Die Zwanziger Jahre (German Edition)
der schriftliche Vertragsabschluss oft lange auf sich warten ließ. Das Schiedsgericht ermahnte deshalb die Parteien, dass es keinen eindeutigen Gewinner geben konnte. Also taten die Juristen das, was ein Schiedsgericht immer tut, sie schlugen einen Vergleich vor. Adidas verdoppelte seine jährlichen Zahlungen auf 20 Millionen Euro. Das war ein vernünftiges Ergebnis, und das Thema war vom Tisch.
Der DFB profitierte finanziell, wenn auch nicht in dem Maß, wie wenn er das Nike-Angebot angenommen hätte. Trotzdem habe ich mich über die Verhandlungsstrategie von Adidas gewundert. Erst hatten sie uns zehn Millionen Euro als äußerste Grenze der Möglichkeiten angeboten, wenige Monate später legten sie das Doppelte auf den Tisch. Wenn man eine langjährige gute Partnerschaft hat, wenn man die Bilanzen von Adidas sieht und den Anteil, den der deutsche Fußball daran hat, erschien mir dieses Vorgehen doch fragwürdig.
Die angekündigten Bolzplätze haben wir dann auch gebaut. Etwas erstaunt war ich allerdings über das Verhalten der Liga. Nachdem sich die Kollegen im Präsidium während der Verhandlungen und dem schwierigen Schiedsgerichtsverfahren bedeckt gehalten hatten, wiesen hinterher einige darauf hin, dass der DFB leichtfertig verhandelt habe und viel Geld auch für den professionellen Fußball auf der Strecke geblieben sei. Ich ahnte, dass solche Pressemeldungen die Staatsanwaltschaft auf den Plan rufen könnten. Denn ein gemeinnütziger Verband ist nicht nur verpflichtet, seine Ausgaben am Satzungszweck zu orientieren, sondern er muss auch seine Einnahmemöglichkeiten ausschöpfen.
Man hätte mir also vorwerfen können, ich hätte dem DFB einen Vermögensschaden zugefügt, weil ich nicht den besser dotierten Vertrag angenommen hatte. Deshalb entschloss ich mich zu einem außergewöhnlichen Schritt: Ich ging selbst zur Staatsanwaltschaft in Frankfurt und legte alle Unterlagen offen, die zu unserer Entscheidung geführt hatten. Damit wollte ich einem etwaigen übereifrigen Staatsanwalt schon den Anfangsverdacht nehmen und die Drohung einer Durchsuchung ausschließen, wie ich sie 2002 nach der Politikerreise zur WM fast erleben musste.
Abschied von MV
Meine Wahl zum alleinigen Präsidenten des DFB im September 2006 verlief reibungslos. Es war ein bewegender Tag für mich, der allerdings überschattet wurde durch den nicht gelungenen Abschied von Gerhard Mayer-Vorfelder. Jeder weiß, dass MV ein Mann mit Ecken und Kanten ist. Aber ohne Zweifel hat er sich große Verdienste um den deutschen Fußball erworben, die es zu würdigen galt. Ich muss offen bekennen, dass ich da Fehler gemacht habe. Die DFB -Satzung sah damals vor, dass es nur einen Ehrenpräsidenten mit Stimmrecht geben konnte, das war Egidius Braun.
Also habe ich eine Ehrenpräsidentschaft für Gerhard Mayer-Vorfelder aus formalen Gründen nicht in Erwägung gezogen, aber auch deshalb, weil seine Präsidentschaftszeit ja so sehr lange nicht gedauert hatte. Ich glaubte, ihn mit der Ehrenmitgliedschaft im DFB ausreichend würdigen zu können. Dies war ein großer Fehler, der mir heute noch leidtut. Er sah seine jahrzehntelangen Verdienste um die Nationalmannschaft und die Liga, aber auch seine ausgesprochene Loyalität zu Egidius Braun nicht ausreichend gewürdigt. Ich versprach ihm, für den nächsten ordentlichen Bundestag eine entsprechende Satzungsänderung auf den Weg zu bringen, und am 26. Oktober 2007 wurde Gerhard Mayer-Vorfelder zum DFB -Ehrenpräsidenten gewählt.
Im Frühjahr 2007 stand die Neuwahl des Uefa -Präsidenten an, des höchsten europäischen Fußballfunktionärs, und das bereitete mir einiges Kopfzerbrechen. Der Schwede Lennart Johansson, ein zuverlässiger Freund der Deutschen, der an der WM -Vergabe 2006 einen großen Anteil gehabt hatte, entschloss sich, noch einmal zu kandidieren. Wir hatten ihm nicht dazu geraten, denn nach meiner Meinung hätte Johansson mit siebenundsiebzig einen honorigen Endpunkt seiner Laufbahn setzen können. Aber es gab wohl in seinem Umfeld bei der Uefa einige, die sich selbst Chancen auf die Nachfolge ausrechneten, wenn Johansson noch eine Wahlperiode oder vielleicht auch nur zwei Jahre amtieren würde. Ich selbst glaube, dass bei Lennart Johansson taktische Überlegungen zugunsten seiner Freunde eine Rolle gespielt haben, sonst hätte er diese Wahl nicht noch einmal ansteuern dürfen.
Die Uefa -Statuten legten im Übrigen schon seit Langem fest, dass sich keiner nach Vollendung des 70.
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