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Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
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verschiedener Quellen bedienen«, antwortete der Conte, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Mich etwas durch die Stadt bewegen. Viele … Leute befragen.«
    Ich hob die Augen von meinem Gebäckstück. Die Toten. Wie hatte ich das vergessen können. Die Seelen der Toten waren seine Informationsquelle.
    Sie waren überall um uns herum, stumm, unsichtbar, und sie beobachteten uns, Tag für Tag, unbeschadet von der Vergänglichkeit, alt wie die Türme und die Mauern der Stadt. Ich hatte das Gefühl, mir würde eine eiskalte Hand über die Wirbelsäule streichen.
    »Und?«, fragte ich mit wackeliger Stimme.
    Der Conte nahm einen Schluck Tee. »Es ist mir nicht gelungen, die ganze Geschichte dieser Sekte zu rekonstruieren: Ich kann dir nicht sagen, ob sie wirklich seit der Römerzeit in ununterbrochener Folge existieren, oder ob sie sich erst in späteren Zeiten konstituiert – beziehungsweise rekonstituiert – haben. Sicher ist, dass sie die antiken Rituale kennen, und dass sie in der heutigen Form mindestens seit dem neunzehnten Jahrhundert aktiv sind. Die Mission wird vom Vater auf den Sohn übertragen, und sie bleibt immer innerhalb einer Familie.«
    »Und was genau ist ihre … Mission?« Ich schluckte. »Werwölfe töten?«
    »Auch das. Den Wolf zu bändigen ist sicherlich ihr primäres Ziel, wie es das ihrer römischen Vorfahren war. Aber da ist noch mehr. Der Wolf ist nicht die einzige Kraft, die die Menschen bedroht, weder heute noch in der Vergangenheit, deshalb kämpfen diese ›modernen Luperci‹ an mehreren Fronten. Wahrscheinlich sehen sie sich als die Verteidiger der Menschheit gegen Angriffe von äußeren Kräften.«
    Ich presste die Lippen zusammen. »Heißt das, sie sind … so was wie Monsterjäger?«
    Diesmal deutete der Conte ein Lächeln an. »Wenn du es so ausdrücken willst.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist ja schlimmer als im Comic oder im Film.«
    Der Conte wurde sofort wieder ernst. »Viel schlimmer. Im Comic oder im Film kann dir nichts Schlimmes passieren.«
    Ich legte den Keks aus der Hand. »Sie werden es wieder versuchen, nicht wahr?«
    »Ohne jeden Zweifel.«
    Ich stand auf und ging zum Fenster. Da draußen lag Mailand, eine Ansammlung von Häusern, fast gewaltsam unterbrochen von dem Ensemble der Domtürme, die aussahen wie versteinerte Baumstämme, Bäume in der Farbe der Wolken.
    »Aber warum sind sie ausgerechnet hier, in dieser Stadt?«, fragte ich fast flüsternd. »Sind sie meinetwegen gekommen?«
    »Nein. Sie sind schon seit langer Zeit hier. Tatsächlich gibt es sie, soweit ich das verstanden habe, an vielen verschiedenen Orten. Überall, wo sich unsichtbare und potenziell gefährliche Kräfte konzentrieren.«
    »Und Mailand ist einer dieser Orte?«
    »Den Grund dafür habe ich dir schon genannt.«
    Ich holte tief Luft. »Wenn diese Leute also schon so lange hier sind, wieso hat dann jemand wie Sie nicht schon vorher von ihnen gehört?«
    »Weil die Welt derer, die an der Grenze zwischen Menschlichem und Nicht-Menschlichem leben, eine Welt von einsamen Jägern ist. Weil der, der die Realität hinter den Dingen gesehen hat, weiß, wie viele Gefahren auf der Straße der Macht lauern. Deshalb verbirgt man sich, nicht nur vor den Menschen, sondern auch vor den anderen Zwischenwesen: Denn wenn einer wie ich von der Existenz der Luperci gewusst hätte, hätte er dieses Wissen zu seinem persönlichen Vorteil an ihre Feinde verkaufen können. Und dasselbe hätten die Luperci mit meinen eigenen Feinden machen können.« Er erhob sich und kam zu mir ans Fenster. »Dies ist auch der Grund, warum ich in regelmäßigen Abständen meinen Wohnort wechsle, nicht nur, damit die Nachbarn nicht merken, dass ich einfach nicht älter werde.«
    »Aber wäre es denn dann nicht einfacher für Sie, wenn Sie an irgendeinen fernen Ort ziehen würden, wo es keine ›Jäger‹ gibt, oder andere Leute, die Ihnen schaden könnten?«
    Der Conte schüttelte den Kopf. »Ich werde Mailand nie verlassen. Diese Stadt ist die Quelle meines Lebens, der Kern meiner Existenz: Aus freier Entscheidung bin ich für immer an die Kraft seines Medhelan gebunden, wie ein winziger Zweig an den Stamm einer tausendjährigen Eiche. Und das ist keine Kraft, gegen die man kämpfen könnte.«
    Ich wandte mich abrupt zu ihm um. »Ist es nicht möglich, diese Kraft gegen die Luperci zu verwenden? Wäre es nicht möglich …« Ich suchte nach Worten, die er vielleicht selbst benutzt hätte. »Wäre es nicht möglich, den

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