Die Zweierbeziehung
(vorübergehende) Liebesbeziehungen bezeichnet werden. Hier wird der Partner bereits teilweise als eigenständiges Wesen wahrgenommen. Da vor allem die schizoiden Narzissten geradezu eine überentwickelte Befähigung haben, sich in andere einzufühlen, sodass sie immer in Gefahr stehen, sich in anderen zu verlieren, können sie sich passager in eine Liebesbeziehung ganz eingeben und dem Partner sehr nahe kommen. Sie spüren rasch, wie der Partner erobert werden kann.
Sexuell sind Narzissten nicht einfach rücksichtslos, sondern im Gegenteil: Oft liegt ihnen viel daran, dass der Partner ebenfalls zur sexuellen Befriedigung gelangt. Es geht ihnen aber dabei nicht so sehr um den Partner als vielmehr um den Selbstwertzuwachs, den sie verspüren, wenn sie einen Partner zum Höhepunkt zu bringen vermögen. Sie möchten von ihren Partnern hören, als so aufregend und erfüllend wie mit ihnen hätten sie Sexualbeziehungen noch gar nicht erlebt. Sie seien ganz einmalige Liebhaber. Wenn es beim Partner sexuell nicht klappt, fühlen sie sich persönlich gekränkt und reagieren rasch ungehalten und ungeduldig.
Die Beziehung wird oft aufgelöst, sobald der Partner erobert ist. Oft reihen sich solche Erfahrungen aneinander. Man spricht dann von Don-Juanismus oder von Wolfsmännern, bei Frauen von Nymphomanie, obwohl diese nicht in jeder Hinsicht das weibliche Gegenstück zum Don-Juanismus bildet (siehe orale Kollusion). Als Durchgangsphase gehört die Reihenbildung passagerer Liebesbeziehungen zur normalen Entwicklung der Adoleszenz. Die Eroberung, auf die sich diese flüchtigen Liebesbeziehungen beschränken, beinhaltet die maximale gegenseitige Bestätigung und Idealisierung und somit in besonderem Maße eine narzisstische Gratifikation. Es kommt zur raschen Verschmelzung, weil für diese temporären Begegnungen alles aus der Beziehung ausgeklammert wird, was das Einswerden mit dem Liebesobjekt beeinträchtigen und trüben könnte. Sobald die Eroberung vollzogen ist, kommen Aspekte in die Beziehung hinein, die dem Narzissten deren Fortführung erschweren. Der narzisstische Auftrieb reduziert sich, die belebende Spannung, ob die Eroberung gelingen wird, ist verflogen; der Partner wird nicht mehr so verklärt gesehen, sondern erweist sich als ein durchschnittlicher Mensch. Die bisher ausgeklammerten, belastenden und nachteiligen Seiten des Partners und der Beziehung zu ihm machen sich bemerkbar und müssen in Rechnung gestellt werden. Vor allem aber kommt jetzt eine Bindung auf, die für den Narzissten gleichbedeutend mit Verpflichtung und Festlegung ist, wozu er sich nicht in der Lage fühlt. Vorübergehend gelang es ihm, sich ganz in der Beziehung zu engagieren, den Partner bis zur Verschmelzung an sich herankommen zu lassen. Nun wird diese Nähe bedrohlich. Er bricht die Beziehung abrupt ab und zerstört sie. Der Partner interessiert ihn nicht mehr, ist für ihn plötzlich inexistent. Für den Partner ist es unverständlich, wie der Narzisst ihn scheinbar grundlos in dem Moment fallen lässt, wo er sich ihm so nahe fühlte. Der Grund liegt ja gerade darin, dass man sich zu nahe gekommen ist. Der Narzisst muss seinen Partner «exkorporieren», aus sich ausstoßen. Oftmals will der Narzisst mit diesem unerwarteten Abbruch der Beziehung aber auch der Gefahr zuvorkommen, vom Partner fallengelassen zu werden. Narzissten fühlten sich in der Kindheit so oft verlassen und betrogen, dass es ihnen eine Genugtuung bereitet, andere verlassen zu können und sich für die früher erlittenen Frustrationen zu rächen.
Das Sexualerleben von Narzissten ist in seiner Erscheinungsform sehr vielfältig. Viele Narzissten sind sexuell voll funktions- und genussfähig, solange sie den Partner nicht lieben. Oftmals sind sie sexuell besonders unbekümmert und überdurchschnittlich funktionssicher, da sie irgendwelche situativen Beeinträchtigungen abspalten können. Je näher ihnen der Partner aber kommt, umso schwieriger wird es. Manche werden durch Heirat impotent, selbst mit der gleichen Partnerin, mit der sie zuvor störungsfrei sexuell verkehren konnten. Manche Frauen sind leicht orgasmusfähig, haben eine lange Plateauphase mit vielen einander folgenden Höhepunkten, möchten den Phallus lange in sich spüren und fühlen sich durch ihn im wörtlichen Sinne «aufgestellt» und nach dem Verkehr wie neugeboren. Andere wiederum sind frigid, weil der Kontrollverlust im Orgasmus besonders starke Verschmelzungsängste weckt. Männer wie Frauen
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