Die Zwanziger Jahre (German Edition)
häufiger erleben dürfen. Aber es bot eine geschlossene Mannschaftsleitung mit einigen wenigen herausragenden Akteuren, vor allem Oliver Kahn und Michael Ballack.
Dabei musste das DFB -Team auf mitreisende Fans fast völlig verzichten. Das lag zum einen am Austragungsort – wer kann sich schon eine mehrwöchige Reise nach Japan und Korea leisten? Die Fans hatten aber auch wenig Vertrauen zu der Mannschaft, die ja im Vorfeld nicht unbedingt mit großartigen Leistungen geglänzt hatte. Der Rumpelfußball aus dem Jahr2000 , die schwierige Trainersuche, all das war noch in schlechter Erinnerung; das Interesse an der Nationalmannschaft hatte spürbar nachgelassen.
Nach einem günstigen Turnierverlauf mit knappen Ergebnissen – wir haben nicht immer gegen die Stärksten des Turniers spielen müssen, setzten uns gegen Paraguay, die USA und Südkorea jeweils mit 1:0 durch – erreichten wir dennoch das Finale gegen Brasilien, den großen Titelfavoriten.
Und im Finale zeigten wir unsere wohl beste Turnierleistung. Was wäre geworden, man darf es sich heute gar nicht mehr fragen, wenn der Pfostentreffer von Oliver Neuville kurz nach der Pause im Tor gelandet wäre oder wenn Oliver Kahn nicht beim Schuss von Rivaldo seinen einzigen Fehler bei dieser WM begangen hätte, sodass Ronaldo zum vorentscheidenden 1:0 abstauben konnte? Später erzielte Ronaldo noch das 2:0 und machte die Brasilianer zum fünften Mal zum Weltmeister.
Großen Anteil am guten Abschneiden des deutschen Teams hatte zweifellos der Teamchef. Rudi Völler leistete fantastische Arbeit, auch wenn er kein gelernter Trainer ist. Aber er war ein großer Spieler. Er hat bei großen Turnieren alles erlebt, und es ist ihm deshalb auch gelungen, in der Mannschaft ein solches Klima zu erzeugen, dass sie dieses Turnier so erfolgreich absolvieren konnte.
Die WM 2002 wurde überschattet durch den Tod Fritz Walters am 17. Juni, vier Tage vor unserem Viertelfinalspiel gegen die USA . Gemeinsam mit dem 1. FC Kaiserslautern veranstalteten wir eine Trauerfeier in seinem Stadion, dem Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg. Gerhard Mayer-Vorfelder und Horst R. Schmidt kamen eigens aus Japan zurück und ehrten den ersten Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft – das Idol meiner Jugend.
In Kaiserslautern verabredeten wir auch, eine kleine Delegation von Repräsentanten unseres Verbandes und Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, die den Fußball unterstützten, nach Yokohama einzuladen, sollte unsere Mannschaft das Finale erreichen. Diese Einladung ist uns anschließend übel genommen worden.
Zum ersten Mal kam ich als Verantwortlicher beim DFB aus einer gut gemeinten Aktion heraus in Berührung mit strafrechtlichen Ermittlungen. Aufgrund eines kleinen Artikels in der »Sport-Bild« ermittelte die Staatsanwaltschaft in Mainz gegen den DFB wegen Vorteilsgewährung, weil der Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz an dieser Reise teilgenommen hatte. Man sah in dieser Einladung eine strafbare Vorteilsgewährung und plante sogar eine Durchsuchung der DFB -Zentrale.
Ich machte mich also auf nach Mainz, um den zuständigen Oberstaatsanwalt zu besuchen. Er hatte den entsprechenden Gesetzestext wohl nicht komplett gelesen, denn da stand eindeutig, dass es sich nicht um unerlaubte Vorteilsannahme handelt, »wenn der Dienstvorgesetzte seine Zustimmung gibt«. Der zuständige Vorgesetzte war Ministerpräsident Kurt Beck, der zu dieser Zeit als Bundesratsvorsitzender amtierte und auf unserer Einladungsliste weit oben stand. Doch Beck war verhindert und konnte nicht nach Yokohama fliegen, weswegen er einen Vertreter als Ersatzmann entsandte. Von der konstruierten Vorteilsgewährung konnte also keine Rede sein, und der Generalstaatsanwalt in Koblenz blies die geplante Hausdurchsuchung in letzter Minute ab.
Ich ärgerte mich vor allem darüber, dass die Staatsanwaltschaft gleich so schwere Geschütze auffahren wollte, statt den Verdacht zunächst einmal mit uns direkt abzuklären. Schließlich hatte sich der DFB bis dahin nichts zuschulden kommen lassen und hätte auch an der Aufklärung dieser Vorwürfe mitgewirkt. Der öffentliche Wirbel und die Schlagzeilen, wenn man beim DFB eine Durchsuchung anordnen darf, sind für manche Staatsanwälte offenbar so reizvoll, dass über den Jagdeifer die Klärung des wahren Sachverhaltes in den Hintergrund tritt. Deshalb wollte ich die Sache nicht auf sich beruhen lassen und erstattete Anzeige gegen die handelnden
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