Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
Vom Netzwerk:
in der Hose und dem T-Shirt vom Vortag. Der Himmel hatte sich nach Sonnenuntergang deutlich aufgeklart und jetzt brach hier und da das Licht der Sterne durch das dunkle Schwarz. Schon von Weitem konnte ich sehen, dass im Haus des Conte diesmal alle Fenster geschlossen waren. Ich schüttelte den Kopf: Konnte es sein, dass Regina meine Ankunft diesmal nicht vorausgesehen hatte? Oder war der Conte vielleicht nicht zu Hause …
    Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die Luft rein war, landete ich auf der Straße und wandte mich dem Eingangstor des Hauses zu.
    Ich registrierte die Anwesenheit eines Menschen, noch bevor ich ihn sehen konnte: eine zarte Wolke aus Tabak, Staub und alten, aber sauberen Kleidern.
    Aus der Dunkelheit des Hausflurs tauchte der Conte auf: Er trug seinen dunklen Mantel und einen breitkrempigen Hut, der schrecklich aus der Mode war. Ich riss erstaunt die Augen auf, angesichts der Aura, die ihn umgab: Es war nicht das leuchtende Orange, das ich von den anderen Menschen kannte, die mir begegnet waren, sondern eher einer Art riesiger, wogender Schatten, ein rauchiger Mantel, der in der Luft flatterte wie eine Fahne im Wind, fast als würde er sich von dem Körper loszureißen wollen, der ihn hervorbrachte. Um Kopf und Schultern sprühten Funken, die sich aber sofort im Schatten auflösten und flammenfarbene Streifen hinterließen.
    Der Conte war weder überrascht, mich zu sehen, noch schien er zu bemerken, dass ich ihn völlig perplex anstarrte. »Guten Abend, Veronica. Wie geht es dir?«
    Ich schüttelte mich. »Gut, gut … danke. Und Ihnen?«
    »Ich kann nicht klagen.«
    »Was tun Sie hier draußen?«
    Der Conte zog seine Hutkrempe zurecht. »Ich wollte gerade einen Spaziergang machen. Es ist ein angenehmer Abend, um frische Luft zu schnappen. Hast du Lust, mir Gesellschaft zu leisten?«
    Ich nickte. Dann schwiegen wir eine Weile.
    »Wieso …«, begann ich schließlich, »… wieso ist Ihr Licht so anders?«
    Er hob eine Augenbraue. »Mein Licht?«
    »Die Aura, die Ihr Körper verströmt. Alle haben eine, ich kann sie sehen. Aber die Ihre unterscheidet sich von den anderen.«
    Der Conte deutete ein Lächeln an. »Muss ich daraus schließen, dass du heute Abend über mich sprechen möchtest?«
    »Ich habe ein paar Nachforschungen angestellt«, gestand ich, und erzählte ihm, was ich gelesen hatte.
    Er nickte zustimmend. »Ein sehr besonderes Jahrhundert, das achtzehnte. Ein Jahrhundert der großen Veränderungen und großen Möglichkeiten, aber auch der großen Schrecken und der furchtbaren, furchtbaren Irrtümer. Ein Jahrhundert, das den Menschen zum allerersten Mal Fähigkeiten einbrachte, mit denen sie sich auf üblere Weise schaden konnten als je zuvor.«
    Ich wunderte mich über die Heftigkeit seiner Worte und die Betroffenheit in seiner sonst so ruhigen Stimme, aber das Gefühl einer unmittelbaren Bedrohung lenkte mich von einer Erwiderung ab. Ich drehte mich auf dem Absatz um und sah sie sofort: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite glitten im dunklen Schatten eines Säulengangs lautlos zwei Unterirdische hinter uns her. Unwillkürlich entfuhr mir ein Knurren, aber ich brachte es sofort zum Verstummen.
    Der Conte folgte meinem Blick. »Das ist nichts Ungewöhnliches, mach dir keine Sorgen. Es ist unsere Gegenwart, die sie anzieht. Wahrscheinlich sind sie nur neugierig. Sie werden nicht näher kommen.«
    Ich starrte sie weiterhin an, nervös und wenig überzeugt von seinen Worten, aber der Conte lud mich mit einem Nicken ein, den Spaziergang wieder aufzunehmen. »Wir sind zu zweit, und sie erkennen uns als das, was wir sind. Selbst wenn sie auf Kriegsfuß mit uns stünden, müssten sie sehr viel zahlreicher sein oder sehr viel verzweifelter, um einen Angriff zu wagen.« Als er sah, dass ich weiterging, mich dabei aber immer wieder umsah, fügte er hinzu: »Wie oft sind sie dir begegnet, in letzter Zeit?«
    Ich dachte darüber nach und musste feststellen, dass es Tage her war, abgesehen von den beiden, die ich von dem Bettler ferngehalten hatte.
    »Und welche Erklärung hast du dafür?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«
    »Sie merken, dass deine Kraft wächst. Sie wollen dir lieber nicht über den Weg laufen. Nach Neumond, in drei Nächten also, wenn mit der nächsten Mondphase der Mond wieder zunimmt, werden auch deine Kräfte weiter zunehmen. Und dann werden dich Kreaturen wie die Unterirdischen nicht mehr interessieren.«
    Ich weiß nicht, ob mich das beruhigte oder eher

Weitere Kostenlose Bücher