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Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Misko
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monatelang reifen, um sich zu formen, bis ich sie klar und deutlich für mich aussprechen konnte. Doch immer noch erlebte ich ständig währenddessen neue Skrupel, denen ich mich stellen und die ich überwinden musste. Die Zeit rann mir davon. Bald würde sie gebären, dann war alles zu spät. Ob mein Vorhaben klappen würde, war völlig ungewiss, aber ich wollte es versuchen. Zunächst musste ich herausfinden, womit ich sie ködern konnte. Meine Intuition verriet mir, mich dazu in Verenas häuslichem Umfeld bewegen zu müssen, um weiterzukommen. Ich war richtig verrückt, kam mir manchmal vor wie in einem Kriminalfilm und spielte meine Rolle nach eigener Regieanweisung. In unterschiedlichem Outfit, mit der Zeit wurde ich eine spektakuläre Verwandlungskünstlerin, hielt ich mich tagsüber mehrfach in der Nähe ihres Hauses auf. Eines Nachmittags hatte ich Glück. Ich lauschte einem nachbarschaftlichen Gespräch ihrer Hausangestellten, in dem sie sich erkundigte, wo eine seltene chinesische Skulptur zu erwerben oder zu ersteigern sei, die Frau Doktor unbedingt ihrem Mann zu Weihnachten schenken möchte. Das ist es, durchzuckte es mich.
    Der nächste Tag war mein Geburtstag. Ein Gedanke saß plötzlich wie ein Dorn in meiner Seele. Wieso sollte ich mir Elke nicht selbst zum Geburtstagsgeschenk machen und mir damit die Voraussetzung für einen Platz an der Sonne schaffen? Warum sollte ich noch warten? Morgen, Morgen war mein Tag. Die Chancen dafür standen gut. Noch am selben Abend warf ich im Schutz der Dunkelheit eine Nachricht in den Briefkasten und informierte als ’Nachbarin’, in welchem Auktionshaus in Köln das Gesuchte zu haben sei. Ich ließ nicht unerwähnt, dass erfahrungsgemäß diese besonderen Skulpturen sehr schnell vergriffen seien.
     
    Mein Plan begann, reelle Formen anzunehmen. Greifbar nahe rückte mein Geburtstagsgeschenk. Am nächsten Tag setzte Elke sich in den Zug und fuhr nach Köln. Sie reiste tatsächlich alleine. Ich hatte natürlich Sorge gehabt, sie könnte vielleicht in ihrem Zustand begleitet werden. Im Zug saß ich einige Reihen hinter ihr. Meine Haare hatte ich unter einer dicken Wollmütze verstaut. Im Gesicht eine große Fensterglasbrille. Nicht mal meine Mutter hätte mich so erkannt. Ich trug ein weites wollenes mausgraues Wintercape. Darunter umhüllte seitlich meines Armes eine Umhängetasche den dicken Stiel einer Axt, nur den Stiel.
    Die erste halbe Stunde im Zug war ich innerlich in Aufruhr und spürte mein Herz bis zum Hals schlagen. Doch je näher wir Köln kamen, umso ruhiger wurde ich und bekam meine innere Anspannung unter Kontrolle. 
     
    Elke fand das Auktionshaus in der Fußgängerzone sofort. Ich hatte sie nach gut dünken in meiner kurzen Mitteilung zu diesem Laden geschickt und schmunzelte, als sie ihn tatsächlich mit einem ovalen Karton wieder verließ. Sie schien tatsächlich eine Vase gefunden zu haben. Mit ihrer kleinen Fracht eilte sie zurück zum Bahnhof. Ich wusste, welchen Zug sie unbedingt bekommen wollte. Er fuhr in fünfunddreißig Minuten.
    Auf dem Bahnsteig empfing uns das Gegröle einer Gruppe angetrunkener Männer. Es herrschte Feierabendbetrieb. Zudem drängten sich noch viele Weihnachtsheimfahrer auf dem Bahnsteig. Für mein Vorhaben war das perfekt. Elke hielt sich etwas abseits der Bahnsteigkante. Ich stand ganz in ihrer Nähe, umfasste krampfhaft mit beiden Händen unter meinem Cape den dicken, ovalen Axtstiel. Bereit, ihn blitzschnell unter meinem Umhang in ihren Rücken zu stoßen, damit sie aufs Gleis stürzte. Noch stand sie zu weit davon entfernt. Aber wenn der Zug einrollte, musste sie ja vortreten.
    Das Gegröle hallte durchdringend zu uns herüber und holte mich aus meinen Gedanken. Die Menschen auf dem Bahnsteig äugten kopfschüttelnd zu den betrunkenen Kerlen. Auch Elke blickte sich um, sah auch in meine Richtung. Ich glaubte, sie sähe mich direkt an. Aber das war nur Einbildung. Ich starrte auf ihren Bauch. Sie musste ungefähr im achten oder schon im neunten Monat sein. In dem Moment wurde mir das Unfassbare meines Vorhabens bewusst. Ich würde ein Ungeborenes töten. Darüber hatte ich in meiner Besessenheit nicht einen einzigen Gedanken verschwendet. Was war ich nur für ein Mensch? Ich hatte keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, vielleicht von meinem Vorhaben abzusehen, denn der Zug wurde angekündigt. Danach ging der sentimentale Anfall rasch vorüber. Die Welt war sowieso nicht für Kinder gemacht, sie würden nur

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