Die Zweierbeziehung
durchläuft dabei verschiedene Phasen, die ich bezeichnen möchte als «Phase der stabilen Paarbildung», als «Aufbau- und Produktionsphase», «Krise der mittleren Jahre» und als «Altersehe». Jede dieser Phasen hat eine andere Gestalt der Ehe bezüglich Intensität, Intimität und Motivation. Jede Phase hat ihre eigenen Probleme und Konflikte. Die Umstellung von der Beziehungsform der einen Phase in diejenige der nächstfolgenden Phase erzeugt Angst und erfordert von den Partnern ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassung.
3.1. Die Phase der Stabilisierung der Paarbildung
Nach E RIKSON (1956/57) geht es dem Jugendlichen in einer vieljährigen Phase des Probierens darum, sich die persönlichen und sexuellen Fähigkeiten für ein enges und stabiles Zusammenleben zu erwerben. In dieser Phase werden die Partner häufig gewechselt. Der Partner wird oft noch wenig als Person mit eigener, autonomer Aktivität wahrgenommen und wenig um seiner selbst willen geliebt. Man will sich selbst und eventuell andern beweisen, dass man in der Lage ist, einen Partner zu erobern, durch dessen Qualitäten das eigene Selbstwertgefühl gehoben wird. Der Partner dient einem, besonders wenn er durch irgendwelche Attribute attraktiv ist, als Präsentier- und Schmuckstück. Man erwirbt sich durch ihn Bewunderung und Prestige. Die Partnerbeziehungen von Jugendlichen sind noch stark narzisstisch, inkonstant, schwärmerisch und selbstbezogen, was in dieser Phase der
Identitätssuche
natürlich ist. Im Probieren findet der Jugendliche seine eigenen Beziehungsmöglichkeiten und erfährt deren Grenzen. Er erwirbt ein Gefühl eigenen Wertes und lernt an den Reaktionen des Partners, sich in seinen Qualitäten richtig einzustufen. Allmählich verlieren diese Eroberungen das Spielerische. Die Entwicklung fordert dem jungen Menschen Entscheidungen ab, die mit wachsender Beschleunigung zu immer endgültigeren Selbstdefinitionen, zu irreversiblen Rollen werden und so zu Festlegungen für das Leben führen. Der junge Erwachsene gewinnt das sichere Gefühl innerer und sozialer Kontinuität, der Eigenart, wie er sich selbst wahrnimmt und wie er von der Gemeinschaft gesehen wird. Für die Identitätsbildung des jungen Menschen ist es nach E RIKSON wesentlich, dass er sich beantwortet fühlt, dass ihm die Gemeinschaft Funktion und Stand zuerkennt als einer Person, deren allmähliches Wachsen Sinn hat. Dem Adoleszenten wird es ein zunehmendes Bedürfnis, sich bis in die intimsten Seiten seiner Persönlichkeit von
einem
Partner beantwortet, erkannt und in seiner Identität bestätigt zu fühlen und gleichzeitig einen Partner in dessen Identität zu erfahren und zu bestätigen.
Die Identität bildet sich aus den Identifikationen der Kindheit und Jugend als einem übergeordneten, einzigartigen und einigermaßen zusammenhängenden Ganzen. Wie jede Gestalt gewinnt sie Profil durch Abgrenzung von Positiv zu Negativ, von Figur zu Hintergrund. Die Identität als Entscheidung für eine Lebensmöglichkeit bedingt den Ausschluss von anderen Möglichkeiten. Das trifft für den Beruf zu wie auch für die Partnerwahl. Wenn man sich zu einer dauerhaften Paarbeziehung entschließt, legt man sich auf eine bestimmte Art von Partnerbeziehung fest unter Verzicht auf andere Beziehungsmöglichkeiten. Die Entscheidung für einen bestimmten Partner wird so zur Entscheidung gegen andere mögliche Partner und kann wegen dieser Ausschließlichkeit schwierig sein. E RIKSON meint, dass ein junger Mensch nicht weiß, was für einen Partner er wählen soll, bevor er nicht bestimmte grundlegende Entscheidungen über sich selbst getroffen hat.
Wenn man sich auf einen Partner festlegt, sucht man jetzt nicht mehr nur eine vorübergehende Befriedigung oder Bestätigung, sondern will mit einem Partner zusammen seine Lebensgeschichte gestalten. Man will mit ihm zusammen das Leben als reale Aufgabe annehmen, sich für einen gemeinsamen Weg engagieren und sich so als Paar realisieren. Die Partner wollen miteinander ein eigenes Heim aufbauen, eine Familie gründen und einen eigenen Lebensstil finden. Diese zukünftigen Aufgaben verleihen der Paarbildung den Ernst, der in einem angemessenen Verhältnis zu den zu erwartenden Schwierigkeiten steht.
Die Paarbildung hat nicht nur Ausschließlichkeitscharakter Ausschließlichkeit der Paarbildung gegenüber anderen möglichen Partnern, sondern ebenso gegenüber der Herkunftsfamilie. Das Leben des Adoleszenten im Elternhaus ist in dieser Phase
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