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Die Zweierbeziehung

Die Zweierbeziehung

Titel: Die Zweierbeziehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürg Willi
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um mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil ein Liebesverhältnis zu unterhalten. Dieser Anspruch kann die Eltern selbst in einen Konflikt bringen, womit sie dem Kind die Bewältigung des Ödipuskomplexes entscheidend erschweren. So kann die Mutter sich durch die sexuellen Wünsche des Knaben angesprochen fühlen und diese Avancen unterstützen, um sich daran zu ergötzen. Diese Tendenz kann besonders gefördert werden, wenn die Mutter in der eigenen sexuellen Beziehung zum Ehemann unbefriedigt ist. Durch unbewusst verführerisches Verhalten kann sie den Erwartungen des Knaben entgegenkommen, um ihn dann brüsk und für ihn uneinfühlbar zurückzuweisen, ihn zu beschimpfen und zu enttäuschen. Solch inkonsequentes, wechselhaftes Verhalten wird es dem Knaben in besonderer Weise erschweren, die Mutter als Sexualobjekt aufgeben zu können, ohne in seinem männlichen Selbstgefühl verletzt zu werden.
    Der Vater steht zum Knaben häufig in einer ambivalenten Beziehung. Pathogen für den Knaben sind unterlegene oder stark überlegene Väter, das heißt einerseits Väter, die der Knabe leicht übertrumpfen kann, worauf er mit Schuldgefühlen reagiert, oder andererseits Väter, die so überlegen sind, dass der Knabe sich nicht mit ihnen identifizieren kann und sich ihnen deshalb eventuell homosexuell zu unterwerfen neigt. Es rivalisiert aber nicht nur der Sohn mit dem Vater, sondern ebenso der Vater mit dem Sohn. Der Vater kann sich vom Sohn konkret bedroht und verdrängt fühlen. Ist der Vater Arbeiter, der Sohn Student, so ist der Vater häufig stolz und gleichzeitig neidisch auf ihn. Die Eifersucht wird durch die Mutter noch geschürt, die ihren Sohn eventuell vergöttert. Genauso wird es für die Mutter einen echten Konflikt bedeuten, wenn die heranwachsende Tochter attraktiver ist als sie und der Vater närrisch in sie verliebt ist. Die Tochter wird ihrerseits mit Schuldgefühlen reagieren, wenn sie die Mutter beim Vater zu verdrängen vermag.
    Der Ödipuskomplex kann somit ein echter Partnerkonflikt zwischen Eltern und Kind werden, ein neurotisches Zusammenspiel im Sinne einer Kollusion. Oftmals kann er von den Kindern bis ins Erwachsenenalter nicht bewältigt werden. Die Tochter bleibt an den Vater gebunden, der Sohn kann sich nicht von der Mutter lösen. In einer eigenen Ehe kann er sich nicht gegen die Mutter abgrenzen und schließt sie in die Ehe ein. Inzestwünsche und Inzestängste finden sich bei den Eltern mindestens so stark wie bei den Kindern. Der Vater ist oft eifersüchtig auf den Liebhaber der Tochter oder fühlt sich vom erfolgreichen Sohn depotenziert. Die Mutter ist häufig eifersüchtig auf die Schwiegertochter und versucht, diese zu entthronen und die Ehe des Sohnes zu sprengen. Die gespannten Beziehungen zwischen den Generationen sind auch außerhalb des Familienkreises, zum Beispiel im Berufsfeld, oft wesentlich durch ungelöste ödipale Eltern-Kind-Kollusionen motiviert.

5.7. Die hysterische Ehe Hysterische Ehe
    Die phallische Kollusion möchte ich am Beispiel der hysterischen Ehe darstellen, eines Ehesyndroms, das ich aufgrund eingehender Untersuchungen in früheren Arbeiten (1970, 1972) beschrieben habe. Ein wichtiger Aspekt der hysterischen Ehe ist die phallische Kollusion, die in der folgenden Darstellung besonders berücksichtigt werden soll.
    Die hysterische Ehe ist ein häufiges Ehesyndrom. Der hysterische Charakter soll vor allem im Hinblick auf die ihm eigene Beziehungsform zum Partner dargestellt werden.
     
    Zum Begriff «hysterische» oder «histrionische Persönlichkeit»
    Die Bezeichnung einer Patientin als hysterisch hat einen entwertenden Beiklang und wurde deshalb im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders DSM IV der American Psychiatric Association 1994 ersetzt durch den bedeutungsgleichen, aber kaum gebrauchten Begriff «histrionisch», schauspielerisch oder theatralisch. Der Begriff hat sich in der Folge jedoch wenig durchgesetzt und wurde in der Praxis oft ersetzt durch «emotional» oder durch den Begriff der «Borderline-Persönlichkeitsstörung».
    Ich hatte mehr als 20 Jahre früher (1970 und 1972) einen Aufsatz über die Psychopathologie der hysterischen Ehe publiziert, wo ich die Psychopathologie der hysterischen Ehe als ein häufig zu beobachtendes Ehesyndrom beschrieb. Die von mir beschriebene hysterische Ehe war eine der ersten Darstellungen eines Ehesyndroms, dessen Hauptmerkmale in der Verbindung des Beziehungsmusters einer Frau mit einer

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