Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Lebensjahrs in die Uefa -Exekutive oder zum Präsidenten wählen lassen durfte. Doch dieser Beschluss galt erst für die Nachfolger; die Amtsinhaber hatten eine Ausnahmeregelung für sich selbst beschlossen. Ich halte das für problematisch, zeigt es doch auf der einen Seite eine gewisse Arroganz der Funktionäre, andererseits aber auch, wie sich Sportkongresse lenken lassen und kritische Nachfragen in aller Regel nicht erwünscht sind. Wer trotzdem fragt, wird schnell als Nestbeschmutzer abgestempelt. Ein Sportverband, in dem es anders als in der Politik keine demokratische Opposition gibt, muss deshalb immer wieder die Bereitschaft zeigen, Finger in Wunden zu legen und sich selbst zu reformieren. Daran fehlt es aus meiner Sicht manchmal, auch beim DFB . Die Bereitschaft, ein Amt loszulassen, ist nicht sehr ausgeprägt im Vergleich zum Glauben, dass man es selbst besser kann als alle anderen.
Johanssons Gegenkandidat war Michel Platini, großartiger Fußballer in den Achtzigern, erfolgreicher Organisator der WM 1998 und ein besonders guter Freund von Wolfgang Niersbach. Wir saßen wieder einmal zwischen allen Stühlen. Und der Kongress fand auch noch in Düsseldorf satt. Wir entschieden uns, für Lennart Johansson zu stimmen, aus Dankbarkeit für einen langjährigen Freund, nicht aus tiefer innerer Überzeugung. Die Abstimmung ging für Lennart Johansson verloren, Michel Platini wurde neuer Präsident der Uefa , auch mit tatkräftiger Unterstützung von Sepp Blatter, dem Präsidenten des Weltverbands Fifa . Und nicht zuletzt deshalb, weil viele Delegierte ihre Zusage, für den Schweden zu stimmen, nicht einhielten.
Das verleitete mich in der ersten Verärgerung zu der Bemerkung, Platini hätte ja nur Beifall bekommen von den kleinen Verbänden mit weniger als hundert Mitgliedern. Das war ungeschickt von mir, obwohl ich es nach wie vor diskussionswürdig finde, dass Mini-Verbände wie San Marino im Uefa -Kongress genauso eine Stimme haben wie Deutschland, England oder Italien.
Mir tat Lennart Johansson leid. Er hatte einen ehrenvolleren Abgang verdient. Für uns war jedoch klar, dass wir auch wegen der guten Kontakte Platinis zu Wolfgang Niersbach und zu Gerhard Mayer-Vorfelder eventuelle Differenzen schnell beseitigen konnten.
Kurz nach dem Uefa -Kongress in Düsseldorf ereilte mich die Nachricht vom Tod Werner Hackmanns. Wir wussten zwar, dass er als starker Raucher gesundheitliche Probleme hatte, doch sein Tod schockierte uns deshalb nicht weniger. Ich hatte nicht nur einen loyalen Freund verloren, sondern einen Mann, der mir seit 1998 ein enger Wegbegleiter in allen Fußballfragen war. Politisch hatte er als Innensenator in Hamburg in schwierigen Situationen seinen Mann gestanden, als Fußballfunktionär war er kritisch um die Belange der Liga besorgt, behielt aber immer auch das Gesamtbild im Auge. Ich habe gern mit ihm zusammengearbeitet. Werner Hackmann hat im Grundlagenvertrag viel für die Liga herausgeholt. Das hat nicht allen im DFB geschmeckt. Aber die Beteiligung der Liga nicht nur an den Fernseheinnahmen aus den Länderspielen, sondern an den gesamten Marketingeinnahmen des DFB war ein Schritt zu einem vernünftigen Ausgleich, genauso wie die Beteiligung der Liga an den Einnahmen aus den internationalen Turnieren. Das Engagement von Werner Hackmann und unser gutes Verhältnis waren maßgebend dafür, dass von dem überraschend hohen Überschuss der WM neben dem gemeinnützigen Fußball und den Bolzplätzen auch die Profiklubs profitieren konnten.
Auch Hackmanns Nachfolger Reinhard Rauball hat sich als loyaler und fairer Gesprächspartner erwiesen. Er ist ein Mann mit Format und Charakter. Auf Rauball kann man sich verlassen, und ich glaube, dass die Liga insgesamt ausgezeichnet beraten ist, einen solchen Präsidenten zu haben. Obwohl sein Herz natürlich für Schwarz-Gelb in Dortmund schlägt, den Verein, dessen ehrenamtlicher Präsident er ist, schafft er es, klug und überzeugend den Interessenausgleich innerhalb der Liga zu steuern.
Es war ganz schön viel los im ersten Jahr meiner Amtszeit, und ich war froh, dass mir eine kleine Auszeit vergönnt war, als ich den Titelgewinn der deutschen Frauennationalmannschaft bei der WM in China miterleben durfte. Doch dazu später mehr.
Mit Joachim Gauck, damals Vorsitzender des Vereins »Gegen Vergessen – Für Demokratie« bei der Preisverleihung 2008 (©Getty Images).
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