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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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    Oliver Bierhoff war als langjähriger Nike-Vertrauter ausersehen worden, dem DFB dieses Angebot zu überbringen. Er steckte in der Zwickmühle, denn als Teammanager der Nationalmannschaft kannte er seine Verpflichtung gegenüber Adidas und hielt sie auch ein. Als er 2004 zum DFB gekommen war, hatte er seinen Beratervertrag bei Nike sofort beendet. Trotzdem geriet er unter Beschuss. Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des Adidas-Partners FC Bayern, warf Bierhoff vor, er habe seine Verbindungen zu Nike bewusst eingesetzt und versuche den DFB in seinem Sinne zu beeinflussen – er nannte ihn die »Ich- AG vom Starnberger See«. Doch das meiste, was Bierhoff vorgeworfen wurde, war bei näherer Betrachtung nicht richtig.
    Oliver Bierhoff ist ein etwas anderer Fußballer, als ihn die Fans sonst so kennen. Er hat sportlich in der Bundesliga nie richtig Fuß fassen können, dafür aber umso mehr in der italienischen Serie A. Er war ein Mann des Strafraums mit großen Stärken im Kopfballspiel. Gerade weil er nicht mit allen sportlichen Talenten gesegnet war, hat er aus seinen Anlagen das Optimale gemacht. Oliver Bierhoff ist intelligent, stammt aus einer bildungsorientierten Familie, für die Fußball nicht alles ist. So hat er in allen Bereichen intensiv an sich gearbeitet und ist zu einer kompletten Persönlichkeit gereift.
    Natürlich weiß er um seinen Marktwert, aber soziales Handeln ist ihm nicht fremd. Er macht es nicht öffentlich, wenn er beachtliche Spenden an die Egidius-Braun-Stiftung oder andere soziale Einrichtungen überweist. Er ist davon überzeugt, dass ein solches Verhalten zu seinen Pflichten gehört. Deshalb kann man Oliver Bierhoff nur richtig beurteilen, wenn man ihn kennt. Seine Nähe und Sympathie zu Egidius Braun war offensichtlich, weswegen ich von Anfang an eine besondere Zuneigung zu ihm empfand. Ich erinnere mich gut, als er nach einem Benefizspiel in Freiburg gegen Liechtenstein den Blickkontakt zu Egidius Braun suchte und ihm zuwinkte. Er wusste, wie wichtig ein solches Benefizspiel für Braun und seine sozialen Ziele war, und deshalb signalisierte er dem Präsidenten: »Auch uns hat es Spaß gemacht. Ein solches Spiel ist wichtig für den Fußball.«
    Eine Ich- AG ist er also nicht, das war wieder ein undifferenzierter Querschuss aus München. Er hat seinen Job als Teammanager nicht nur entwickelt, sondern auch richtig verstanden. Es war seine Pflicht, dem Verband das verbindliche Interesse von Nike zu übermitteln, denn er konnte doch nicht einfach ein Angebot über 50 Millionen Euro jährlich unterschlagen. Es war ihm aber auch klar, dass unsere Verbindungen zu Adidas eng und vertrauensvoll waren. Deshalb hat er sich in dem weiteren Prozess auch absolut korrekt verhalten.
    Wir sprachen mit beiden Konzernen. Adidas beharrte auf seinem Standpunkt, der Vertrag sei zustande gekommen, weil der DFB die entsprechende Absichtserklärung am 31. August 2006 verkündet hatte. Nike hielt sein Angebot aufrecht, die Zeitungen spekulierten mal in die eine, mal in die andere Richtung. Die öffentliche Meinung war zunächst deutlich pro Adidas und die Tradition und gegen den reinen Kommerz. Viele hatten die Bilder vor Augen, wie Firmengründer Adi Dassler 1954 den Helden von Bern eigenhändig die Wunderstollen in die Schuhe geschraubt hatte. Wie gesagt, wir hatten eine lange, gemeinsame Geschichte.
    Es hatte zudem auch niemand eine Vorstellung davon, was mit dem vielen Geld passieren sollte. Ich bat unsere Marketingabteilung, eine Umfrage zu starten, in der wir die Fans nach ihrer Meinung fragten, wenn die Nike-Millionen für den Bau von Bolzplätzen verwendet würden. Sofort schlug die öffentliche Meinung um, unter diesen Umständen waren 72 Prozent der Befragten für das Geschäft mit Nike. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass ein gemeinnütziger Verband nicht nur seine Einnahmen veröffentlicht, sondern auch deutlich macht, was er mit dem Geld tut, das er durch den professionellen Fußball einnimmt. Und es ist ja auch richtig, wenn dieses Geld zentral verteilt wird: Ich könnte jedem unserer 26 000 Vereine tausend Euro im Jahr geben, dann wären 26 Millionen weg. Das Geld würde versickern. Da baue ich lieber für 30 Millionen Euro Bolzplätze.
    Letztlich musste ein unabhängiges Schiedsgericht entscheiden, wie es in den Verträgen mit Adidas vereinbart war. In der Argumentation des DFB pro Nike gab es einen schwachen Punkt, nämlich dass auch bei früheren Verhandlungen mit Adidas

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