Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
stellte.
In ihrem Jugendfreund, für den sie unverhohlene Gefühle hegte, hatte sich hingegen vieles verändert, seit sein Vater getötet worden und er so unerwartet in eine solch verantwortungsvolle Stellung gelangt war. Unter anderem war sein Bemühen um Panca von diesem Zeitpunkt an deutlich abgekühlt. Dies lag wohl weniger an deren Person selbst, sondern vor allem daran, dass er sich von der anhaltenden Trauer über den erlittenen Verlust niemals gänzlich freimachen konnte und er außerdem von den Pflichten, die einem Stammesoberhaupt zukamen, vollends ausgefüllt war. So pflegten die beiden nunmehr nicht mehr als eine freundschaftliche Bande, worunter die junge Befehlsgeberin unverkennbar litt und sich sichtlich nicht damit abfinden mochte, denn sehr oft suchte sie die Nähe und das Gespräch mit dem Anführer ihres Stammes.
Die einzige Person, mit welcher Bullwai außerdem zuweilen längere Gespräche führte und die ihn des Öfteren sogar zu Heiterkeit bringen konnte, war Ogrey. Ogrey hatte sich damals, als der jetzige Häuptling noch ein Kind gewesen war, regelmäßig in der Nähe seines Freundes Loktai aufgehalten, und schon in diesen Tagen hatte sich der junge Sohn des Stammesführers blendend mit ihm verstanden. Oftmals hatten sie viel gemeinsame Zeit verbracht, und Bullwai hatte ihn zutiefst mögen und schätzen gelernt. Später in seinen jungen Erwachsenenjahren hatte sich dies gefestigt und noch zusätzlich gesteigert, und nicht selten zog er in Dingen, über die er nicht einmal mit seinem Vater reden wollte, den erfahrenen Ork ins Vertrauen und fand daraufhin immerzu Aufmerksamkeit, Vertraulichkeit und guten Rat.
Mittlerweile traten die Sehnen an Ogreys noch immer kräftigen Armen allzu deutlich hervor, sein Gesicht war im Laufe der Zeit unübersehbar faltenreicher geworden, und auf seinem Schädel wuchsen kaum noch Haare, sodass sich seine wachsamen und intelligenten Augen noch leuchtender und stechender als früher abzeichneten. Zu seinen wesentlichsten Eigenschaften zählten sein sprichwörtlicher Gleichmut und seine Ironie, welche sich zuweilen bis hin zu trockenem Sarkasmus steigerte. Niemand konnte sich erinnern, dass er jemals aus der Fassung geraten war, und es gab kaum einen einzigen Ashtrog, der von ihm nicht schon bei irgendeiner Gelegenheit aufs Korn genommen oder gar mit süffisantem Spott bedacht worden war. Er schien es wahrlich lieben, andere zu provozieren und ihre kleinen Unzulänglichkeiten, von denen ihm offenkundig keine einzige verborgen blieb, in Worte zu fassen. Gleichwohl waren seine Reden niemals wirklich verletzend und stets mit trefflichem Humor gewürzt, sodass er spätestens, da er ein vorgerücktes Alter erreicht hatte, eine weitestgehende Narrenfreiheit in diesen Dingen genoss.
Der nächstälteste der Befehlsgeber war Uchnoth, der in einiger Hinsicht Besonderheiten aufwies. Vor allen Dingen war er kein gebürtiger Ashtrog, sondern einstmals ein Angehörigerder Takskalls gewesen. Innerhalb jenes Stammes waren, in Anschluss an den Tod von dessen Häuptling Boroth drei Jahre zuvor, große Unruhen ausgebrochen, in deren Verlauf er sich weder für die eine noch für die andere der widerstreitenden Seiten entscheiden konnte. Da er zudem, trotz seines kriegerischen, aggressiv anmutenden Wesens, von seinem Naturell her eine intakte Gemeinschaft, in der er sich geborgen und beheimatet fühlte, mehr als alles andere brauchte und ersehnte, hatte er sich schließlich notgedrungen dazu durchgerungen, sich von seinem Clan zu trennen.
Die Orks Dantar-Mars empfanden trotz der vielen Fehden, die mitunter bis hin zu blutigen Kämpfen um Vorherrschaft und Nahrung führen konnten, stets Respekt und Wertschätzung gegenüber den zahlreichen anderen Stämmen, die auf ihrem Kontinent beheimatet waren. Dementsprechend hatten sie auch für deren Nöte immer ein offenes Ohr und boten unter anderem die Möglichkeit, Angehörige anderer Clans in den eigenen aufzunehmen, wenn dies denn deren ausdrücklichem Wunsch entsprang und besondere Gründe dafür sprachen. Als nunmehr Uchnoth seinerzeit um Aufnahme bat, hatte er vor allem den Vorteil auf seiner Seite, dass er innerhalb seines alten Stammes bereits die Position des Befehlsgebers bekleidet hatte. Da eine solche Ehre innerhalb eines namhaften, höchst kämpferischen Clans wie den Takskalls nicht gerade jedermann zuteil wurde, war gewiss, dass man ihn in Sachen Jagd und Verteidigung sehr gut gebrauchen konnte. Zudem war er Loktai und dessen
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