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Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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beruflich und gesellschaftlich ruinieren. Also keine Kohle mehr. Ich dachte, halt lieber die Klappe und steck das Geld ein.“ Mutter verzog den Mund, als würde sie sich selbst verachten. „Stolz hatte ich schon lange keinen mehr, auf was auch hätte ich stolz sein können?“
    Ich sah sie groß an. „Vielleicht auf mich, Mutter.“
    Sie spürte, wie verletzt ich über ihre Worte war und nahm mich in die Arme, aber es erschien mir nicht herzlich, mehr wie eine Geste, die sie erfüllen musste, weil es sich so gehörte.
    „ Weißt du“, erklärte sie sofort übereifrig weiter, „er war damals auch gerade Präsident des Lionclubs geworden und schließlich war er doch immer großzügig gewesen. Hätte ich das wirklich aufs Spiel setzen sollen? Damals hab ich eben einfach nicht anders gekonnt.“ Sie stöhnte furchtbar, aber das beeindruckte mich nicht und ihre Worte überzeugten mich nicht. „Ich hab in all den Jahren einiges für dich auf die Seite bringen können.“
    Auch das überzeugte mich nicht. Übergangslos fragte ich sie.
    „Hast du mich deshalb damals so plötzlich wieder von der Schule genommen, weil er es so gewollt hatte?“
    Meine Mutter nickte. Ich verspürte einen Knoten im Magen. Er hatte mich fortgeschickt, dabei war ich doch sein Fleisch und Blut ...
    „ Ich weiß nicht, woher er weiß, wie du aussiehst. Er hatte nie persönlichen Kontakt mit dir. Vielleicht hat er uns mal zufällig zusammen gesehen oder er hat sich bei der Schulleitung erkundigt, wer du bist, keine Ahnung. Er hat mir nur ein Ultimatum gestellt: Raus aus dem Leben meiner Familie. Ich sollte sogar Bonn verlassen, aber dagegen hab ich mich gewehrt. Schließlich hatte er eingesehen, dass das wohl zu weit ging.“
    Meine Mutter erzählte mir in der Küche unter Tränen, wie damals alles geschehen war, was ich jetzt hier nicht weiter ausführen möchte. Sie umarmte mich immer wieder, entschuldigte sich tausendmal dafür, was sie für eine schlechte Mutter war, dass es mir ins Herz stach und ich sie tröstete. Es war alles umgedreht. Ich trug plötzlich Sorge für ihr Seelenleben anstatt umgekehrt. Irgendwie spürte ich, dass das so nicht in Ordnung war, etwas nicht stimmte. An dem Abend geschah es.
    Als ich wieder zu Hause war, rief ich sie an, hoffte, dass sie noch nicht zur Arbeit aufgebrochen war. Nach einer Weile hob sie endlich ab.
    „ Oh, Eva, ich ..., pass mal auf ... ich bin völlig ...“
    Sie war sehr verstört, stotterte herum. Mir war das egal, ich wollte nicht eine Sekunde länger das erdrückende Geheimnis meiner Kindheit alleine tragen. Ich erzählte ihr alles. Manchmal glaubte ich, am anderen Ende wäre niemand, der mir zuhörte, so still war sie. Als ich geendet hatte, stöhnte sie.
    „Ich weiß, Eva. Mein Gott, Eva, ich weiß, ich weiß“, sagte sie zu meiner Verblüffung und weiter, „Eva, mein Kind, ich hab eben gerade die Negative und Fotos gefunden. Oh mein Gott, und ich habe dich damals geschlagen, als du ...“ Ihre Stimme brach. Ich hörte sie schluchzen. Dann sagte sie. „Ich komme nachher zu dir.“
     
    Ich setzte mich in meinen korbgeflochtenen Schaukelstuhl, den ich beim Sperrmüll aufgegabelt und eigenhändig nach Hause getragen hatte. Er war schon etwas zerfleddert, aber ich liebte ihn. Wenn ich nachdenken wollte, mich etwas beschäftigte, kuschelte ich mich mit meiner blauen Decke hinein und wippte wie ein Heimkind hin und her. Die Zeit des Wartens auf meine Mutter hüllte mich in eine merkwürdige, ruhige Zufriedenheit. Aber Mutter kam nicht, stattdessen klingelte die Polizei. Meine Mutter hatte mit einer Messingskulptur das erledigt, was ich schon vorher in der Küche mit einem Messer am liebsten getan hätte. Claudius Haffner ins Jenseits befördert. Als sie mir die Nachricht überbrachten, ich meine Mutter im Gefängnis wusste, glaubte ich, in den Wellen eines Ozeans zu versinken. Mich schüttelte eine konfuse Mischung aus Lachen und Weinen.
    Ich besuchte Mutter, so oft es möglich war. Das Geld, das sie von meinem Vater für mich auf die Seite gebracht hatte, investierte ich in einen guten Anwalt. Ich fühlte mich meiner Mutter so nah wie niemals zuvor. Sie musste mich doch sehr lieben, hatte sie wegen mir einen Menschen getötet. Und hatte ich sie nicht verraten mit meinem Hass auf sie?
    Seit diesem schrecklichen Ereignis umgaben mich dichte Schleier aus Bildern und Gedanken der Vergangenheit. Tagsüber verfolgten sie mich, wuchsen an und ließen mich nachts nicht schlafen.  Irgendwann

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