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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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bemerkenswert. Auch in dieser Hinsicht hatte die WM einen herausragenden Abschluss.

15.
    »Mehr geht beim besten Willen nicht«:
    DFB -Präsident ↵
    Auch die in jeder Hinsicht so erfolgreiche WM brachte keine Ruhe. Noch bevor meine alleinige Präsidentschaft im September 2006 begann, ging der Fußballzirkus wieder von vorne los.
    Als Erstes brach der Schuhkrieg aus. Vor dem Freundschaftsspiel gegen Schweden in Gelsenkirchen im August 2006 suchten Jens Lehmann und Miroslav Klose als Vertreter des Spielerrats ein Gespräch mit mir, obwohl eigentlich Gerhard Mayer-Vorfelder noch fürs Nationalteam verantwortlich war. Es ging um ihre Fußballschuhe. Beim DFB mussten sie Adidas-Schuhe tragen, auch wenn sie möglicherweise einen lukrativen Vertrag mit Nike oder einem anderen Ausrüster hatten. Die Spieler wollten auch im Nationaltrikot in den Schuhen ihres Geschäftspartners spielen. Dabei ging es natürlich um viel Geld, denn die Schuhverträge der Stars sind hoch dotiert.
    Ich hatte für die Wünsche der Spieler in gewisser Weise Verständnis, denn viele Nationalverbände gewährten diese Freiheit, und die großen Klubs ja sowieso. Jens Lehmann wusste, dass er bei mir einen dicken Stein im Brett hatte seit seinem Plädoyer für Joachim Löw. Gleichwohl hatten wir mit Adidas nicht nur gültige Verträge, sondern blickten auch auf eine jahrzehntelange glänzende Zusammenarbeit zurück. Das böse Wort vom Spielerstreik machte schon die Runde, noch vor dem ersten EM -Qualifikationsspiel gegen Irland.
    Horst R. Schmidt, der die Vertragsinhalte am besten kannte, sondierte zunächst bei Adidas, und dort zeigte man Gesprächsbereitschaft. Gerhard Mayer-Vorfelder führte im Umfeld des Irland-Spiels, das auch aus Anlass von MV s Abschied nach Stuttgart vergeben worden war, ein Gespräch mit unseren Marketingleuten und dem Spielerrat, die Verhandlungen mit Adidas wurden von Schmidt und mir geführt. Schließlich stellten wir den Spielern die Schuhwahl frei, verpflichteten sie aber gleichzeitig, auch künftig an Marketingaktionen für unseren Partner Adidas teilzunehmen. Außerdem einigten wir uns mit Adidas darauf, den Vertrag um vier Jahre bis 2014 zu verlängern.
    Das Problem schien gelöst, auch wenn die Spieler auf diese Weise zu ihrem Image als geldgierige Millionäre beigetragen haben. Doch wenn die sportlichen Erfolge da sind, dann vergessen die Fans schnell, und die Spieler sind wieder ihre Helden. Allerdings sollte die Ankündigung, den Adidas-Vertrag zu verlängern, mich einige Monate später einholen.
    Eines Morgens im Februar betrat Oliver Bierhoff, der als langjähriger Nike-Mann bekannt war, mein Büro und legte mir einen großen Briefumschlag auf den Tisch. Darin steckte das Angebot von Adidas-Konkurrent Nike, für 50 Millionen Euro jährlich neuer Ausrüster des DFB zu werden. Mir gingen die Augen über angesichts dieser Summe, denn die Adidas-Vertreter hatten uns in allen Gesprächen immer wieder versichert, dass die von ihnen gezahlten zehn Millionen Euro pro Jahr die absolute Schmerzgrenze seien. »Mit diesem Betrag seid ihr weltweit Tabellenführer«, erklärten sie, »mehr geht beim besten Willen nicht.« Und nun bot uns Nike das Fünffache! Ich kam mir vor wie ein Hauptdarsteller im Film »Ein unmoralisches Angebot«.
    Ich malte mir aus, was man mit diesem Geld alles tun könnte für den »kleinen« Fußball – Vereine unterstützen, Bolzplätze bauen und Bildungsmaßnahmen verstärken. Auf der anderen Seite war Adidas der traditionelle Partner des DFB , in all den Jahren sind persönliche Beziehungen entstanden. Und, noch wichtiger, wir hatten Adidas bereits die Vertragsverlängerung zugesagt, auch wenn der schriftliche Vertrag noch nicht geschlossen war. Aber wir hatten quasi öffentlich unser Wort gegeben.
    Da stand ich nun im Spagat zwischen Kommerz, Tradition und gemeinnützigem Handeln. Die Liga hielt sich vornehm zurück, die Klubs, viele mit Adidas verbandelt, andere mit Nike oder anderen Ausrüstern, warteten erst mal ab. Mehr Geld ist der Liga immer sympathisch, aber es gibt dort viele Freunde von Adidas, auch Persönlichkeiten mit privaten Verträgen. Viele Anrufe haben mich erreicht, allerdings nicht von Franz Beckenbauer und Uwe Seeler, die zwar enge Geschäftsbeziehungen mit Adidas unterhielten, aber wussten, dass sie mir nicht helfen und mich auch nicht in eine bestimmte Richtung drängen konnten.
    Ein etwas anderer Fußballer, dem soziales Handeln nicht fremd ist: Oliver Bierhoff (©Getty

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