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Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
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ich aus dem Fenster, setzte über die Hecke und lief hinaus in die Nacht.

Kapitel 20
    Sonntag, 22. Februar
    Abnehmender Mond
    I ch hatte tief und fest geschlafen und war erst spät aufgewacht. In einem seltsamen und erschreckenden Traum war ich heulend über die Dächer der Stadt gelaufen und in ein Haus eingebrochen, um ein Mädchen zu überfallen, das ich kannte. Ich seufzte und fühlte eine große Erleichterung: Es war vorbei.
    Dann fiel mein Blick auf die Kleider, die am Fuß des Bettes auf einem Haufen lagen, zusammen mit meiner Tasche und einer Stiefelette mit abgebrochenem Absatz, und mir wurde schlagartig klar, dass ich keineswegs nur geträumt hatte.
    Eine unbeschreibliche Angst stieg in mir hoch. Was hatte ich getan? Ich hatte Giada in ihrem Haus angegriffen, mit meinen eigenen Händen, genau wie die wilde Bestie aus dem Buch! … Ich presste die Bettdecke zwischen den Fäusten zusammen.
    Nein, nein, Veronica, beruhige dich. Es stimmt, du hast eine absurde Dummheit gemacht, und du musst dafür sorgen, dass so was nie, wirklich nie wieder vorkommt, aber im Grunde ist ja nichts Schlimmes passiert. Du hast Giada nicht verletzt, sie hat höchstens ein paar blaue Flecke abbekommen. Und den schlimmsten Schreck ihres Lebens.
    Gut, und wenn sie es ihren Eltern erzählte? Immerhin waren sie ja praktisch dabei gewesen, gleich hinter der Badezimmertür …
    Ich setzte mich auf. Nein, Giada würde den Mund halten. Ich hatte sie zu sehr erschreckt – ihr gedroht, wiederzukommen und ihr wer weiß was anzutun, wenn sie reden würde. Und selbst wenn, wer würde ihr glauben? Wenn sie erzählen würde, was sich abgespielt hat, würde man sie für verrückt halten, sonst nichts. Wenn ich es mir recht überlegte, hatte ich nichts zu befürchten.
    Abgesehen von der Tatsache, dass ich eine Mitschülerin angefallen hatte, mit der eindeutigen Absicht, sie zu Tode zu erschrecken.
    Wie es ihr jetzt wohl ging? Konnte man sich von einem solchen Trauma wieder erholen? Ich glaubte ja, aber wenn sie unvernünftig genug war und ihren Mund nicht hielt, dann würde man sie im besten Falle in eine psychiatrische Klinik einweisen. Und das wäre meine Schuld.
    Ich presste die Lippen zusammen. Na und? Sie hatte es doch verdient, oder? Sie verdiente sogar noch Schlimmeres!
    Ich riss mir die Decke vom Leib, sprang aus dem Bett und fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen. Sie hatten mich unter Drogen gesetzt – einfach so zum Spaß! Sie und ihre Freundinnen hatten zugesehen, wie ich mich vor Alex und allen anderen lächerlich gemacht hatte, und dann haben sie mich ganz alleine hinaus in die Nacht laufen lassen. Wer weiß, wie sehr sie ihren Triumph genossen haben, Angela und ihr Clan! Wer weiß, wie stolz Giada war, als sie mir mit einem Lächeln ein Glas Rauschmittel serviert hat, begleitet vom zustimmenden Blick ihrer drei Prinzessinnen.
    Ich blieb abrupt stehen, die Augen ins Leere gerichtet. Es war alles ihre Schuld. Ich war weinend weggelaufen, eine Droge im Blut, durch die ich oben nicht mehr von unten unterscheiden konnte. Ich war direkt in den Schlund des Wolfes gerannt! Und das war ihre Schuld! Alles was jetzt mit mir geschah, war allein ihre Schuld. Und sie hatten es nur getan, um sich einen Spaß zu machen.
    Ich ging ins Badezimmer, machte das Licht an und sah in den Spiegel: Meine Haare waren noch strubbeliger als sonst, und ich war schlafen gegangen, ohne mich abzuschminken. Was ich sah, gefiel mir ganz und gar nicht. Aber da war noch was. Oder besser, da war etwas nicht : Spuren von Müdigkeit, Ringe unter den Augen. Sie waren nicht einmal ein bisschen gerötet. Meine Haut war glatt und rein und sah gesünder aus als je zuvor, und meine ungewöhnlich klaren Augen leuchteten wie Kristalle.
    Es ging mir gut; ich fühlte mich gut. Ich fühlte mich stärker denn je.
    Ich umklammerte den Rand des Waschbeckens und spürte die harte, kalte Keramik unter den Fingern.
    Ich würde sie fertigmachen! Alle drei, eine nach der anderen. Sie hatten damit gespielt, den Wolf zu befreien? Jetzt würde der Wolf ihnen nachstellen. Veronica, die leichte Beute, haben sie gedacht: das schüchterne und einsame Mädchen, das keine Freunde hat, das die Toughe spielt, um stärker zu erscheinen, auch wenn es ihr keiner abnimmt. Aber Veronica hat aufgehört, eine leichte Beute zu sein. Rotkäppchen ist in den Wald gegangen, und der Wolf hat es gefressen.
    Ich sah mir in die Augen: Veronica, der Werwolf. Es ist Zeit für die Jagd.
    Als ich zurück in mein Zimmer

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