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Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Leben der Alice Pendelbury: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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Sprache sprechen, Miss, können wir uns vielleicht einigen. Wir kommen gerade vom Flughafen, und wegen eines dummen Unfalls auf den vereisten Straßen haben wir uns nicht mehr umziehen können.«
    »Misses, nicht Miss«, antwortete die Platzanweiserin. »Und was auch immer die Gründe sein mögen, Sie müssen zwingend einen Smoking und Madame ein Abendkleid tragen.«
    »Aber was kann das schon ausmachen, es ist schließlich dunkel!«
    »Ich mache die Vorschriften nicht, hingegen ist es meine Aufgabe, ihre Einhaltung zu überwachen. Hinter Ihnen warten noch andere Leute, Sir, gehen Sie zur Kasse, da werden Ihnen die Karten zurückerstattet.«
    »Aber jede Regel hat eine Ausnahme, und das trifft sicher auch auf die Ihre zu«, rief Daldry ungeduldig. »Wir sind nur einen Abend hier, und ich bitte Sie, ein Auge zuzudrücken.«
    Die Platzanweiserin musterte Daldry mit einer Miene, die keine Hoffnung zuließ.
    Alice bat ihn, keinen Skandal zu machen. »Kommen Sie, das ist nicht so schlimm. Es war eine wundervolle Idee und eine unglaubliche Überraschung. Lassen Sie uns essen gehen, wir sind müde und hätten vielleicht ohnehin nicht die ganze Oper durchgehalten.«
    Daldry warf der Platzanweiserin einen vernichtenden Blick zu, nahm die Karten wieder an sich und zerriss sie vor ihren Augen, ehe er Alice ins Foyer zog.
    »Ich bin außer mir«, sagte er, während sie die Oper verließen. »Es handelt sich ja schließlich nicht um eine Modenschau, sondern um Musik.«
    »Das ist hier eben Sitte, daran muss man sich halten«, gab Alice zurück, um ihn zu besänftigen.
    »Nun, es ist eine groteske Sitte, das ist alles«, schimpfte Daldry, als sie auf die Straße traten.
    »Merkwürdig«, sagte Alice, »wenn Sie wütend werden, sieht man Ihr Kindergesicht. Sie müssen ein verdammter Dickkopf gewesen sein.«
    »Ich hatte einen guten Charakter und war ein einfaches Kind!«
    »Das glaube ich Ihnen keine Sekunde«, rief Alice und lachte.
    Auf der Suche nach einem Restaurant liefen sie um die Oper herum.
    »Wegen dieser blöden Platzanweiserin verpasse ich Don Giovanni . Ich kann mich gar nicht beruhigen. Der Mann vom Reisebüro hatte unglaubliche Mühe, die Karten zu bekommen.«
    Alice hatte eine kleine Tür bemerkt, durch die Bühnenarbeiter herausgekommen waren. Sie war nicht vollständig geschlossen, und Alice lächelte schelmisch.
    »Wären Sie bereit, eine Nacht auf der Polizeistation zu verbringen, um Ihren Don Giovanni zu hören?«
    »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, für Mozart wäre ich zu allem bereit.«
    »Dann folgen Sie mir, mit etwas Glück kann ich dieses Mal vielleicht Sie überraschen.«
    Alice drückte die angelehnte Tür auf und sagte Daldry, er solle ihr leise folgen. Sie liefen über einen langen, in rötliches Halbdunkel getauchten Gang.
    »Wohin gehen wir?«, flüsterte Daldry.
    »Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Alice leise. »Aber ich glaube, wir befinden uns auf dem richtigen Weg.«
    Alice folgte der Musik, die immer lauter wurde. Sie zeigte Daldry eine Leiter, die zu einem weiteren, noch höher gelegenen Gang führte.
    »Und wenn wir erwischt werden?«, fragte Daldry.
    »Dann sagen wir, wir hätten uns auf dem Weg zur Toilette verlaufen. Und jetzt klettern Sie hinauf und seien Sie still.«
    Alice ging in dem zweiten Gang weiter, Daldry folgte ihr in Richtung des immer deutlicheren Gesangs. Alice hob den Kopf. Über ihnen befand sich eine an Stahlseilen befestigte Brücke.
    »Ist das nicht gefährlich?«, fragte Daldry.
    »Vermutlich schon, wir steigen immer höher, aber sehen Sie runter, ist das nicht wundervoll?«
    Unterhalb der Brücke entdeckte Daldry plötzlich die Bühne.
    Von Don Giovanni sahen sie zwar nichts als den Hut und das Kostüm und auch nicht das gesamte Dekor, dafür aber hatten sie einen unvergleichlichen Blick auf eines der schönsten Opernhäuser der Welt.
    Alice setzte sich und ließ die Beine im Rhythmus der Musik in der Luft baumeln. Verzückt von dem, was sich tief unten abspielte, nahm Daldry neben ihr Platz.
    Später, als Don Giovanni Zerlina und Masetto zum Ball einlud, flüsterte Daldry Alice zu, der erste Akt sei bald vorüber.
    Alice erhob sich lautlos.
    »Wir sollten lieber vor der Pause gehen«, schlug sie vor. »Sonst erwischen uns noch die Bühnenarbeiter, wenn es hell wird.«
    Voll Bedauern machte Daldry sich auf den Weg. So diskret wie möglich gingen sie zurück, trafen unterwegs einen Beleuchter, der ihnen jedoch keine weitere Beachtung schenkte, und verließen die

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