Die zweite Frau des Arztes (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Wann immer ich dazu kam, tauchte ich darin ein, bis ich mich schon fast als seine Ehefrau fühlte. Ich brauchte es eigentlich nur noch zu verwirklichen. Und hier blieb ich jedes Mal hängen. Mein Einfallsreichtum bot mir ständig neue Variationen, wie ich mich an ihn heranmachen könnte. Vielleicht ihn wie ein Vamp verschlingen, dass er Elke aufgab und sich für mich entschied? Schon damals als Kind hatte ich ja nur gewinnen wollen und heute wollte ich im Grund meines Herzens auch nicht mehr, denn Ronald war mir als Mann egal. Ich hatte lediglich genug davon, auf der Schattenseite zu stehen, wollte nur ins Licht der Sonne. Und das verkörperte für mich Ronald und sein Lebensstatus. Natürlich erfüllte sich damit auch meine innere Befriedigung, dass der Hass auf die ungerechte Lebensverteilung, der Hass, den ich auf Elke und Ronald übertragen hatte, seine Früchte in der Vernichtung trug. Vor allem in der von Elke. Jedenfalls zunächst einmal, aber schon damals war mir unbewusst klar, dass ich irgendwann wieder in mein trauriges, aber mir vertrautes Alleinsein zurück würde wollen, doch unter besseren Lebensbedingungen. Ich schmiedete einen Plan, mich in Ronalds Kopf einzuschleichen. Irgendwo hatte ich mal in einem schlauen Buch über die Liebe gelesen, man solle sich immer in der Nähe des Mannes aufhalten, den man bekommen möchte. So, dass sich dein Bild in sein Unbewusstes manifestiert.
Es war ein Tag im Juni, der meinen Plan ins Wanken geraten ließ. Ich folgte Elke bei einem Stadtbummel. Wie an einem unsichtbaren Gummiband zog sie mich hinter sich her, nichts ahnend, dass sie den Drang in mir stärkte, sie endgültig ins Abseits zu befördern. Sie betrat den Laden Mutter und Kind. Ich zog meine Jeansmütze tiefer in die Stirn und folgte ihr hinein, durchforstete in ihrer Nähe Babyartikel, während sie das teuerste Kinderbett mit einem fulminanten Himmel kaufte, nebst einem hypermodernen Kinderwagen und diverser Schwangerschaftskleidung. Ich war wie vom Donner getroffen. Ich konnte nicht glauben, dass sie Mutter werden sollte, bis ich ihren Besuch beim Gynäkologen verfolgte und allmählich ein Bäuchlein zu sehen glaubte. Was sollte ich jetzt machen? Würde Ronald eine schwangere Frau verlassen wegen einer anderen, auch wenn die andere um einiges begehrenswerter schien? Ronalds ritterliches Verhalten mir gegenüber auf dem Schulhof kam mir in den Sinn. Ich musste meine Frage verneinen. Er würde sie nie verlassen. Mit einem Schlag lag wieder mein kümmerliches Leben vor mir in noch dunkleren Farben als vorher. Wieder fühlte ich mich vom Schicksal betrogen. Als ich anschließend in meine Wohnung zurückkam, trug ich eine gehörige Portion unversöhnlichen Hass im Gepäck. Ich glaubte, die Funken sprühten mir aus der Haut, so derart stand ich unter Strom. Ich raste eine endlose Zeit in meiner Wohnung hin und her wie ein gefangenes Raubtier. Vielleicht hatte ich sogar Schaum vor dem Mund. Ich trat gegen das Tischbein, gegen meinen Schaukelstuhl, zerschmetterte Mutters Geburtstagsgeschenk in Form einer bunt bemalten Vase und schrie immer wieder: Warum sie und nicht ich !? An dem Abend tobte ich, bis ich vor Erschöpfung im Schaukelstuhl einschlief, versäumte meinen Dienst in der Kneipe und wäre beinahe auch noch meinen elenden Job losgeworden.
Am nächsten Tag sammelte ich mich und dachte über die veränderte Situation nach. Die neuen daraus resultierenden Gedanken gefielen mir nicht. Ich wand mich, quälte mich, schob alles hin und wieder her und zurück, bis es sich festigte. Tatsache war, ich musste umdisponieren, zu härteren Bandagen greifen, obwohl ich das nicht beabsichtigt hatte. Ich wollte niemanden körperlich verletzen, nur seelisch.
Elkes Bauch wuchs, und stolz wie Oskar trug sie ihn durch die Stadt, deckte sich weiterhin mit einer Babyausstattung ein, die jeder Mutter das Herz hätte überlaufen lassen. Leider jedoch können sich diese Kaufauswüchse nur wenig Auserwählte leisten. Zu denen wollte ich verdammt noch mal endlich gehören. Jetzt war ich froh, mich Ronald noch nicht, wie ich zunächst beabsichtigt hatte, gezeigt zu haben, damit er mein Bild aufnehmen konnte. Diese Tour würde eh nicht mehr ziehen.
Wenn ich so darüber nachdenke, war ich schon abgehärtet im Nehmen und Ertragen. Jedoch die Idee, die noch nichts weiter war als ein Flüstern in meinen Ohren, ein kaltes Kitzeln weit hinten in meinem Gehirn, nichts was ich hätte schon in Worte fassen können, musste
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