Die Zwanziger Jahre (German Edition)
lange Jahre Vorsitzender des Regionalverbands Südwest, ein Jurist, der sozial und kulturell sehr engagiert ist, hat diese Übergangsphase intensiv mitgestaltet und sich dann seiner zweiten Leidenschaft als Vizepräsident für soziale und gesellschaftliche Aufgaben zugewandt.
Nachdem durch den Grundlagenvertrag mit der Liga eine gesicherte Finanzbasis bestand, war also die Vorsorgepolitik so nicht mehr nötig. Wir haben den Haushaltsplan deutlich genauer gefasst, sind näher an die voraussichtlichen Einnahmen herangegangen und haben die Ausgaben, die sportpolitisch anstanden, frühzeitig klar definiert.
Dennoch erwirtschafteten wir vor allem durch die Weltmeisterschaften 2006 und 2011 weitere Überschüsse, die wir beispielsweise durch den Bau der tausend Minispielfelder umgehend an die Basis weitergegeben haben. Der DFB hat heute keine Schulden und verfügt über Rücklagen von mehr als einhundert Millionen Euro. Selbst wenn der Verband über ein oder zwei Jahre außergewöhnliche Einnahmeausfälle zu verkraften hätte, könnte er aus diesen Rücklagen alle geplanten Ausgaben vornehmen und muss nicht gleich bei der Bank einen Kredit beantragen. In den letzten Jahren haben wir sehr genau darauf geachtet, dass die Rücklagen nicht weiter wachsen, und haben mit unserem Geld lieber Fanprojekte und andere Aktionen unterstützt.
Der stetig wachsende Haushalt machte es auch zwingend, ein professionelles Controlling einzuführen, wo früher eine einfache Kassenprüfung wie im Sportverein genügt hatte. Für die Mitarbeiter des DFB waren das schwierige Umstellungsprozesse, auch, dass die Ehrenamtler sich ihre Fahrtkosten nicht mehr bar auszahlen lassen konnten, stieß bei manchem auf Unverständnis. Aber im Interesse einer seriösen Bewirtschaftung gibt es dazu keine Alternative. Die Annehmlichkeiten, ohne Kontrolle in der Sahne zu sitzen und Geld auszugeben, sind in den letzten Jahren deutlich reduziert worden. Das ist auch das Verdienst von Horst R. Schmidt, der als Generalsekretär und später als Schatzmeister den immer wiederkehrenden Ausgabenwünschen zum richtigen Zeitpunkt Einhalt geboten hat.
Durch die Strukturreform von 2001 war der Schatzmeister nicht nur für die Finanzen zuständig, sondern konnte auch in sportpolitischen Entscheidungen stärker mitreden und mitwirken. Das geschäftsführende Präsidium des DFB , dem neben dem Präsidenten und dem Generalsekretär auch der Schatzmeister angehört, ist das eigentliche Machtzentrum des Verbands, hier werden die Weichen gestellt. In aller Regel übernimmt der Schatzmeister auch repräsentative Aufgaben wie die Delegationsleitung bei den Nationalmannschaften des Nachwuchses oder der Frauen. Den größten Einfluss hat er aber natürlich über die Finanzen, weil alle Aufgabenstellungen, die mit Geld zu tun haben, mit ihm abgestimmt werden müssen.
Wichtig war für das Gelingen der Reform auch, dass wir eine kompetente Revisionsstelle gebildet haben. Bis dahin wurden die Kassen des Verbands, wie im Vereinsrecht üblich, nur sporadisch geprüft. Jetzt wurde den Revisoren nicht nur die Prüfung des Kassenbestandes und der rechnerischen Richtigkeit der Kassenunterlagen übertragen, sie bekamen auch Mitsprache- und Kontrollrechte bei bedeutsamen Investitionen und beim Abschluss wichtiger Verträge. Der erste Vorsitzende der Revisionsstelle Heinrich Schmidhuber als Präsident des Bayerischen Sparkassen- und Giroverbandes und sein Nachfolger Friedel Gütt, langjähriger Staatsrat im Hamburger Senat, haben in diesem neuen Bereich Maßstäbe gesetzt. Sie wurden unterstützt durch den ersten hauptamtlichen Revisor des DFB , Ramin Peymani, der später für eine Zeit mein Büroleiter wurde. Peymani verstand es mit Fingerspitzengefühl, den hauptamtlichen Mitarbeitern, die früher relativ frei über ihre Budgets bestimmen konnten, diesen schwierigen Gewöhnungsprozess nahezubringen. Dieses Team vollzog geräuschlos Veränderungen, die den Verband modernisiert und wirtschaftlich zeitgemäß aufgestellt haben. Wäre dies nicht geschehen, hätten wir in späteren Jahren gewiss das eine oder andere Problem bekommen.
9.
»Auf Jahre hinaus unschlagbar …«:
Der EM -Schock 2000 und die Folgen ↵
Die Suche nach einem neuen – sagen wir moderneren – Bundestrainer war nicht die einzige Konsequenz aus dem sportlichen Niedergang der Nationalmannschaft. Nach dem WM -Titel 1990 hatte sich der damalige Teamchef Franz Beckenbauer in der Euphorie zu der Prophezeiung verstiegen: »Es
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