Die Zwei Schwerter, Band 3: Der Marsch der Zwerge (German Edition)

auf Dauer zu widerstehen vermochte. Ebenso waren auch die umliegenden, von bitterer Kälte gemarterten Felder verflucht und in ihrer Seele erkrankt. Der ganze Ort war unübersehbar unheilbringend, vom Bösen durchsetzt und geschwängert von dem schrecklichen Brodem des Herrn Utgorths und dem erbarmungswürdigen Hass der geringeren Kreaturen, die hier wohnten und die sich nach nichts mehr als nach ihrem eigenen Tod und ihrer Erlösung sehnten.
    Obgleich die Abendstunden noch fern waren, hing doch eine Düsternis vor dem Horizont, der zudem von einer Mehrzahl trauriger Nebel verhüllt wurde. Kein einziger heller Strahl Sonnenlicht streichelte und erfreute den eiskalten Grund an diesem Tag, und der Himmel war zu keinem Zeitpunkt blau, sondern aschgrau wie das Dach einer unbehaglichen Höhle.
    Zarr Mudahs Bewusstsein senkte sich an dieser Stelle nieder, bis es bald oberhalb der Erdoberfläche angelangte und zu verharren begann. Und kaum hatte seine astrale Gestalt vor den Toren von Utgorth, dem Höllenschlund, als räudiger Diener zu kauern begonnen, da wirbelte der dichte, allgegenwärtige Nebelvorhang auf und wogte und schäumte, so als ob plötzlich aufziehende Winde an ihm zerrten. Tatsächlich waren die dunstigen Schwaden bemüht, in bedeutender Höhe ein enormes, weit überproportionales Antlitz zu formen. Eine Fratze, wolkig und undeutlich in ihren Konturen und nichtsdestotrotz furchterregender als alles andere, das man in Munda gewahren konnte, wurde wie mit eisigen Krallen in die blassen, diesigen Lüfte geritzt. Ein mit langen Hauern besetzter Schlund, an das Maul eines Vancors erinnernd, öffnete sich unter rotglühenden Augenhöhlen und spie eine Stimme aus, die so dumpf, erstickt und widerhallend klang, dass sie unmittelbar aus dem tiefsten Innern der Erde, aus einer längst verblichenen Zeit oder aber aus einer ebenso fernen wie grässlichen Welt zu kommen schien.
    „Es ist soweit, mein gelehriger Schüler, das Warten hat ein Ende gefunden! Schar um Schar meiner Diener werden sich von nun an nach Süden wälzen und den Geschöpfen, die Aldu erschuf, den lang ersehnten Krieg bringen! Nichts wird unseren Armeen zu widerstehen vermögen, denn es gibt keine Macht in dieser Welt, die es mit unserer Magie und unserer Stärke aufzunehmen vermag! Dieser Winter wird den Untergang bringen für diejenige Ordnung, die zu lange schon Bestand hatte, und es wird keinen Frühling und kein Morgen, der darauf folgt, mehr geben für Mensch oder Elb oder Zwerg! Doch vor dem Ende unserer Feinde, das kommen wird, will ich mich ergötzen an ihrer Verzweiflung, will zusehen, wie sich ihre Augen weiten zu Seen der Angst, aus denen man in langen Zügen trinken kann! Und nach alledem, wenn der Schlachtenlärm verklungen ist und ich hernieder zu schauen gedenke auf das, was man einst Arthilien nannte, will ich nichts weiter mehr sehen als ein weites, ewiges Meer, in dem es wimmelt von Fischen und Würmern und ähnlichen geringen Kreaturen, die hilflos unserer Gnade ausgesetzt sind!“
    Der Zerk-Gur verneigte sein Haupt, dessen wahrhaftige, leibliche Entsprechung sich weit entfernt von diesem Ort befand, zu einer demütigen Geste. Im gleichen Augenblick begann eine misstönende Symphonie klirrender, kreischender und grollender Geräusche zu erklingen, und aus dem unsäglichen, großen Krater strömte eine dunkle Flut hervor, die sich, aus der Nähe betrachtet, als schier unendliche Anzahl an schwarzen, stark gerüsteten Soldaten erwies. Auf jeden Crefilim folgten zwei Dutzend Ghuls, und dazwischen schritten, schnaubend und furchtlos, bisweilen Werwölfe, von denen alle anderen Krieger respektvoll Abstand hielten. Nach einer Weile stieg zudem ein Schwall schwarzer Punkte zum Himmel empor, und es handelte sich dabei um Harpyien, große, geierähnliche, geflügelte Wesen mit scharfen Krallen und langen, spitzen Schnäbeln, die einem ohne Schwierigkeiten das Fleisch von den Knochen reißen konnten.
    Von irgendwoher viel weiter südlich, wo sich hinter vielen Meilen Land die nördlichen Ausläufer des Milmondo Mirnors erstreckten, ertönte sogleich darauf ein langer Schrei wie ein befehlender Ruf, ausgestoßen von einer markerschütternden Stimme, wie sie seit Gedenken nur einem Drachen zueigen war.
    Schließlich verblasste die abscheuliche Fratze und zerfloss wieder zu dem kalten und feuchten Nebel, dessen Tuor sich zeitweilig bedient hatte. Es gab nichts, was es zu seinen Helfershelfern noch zu sagen gab, denn der Sturm wider die freien