Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Wolf. Er wusste nicht, dass sie existiert hatte. Es lag also an ihr, ihn auch nicht durch unbedachte Äußerungen auf sie aufmerksam zu machen. Von Elke glitten ihre Gedanken zu Ronald. Er war nach ihrem Tod ein einsamer Witwer gewesen. Sie lächelte. Sie hatte es nicht schwer gehabt, ihn dahin zu bringen, ihr schon bald einen Heiratsantrag zu machen. Obwohl sie den Beischlaf verabscheute, flog sie, wenn sie damit ein Ziel verfolgte, beim Liebesakt einfach davon und kehrte erst zurück, wenn es vorbei war. Auf diese Weise war sie fähig gewesen, all seine wollüstigen Zärtlichkeiten zu erwidern, die sie unbeabsichtigt in ihm hervorgerufen hatte. Wie ferngesteuert sogar erfolgreich zu erfüllen. Schließlich hatte sie ihn regelrecht am Hals gehabt mit seiner Begierde nach ihrem Körper. Aber deswegen hatte sie ihn doch nicht getötet? Unmerklich schüttelte sich Eva. In der nächsten Sitzung würde Dr. Heinzgen sicher wieder bei Claudius einhaken, aber ob sie es schaffen würde, das andere auch alles erzählen? Und irgendwann würde er wahrscheinlich auf ihre Mutter zu sprechen kommen. Eva holte tief Luft. O Gott, Claudius. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken an ihn. Ob sie es wirklich zustande bringen würde, sich Wolf rigoros anzuvertrauen? Hinsichtlich der letzten Sitzung flimmerten reichlich Bilder vor ihren Augen, Bildern mit Inhalten, die sie hervorragend verdrängt hatte. Plötzlich wusste Eva, wie sie es Dr. Heinzgen sagen konnte. Spontan stand sie auf und griff sich die Schreibutensilien, die in jedem Zimmer lagen, setzte sich an den Tisch und begann mit Schamesröte im Gesicht die ersten Zeilen ...
Es war nicht bei diesem einen Mal im Schuppen geblieben. Zu der Zeit, in der Mutter arbeitete, kam er oft tagsüber vorbeigefahren. Bald wusste ich ungefähr, wann das jeweils sein würde und lief vorher zu meiner Oma oder rannte an die Ahr und versteckte mich hinter den Büschen am Fluss. Weil ich meistens nicht mehr zu Hause war, änderte er seine Zeiten. Überraschte mich nach der Schule oder am frühen Abend, bevor Mutter nach Hause kam. Ich fand keine Ruhe mehr und konnte mich bald auf nichts anderes mehr konzentrieren als auf die ständige Angst in meinem Herzen. In der Schule wurde ich immer schlechter. Ich durfte doch niemanden erzählen, was mich so ablenkte.
Die erste Zeit musste ich ihn nur anfassen, während er mich dabei streichelte. Eines Tages aber steckte er mir sein Teil in den Mund. Ich würgte entsetzt, es hat gerochen und ich bekam schrecklichen Ekel, aber er stieß meinen Kopf von hinten an und zwang mich. Los, du kleines Nüttchen, lutsch ihn wie einen Lolly, als wolltest du ihn aussaugen. Ich schaffte das nicht. Er schlug mir vor Wut darüber ins Gesicht. Das werden wir noch üben, du wirst Spitze darin werden , fauchte er mich an. Ich begann zu weinen. Das war das erste und einzige Mal, dass ich geweint habe. Seine Spiele mit mir gipfelten in immer schrecklicheren Handlungen. Er verfuhr mit mir wie mit einer Puppe, mit der man alles anstellen konnte. Ich will hier nicht in die Details gehen. Aber es war wirklich hammerhart für mich. Ich schloss bei seinen ständig neuen haltlosen und besessenen Einfällen die Augen und – ja, er fotografierte mich dabei – ich hörte nur die Kamera klicken. Eines Tages goss er Bier zwischen meine Schenkel und schlürfte und schlürfte. Ich presste Augen und Lippen zusammen, versteifte mich und lauschte den Vögeln im Garten, dachte an den blauen Himmel, daran, wie groß die Welt ist, und wie weit ich fortlaufen könnte und schwebte ein bisschen. Doch ich kam nicht ganz weg. Immer wieder holte er mich zurück.
Meine Qual wurde von Tag zu Tag schlimmer. Ich wagte nicht, meiner Mutter etwas zu sagen. Er fotografierte Mutter auch und sie schien das gut zu finden. Jedenfalls lachte sie auf all den Fotos, obwohl sie kaum was an hatte. Ich wusste, wo er die Bilder aufbewahrte und nahm sie alle weg. Er schlug mich grün und blau dafür, und ich tat es nie wieder. Ich hatte keine Lust mehr, in die Schule zu gehen. Ich wollte sterben. Immer häufiger lief ich stundenlang draußen herum, nur, um ihm nicht zu begegnen. Aber im Winter war ich dann doch wieder öfter zu Hause. Er machte meiner Mutter und mir Geschenke. Geld hatte er immer mehr zur Verfügung, als er durch das Getränkeausfahren verdienen konnte, so jedenfalls meinte meine Mutter.
Die schönste Zeit brach für mich an, als er mit ihr in Urlaub fuhr. Zwei Wochen brauchte ich keine Angst haben.
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