeitet wird, beispielsweise im Rudern oder Kanufahren. Mit dem Denken, dass an jedem Kirchtum der Republik für alle Sportarten ein Leistungszentrum stehen muss, werden wir in der Zukunft im Spitzensport den Anschluss noch stärker verlieren.
    Verantwortliche Sportfunktionäre für einheitliche Konzepte zu gewinnen ist schwierig, weil sie nach ihrer Überzeugung ja schon das beste Konzept umsetzen. Der DFB ist föderal aufgebaut und kann gegenüber den Mitgliedsverbänden nicht einfach anordnen. Deshalb hat der Verband nur zwei Möglichkeiten, andere von seinem Weg zu überzeugen: entweder mit Geld oder durch ein sportliches Desaster. In diesem Fall kam beides zusammen. Zwar gab es einige kluge Köpfe, die schon früher erkannt hatten, dass sich einiges ändern musste, aber die fanden kein Gehör. Schließlich waren wir ja 1996 noch Europameister geworden, die schmerzhaften Niederlagen der Rumpelfußballer trafen die meisten von uns wie aus heiterem Himmel.
    Die Verbände reagierten unterschiedlich auf die Initiativen des DFB , ihre Voraussetzungen waren ja auch unterschiedlich. Starke und wohlhabende Verbände wie die Bayern oder Württemberger trauten sich durchaus zu, eine breite Talentförderung aus eigener Kraft zu organisieren, aber in vielen kleinen Verbänden war das nicht so einfach. Das DFB -Konzept stellte die individuelle Verbesserung ins Zentrum. Viele Stützpunkte wollten Spiele untereinander austragen, um ihre Erfolge zu vergleichen, doch das war nicht der richtige Weg. Spielen können die Kinder in ihrem Verein, dort holen sie sich die nötigen Erfolgserlebnisse und lernen, mit Niederlagen umzugehen. In die Stützpunkte kommen sie in einem Alter, wo sie für technische und taktische Schulung am empfänglichsten sind.
    Auch die Trainer mussten besser werden. Früher sind viele Talente in ihrem Verein von einem Ehrenamtler mit Übungsleiterschein trainiert worden, was sicherlich so manchen Erfolgsweg gebremst hat. Durch die neue Ausbildungsordnung des DFB hat sich auch die Qualität der Trainer verbessert, an der Basis wie in der Spitze. Wer an einem Stützpunkt arbeiten will, der muss mindestens den A-Schein vorweisen.
    Natürlich nutzten die Profiklubs diese neue Sichtungsebene, um die Talente schon früh an sich zu binden. Das wurde bei den kleinen Vereinen nicht immer gern gesehen, aber diese Entwicklung ist Teil des Konzepts. Talente müssen nun mal optimal gefördert werden, und wenn ein Kreisliga-Verein das nicht mehr gewährleisten kann, muss der Spieler die nächste Stufe nehmen. Wir führten die Bundesliga für A- und B-Junioren ein, weil wir es für wichtig hielten, dass die besten 15- bis 18-Jährigen Fußballer sich auf hohem Niveau vergleichen, statt bei ihren 8:0- oder 10:0-Siegen gegen regionale Gegner unterfordert zu sein. Auch die Eliteschulen wurden gestärkt und weiterentwickelt, und mit der wachsenden Finanzkraft der Liga investierten auch die Profivereine viel Geld in ihre Nachwuchs-Leistungszentren.
    Alle diese Maßnahmen haben dazu beigetragen, dass der heutige Bundestrainer in einer völlig anderen Situation ist als seine Vorgänger. Jahrelang galt Michael Ballack als der einzige deutsche Weltklassespieler, ja als das einzige wirkliche Talent in einer ansonsten ausgedörrten Wüste. Ballack ist sicherlich ein exzellenter Fußballer und hat sich vor allem in der Nationalmannschaft als Führungsspieler bewährt, aber er würde im aktuellen DFB -Team nicht mehr so hervorstechen wie damals, als er sozusagen der Einäugige unter Blinden war. Bei der WM 2006 konnte das verbesserte Nachwuchskonzept noch keine Früchte tragen, aber die 22- und 23-Jährigen, die heute Nationalspieler werden, sind alle durch unsere Förderung gegangen. Ich wage die Behauptung, dass unsere Nationalmannschaft ohne die

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