Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
der unser Augenmerk gelten muss, denn die Gegenwart ist nur ein Atemhauch und wird jeden Augenblick von neuem zur Vergangenheit, die niemand, nicht einmal Gord, mehr ändern kann. Darum sollten wir sehr wohl lernen und Weisheit schöpfen aus ihr, nicht aber unsere Gefühle und Gedanken von ihr leiten lassen. Dafür gibt es zuviel Leben und Schönheit in Nordamar und in anderen Ländern und Gebieten, und diese haben es nicht verdient, dass wir sie weniger ehren als diejenigen unserer Lieben, die schon gegangen sind und wahrscheinlich glücklich auf uns herabsehen zu dieser Stunde.“
„Deine Worte sind gut gemeint, doch bist es nicht du, dessen Hände mit Blut verschmiert sind und der allen, die ihm von Bedeutung waren und ihm als ihrem Freund blind vertrauten, nichts als Tod und Leid gebracht hat. Solch eine Bürde kann nicht einmal dann erleichtert werden, wenn tausende Jahre vergangen sind.“
„Ich würde Euch nicht widersprechen wollen, wenn ich nicht der ehrlichen Überzeugung wäre, dass Ihr ein durchweg redliches Wesen wärt und es andere sind als Ihr selbst, gegen die sich Eure Wut richten sollte. Habt Ihr vergessen, wie undankbar sich Euer Volk gegenüber Euren großartigen Werken und Errungenschaften zeigte und wie übel sogar es Euch und Eurem Bruder mitspielte letztendlich? Und hat Turgin, der Eurer Kraft niemals gewachsen war, etwa Gewissensbisse verspürt, als er Euch die geliebte Partnerin nahm?
Nein, Meister, wenn jemand ein schlimmes Schicksal verdient, dann fangt nicht bei Euch zu suchen an, sondern seht hinaus in die Welt, wo Lügen und Falschheit sich wie eine Krankheit ausgebreitet haben, sei es bei Elben, Zwergen oder den Menschen, die von allen die schlimmsten sind! Wart es nicht Ihr, der, als der Kontinent noch jung für Euer Volk war, als einziger die Freundschaft und damit den Frieden mit allen anderen Lebewesen suchtet? Wart es nicht Ihrallein, der selbst von Ogern, Zwergen und Orks ob Eures Großmutes in hohem Maße geachtet wurde?“
Der Schamane machte eine kurze Pause und erkannte, dass sein Gesprächspartner seine gebeugte, leidend anmutende Körperhaltung zwar nicht verändert hatte, ihm jedoch zweifellos aufmerksam zuhörte. Als er dann fortfuhr, wurde seine Stimme eindringlicher und hatte einen geheimnisvollen Unterton. „Ich erzählte Euch von meiner Suche nach einer Vervollkommnung meiner Magie und davon, dass ich letztlich das Glück hatte, einem unvergleichlichen Lehrer zu begegnen. Dieser unterrichtete mich in Künsten, von denen selbst die Größten nicht einmal zu träumen wagen, und gab mir außerdem Macht über eine Armee, welche Nordamar mit einer neuen Ordnung versehen wird! Die Tage, in denen es keine Moral und Freundschaft und Einigkeit zwischen den einzelnen Völkern gab und das alte Wissen um die Zauberei verblasste, sind gezählt, nichts kann daran mehr geändert werden! Vor meinen Augen sehe ich eine herrliche Zukunft, in der Meere von Blumen und Bäumen unter hell strahlenden Himmeln entstehen und von unzähligen glückseligen Geschöpfen besiedelt werden, die sich allesamt die Hände reichen, singen und tanzen und nicht einmal mehr wissen, dass es einst so etwas wie Schwerter und Schilde gab! Ich will in jener Welt nicht mehr als einer von vielen sein, die mit ihren Kräften die Aufgabe haben, über das Bewahrenswerte still zu wachen, doch Ihr, Meister, könntet ein König unter Elben und allen anderen Völkern sein, die wie selbstverständlich zusammenleben werden, denn niemand ist da, der auch nur annähernd so wie Ihr den Respekt von jedermann entfachen würde!“
Plötzlich fuhr Furior hoch, sodass Zarr Mudah überrascht zurückzuckte und sich mit den Händen am Boden abstützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der Elb, der die ganze Zeit über von Gram und innerer Düsternis gebrochen wirkte und sich vor Schwäche scheinbar kaum noch aufrecht zu halten vermochte, stand nun kerzengerade da und blickte seinen einstigen Schüler mit geweiteten Augen, aus denen unbarmherziger Ernst hervorstach, an.
„Unglückseliger!“, sagte er mit bebender Stimme. „Nun verstehe ich das Spiel, das dir vorschwebt! Bei dem Meister, der dich unterrichtet hat und dir die Macht verhieß, die dir so wertvoll zu sein scheint, handelt es sich mitnichten um ein Wesen dieser Welt! Du hast deine Seele an Tuor, den Zweiten, verkauft, und dich zum willfährigen Knecht seiner boshaften Ränke gemacht! Ist es nicht so, Ork?“
Zarr Mudah erhob sich. Das
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