Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Wohlstands, der Geborgenheit und des geliebt werden anlächelten. Für ganz kurze Zeit hatte ich einmal zu ihnen gehört. Es kam mir so vor, als hätte ich nur kosten dürfen, woher ich stamme, um dann wieder zurückgeworfen zu werden in das elendige Dasein, für das ich nichts konnte. In das ich hineingeboren wurde, gezeugt von jemandem der anderen Seite, die mir verwehrt war, zu erreichen. Mein Herz machte einen Satz, eine plötzliche Hitzewelle überflutete mich. Einen Augenblick dachte ich, ich würde verbrennen, verbrennen vor Eifersucht, vor Missgunst, vor Scham und vor Hass. Von dem Augenblick an war ich besessen von und Ronald und ihrem Leben im Überfluss. Wann immer ich Zeit hatte, suchte ich unauffällig ihre Nähe. Angefangen hat es an dem Tag ihrer glanzvollen Hochzeit, der ich aus sicherer Entfernung beiwohnte. In der Kirche in der letzten Bank saß und ihnen mit gesenktem Haupt, auf das ich einen großen Hut gesetzt hatte, wie eine Verhungernde zulächelte, als sie die Kirche verließen. Und zum ersten Mal durchzuckte mich der stechende Gedanke: Warum sie und nicht ich? Ein Gedanke, der ab jenem Zeitpunkt mein ständiger Begleiter wurde. Ich verfolgte ihre Jahre im Glück und stetig steigendem Wohlstand, etwas, das auch mir gebührt hätte. Durch meine permanente Beschäftigung und Bewachung der beiden geriet mein Vater, der auch Verenas Vater war, zunächst immer mehr in den Hintergrund. Die Mordgedanken, die ich einmal an ihn verschwendet hatte, verblassten zusehends.
Irgendwann quoll ich regelrecht über vor Hass und Verwünschungen der beiden, dass ich mit Mutter darüber sprechen musste. Ich konnte die zerfressenden Gefühle von Neid und Missgunst aber vor allem der Ungerechtigkeit nicht mehr für mich allein behalten. In meinem Kokon klaffte mittlerweile ein großes Loch, aber noch war ich nicht ausgeschlüpft, lugte nur mit vorgehaltenem Kopf heraus.
Von nun an folgten regelmäßige Gespräche mit Mutter. Ich glaube, ich habe Schlimmes in ihr angerichtet, indem ich mich immer nachdrücklicher von der Welt betrogen darstellte, verlassen von einem feigen Vater, der sich meiner Ansicht nach zu mir hätte bekennen müssen. Ich wage auch jetzt noch nicht, mir ernsthaft vorzustellen, was in ihr vorgegangen sein muss. Meine Mutter wurde mit der Zeit immer stiller, hörte nur noch zu und manchmal schien es mir, als tüftele sie einen Plan aus, der mich retten sollte. Wenn Mutters Tod vor mir auftaucht, bekomme ich eine unerklärliche Angst. Ich weiß, im Zusammenhang mit ihrem Tod liegt etwas tief in meinem Unbewussten begraben.
Eines Tages steckte ich wieder in einer Beziehung. Ich mochte den Mann ehrlich, er hatte etwas Sanftes an sich, das mir Sicherheit vorgaukelte. Er war Rechtsanwalt und in guter Stellung bei einer großen Firma. Mutter sagte mir, ich solle ihn heiraten, damit, so meinte sie, könnte ich mir doch einige meiner Wünsche an das Leben erfüllen. Ich lachte innerlich spöttisch, wenn ich an das dachte, was meine beiden Feinde besaßen, daran dachte, wie Rosen umwoben ihnen das Leben zulachte, Golfclub, Tennisclub, gesellschaftliche Ereignisse, Anerkennung, Reisen. Mutter ahnte nicht annähernd, welch nagendes Tier meinen Kokon zerfraß.
Ich war nahe daran, den Rechtsanwalt zu heiraten. Er war geduldig und huldigte meine Schönheit und Reinheit, dass ich innerlich lächeln musste. Es war kein höhnisches Lächeln, sondern dieses wehmütige, traurige Lächeln über andere, weil sie in völliger Unkenntnis meiner Lage waren. Einmal besuchten Axel und ich für ein Wochenende in Köln seine Eltern. Weil wir ja bald heiraten würden, bereiteten sie unsere gemeinsame Übernachtung im größeren Gästezimmer vor. Ich hatte schon mehrmals geschafft, mit ihm zu schlafen. Jedoch war es immer sehr schnell geschickt on mir beendet worden. Ich heizte ihn nämlich mit Worten derart ein, wie ich es von Claudius gelernt hatte, dass ich ziemlich schnell erlöst war. Aber an diesem Abend bei seinen Eltern unter dem Dach des Hauses in dem gemütlichen warmen Zimmer mit Kerzenlicht hatte er sich vorgenommen, den Liebesakt hinaus zu dehnen. Ich spürte es schon, bevor ich den Raum betrat. Noch vor der Zimmertür machte alles in mir mobil. Ich bemühte mich, sämtliche Techniken anzuwenden, die ich schon ausprobiert hatte, um dem, was mich erwartete, zu entkommen, als seine Hände meinen Rücken streichelten. Mich verwirrten. Meinen Körper erkundeten und sich den Weg durch die Kleidung suchten. Ich
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