Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
konnte nicht mal nicken. Deine Mutter würde dir sowieso nicht glauben und denken, du lügst, alle würden das glauben und denken schlecht von dir. Plötzlich schrie er. Hast du verstanden! Ich brachte mühsam ein Ja heraus.
Ich weiß nicht, wie lange das Ganze so ging. Ich war völlig benommen, jedenfalls kam es mir plötzlich vor, als er endlich von mir ließ und mich hinstellte. Meine Beine zitterten und etwas fühlte sich warm an, oben, dazwischen. Er kniete sich wieder vor mich hin und ich musste ihn erneut anfassen. Einmal gelang es mir für Sekunden, dabei in sein Gesicht zusehen. Es war völlig verzerrt und ich hatte schreckliche Angst vor ihm. Sofort aber drückte ich meine Augen ganz fest wieder zusammen und riss sie erst entsetzt wieder auf, als mir etwas ins Gesicht spritzte. Ich wusste noch nicht, dass ich jetzt erlöst war. Er stand auf und hielt mir meinen Schlüpfer hin. Ich nahm ihn wie in Trance entgegen. Stand einfach nur da. Er zog sich seine Hose zurecht, griff nochmals meine Hand und legte sie auf seinen Hosenschlitz und grinste. Siehst du, jetzt ist er klein, du hast ihn schlafen gelegt, und das nächste Mal zeig ich dir, was du noch alles mit ihm machen kannst. Er rieb sich ein bisschen mit meiner Hand und ließ sie genauso schnell wieder los. Jetzt zieh deine Hose an und komm ins Haus. Ich muss gleich weg. Dabei zog er ein Taschentusch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Finger ab. Könntest ein bisschen bluten, das ist ganz normal beim ersten Mal. Endlich verschwand er aus dem Schuppen. Ich weiß nicht, wie lange ich so da gestanden bin mit meinem Schlüpfer in der Hand, mitten im Sommer zu einem Eiszapfen gefroren. Mit einem Mal rührte sich mein Magen. Ich konnte diesen moderigen Geruch nicht mehr ertragen, würgte und erbrach mitten im Schuppen. Danach pinkelte ich los. Völlig entsetzt darüber drückte ich meine Unterhose, die ich noch immer in der Hand hielt, zwischen meine Beine. Aber alles lief durch und über meine Hände. Ich musste noch mal brechen und würgte, bis ich nur noch Galle hervor brachte. Hinzu kam die Angst, meine Mutter könnte mir alles ansehen und mich schlagen oder furchtbar mit mir schimpfen. Ich schämte mich endlos für das, was geschehen war, mit mir passiert war. O Gott, und der Schlüpfer, wenn sie den in der Wäsche finden würde, dann bekäme ich bestimmt eine Strafe. Den Schlüpfer versteckte ich erst im Schuppen, später, viel später habe ich ihn dann in einen Plastikbeutel gesteckt und in die Mülltonne geschmissen. Alles in mir war gestorben. Von dem Moment an im Schuppen hatte ich ständig Angst, er könnte mich töten. Ich glaube, von dem Augenblick an hörte ich auf zu existieren. Mir tat der ganze Bauch weh. Zwischen meinen Beinen brannte es wie Feuer und ich dachte, ich könnte keinen Schritt gehen.“
Eva war in sich zusammengesunken. Wolf sah sie betroffen an. Tränen liefen ihr die Wangen herunter. Ihr Gesicht wirkte wie der Abdruck einer Gipsmaske und genauso weiß.
„Es riecht wieder moderig, mir wird schlecht.“
Eva eilte abermals ins Bad, Wolf hinter ihr her. Sie krümmte sich über das Waschbecken und würgte mehrfach. Wolf hätte am liebsten aus lauter Mitgefühl eine Hand auf ihre zuckenden Schultern gelegt. Aber niemals Körperkontakt war oberes Gebot. Er reichte ihr erneut ein Glas Wasser. Eva winkte ab.
„ Es kommt nichts“, wunderte sie sich, während sie ins Waschbecken starrte. Langsam richtete sie sich aus ihrer gebeugten Haltung auf, schob Wolf, ohne ihn anzusehen, zur Seite, drückte sich in dem engen Bad an ihm vorbei und nahm wieder in ihrer Ecke platz. Wolf sah auf seine Uhr. Die Zeit war um zehn Minuten überschritten. Er überlegte kurz, setzte sich dann aber noch mal.
„ Fühlen Sie sich heute sicher vor Claudius?“
„ Ja“, sagte sie mit fester Stimme, „er war irgendwann verschwunden.“
Eva neigte den Kopf zur Seite, als müsse sie über das gerade Gesagte nachdenken, so, als gäbe da möglicherweise noch etwas, was sie vergessen haben könnte. Wolf ließ ihr etwas Zeit, ehe er seine Frage stellte.
„Wie fühlen Sie sich jetzt, Eva?“
„ Ich weiß nicht, irgendwo zwischen leer und aufgewühlt. Als ich angefangen habe zu erzählen, hatte ich mit meinem Schamgefühl zu kämpfen. Ich wusste, ich würde mich schämen für das, was ich Ihnen erzählen würde. Zugleich bin ich aber auch ein klein wenig stolz auf mich, dass ich es geschafft habe, schonungslos darüber zu sprechen. Ich meine vor
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