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Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition)

Titel: Die zweite Invasion - Legenden der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank W. Haubold
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Muss schlafen. Die Plastikhaut der Liegefläche fühlte sich unangenehm kühl an, aber der Kraftakt, ein neues Laken aufzuziehen, überstieg Vincents Möglichkeiten. Wenigstens das Kopfkissen war warm und weich. Er nahm es und presste es mit beiden Handflächen über Augen und Ohren. Nichts sehen, hören, fühlen ... Die Geräusche verstummten nicht sofort, aber sie schienen jetzt weiter entfernt. Er hatte sie ausgesperrt. Die Dunkelheit war beruhigend, und Vincent spürte, wie sich ein angenehmes Gefühl der Schwere auf seine Glieder legte. Muss schlafen. Der Truthahn hämmerte noch ein paar Mal kraftlos auf Vincents Stirn ein, dann verstummten die Schläge und alles andere auch. Muss schlaf ...
     
    4.30 Uhr. Vincent bereute den Blick zum Nachtdisplay augenblicklich. Es war noch dunkel, dabei hätte er es bewenden lassen sollen. Jetzt war die Zahl in seinem Kopf, und der Countdown lief – ein Countdown, der wie die Zeit an Bord und der Wechsel zwischen Nacht und Tag auf einer Fiktion beruhte.
    Mit »Zeit« im Sinne von Lebensspanne hatten die an Bord verstrichenen Tage, Wochen und Monate ebenso wenig zu tun wie die Datumsstempel der sp oradisch eintreffenden Dirac-Nachrichten der Zentrale. Vincents biologisches Alter und seine Lebenserwartung hingen ausschließlich vom DNA-Status seiner Zellen und deren Regenerationsfähigkeit ab. Beides ließ sich in höherem Maße beeinflussen, als es der Allgemeinheit bekannt war. Jäger wie Vincent erhielten die kostspieligen Behandlungen als Ausgleich für die oftmals erheblichen Transferzeiten, denn selbst Sprungschiffe wie die »Diana« waren außerhalb der Hauptrouten in ihrer Geschwindigkeit limitiert. Außerdem stellten sich die von der Zentrale ausgereichten Informationen nicht selten als fehlerhaft oder überholt heraus, was zusätzliche Transfers erforderte, wenn sich der Gesuchte außerhalb des vorgegebenen Zielgebiets aufhielt.
    Vincents aktueller Auftrag fiel eindeutig in diese Kategorie. Die Zentrale musste gewaltig unter Druck stehen, wenn sie auf so unsicherer Nachric htenbasis einen Fahndungsauftrag auslöste. Das Dossier über den Gesuchten, einen gewissen Mr. Echo, enthielt keinerlei Fakten, dafür aber eine Fülle von Berichten und Mutmaßungen aus zweiter und dritter Hand. Es gab noch nicht einmal verwertbare Aufnahmen der Zielperson, die als »Aufrührer« und Mitglied diverser Separatistengruppen zur Fahndung ausgeschrieben war. Die Phantombilder, die man an den Orten seines Auftauchens hatte anfertigen lassen, waren zudem derart widersprüchlich, dass die Korrelationsanalyse ergebnislos geblieben war. Entweder veränderte der Mann fortwährend sein Äußeres bis hin zur Augen- und Hautfarbe, oder einige der Zeugen hatten sich in seiner Person getäuscht. Gleiches galt für seinen Vornamen, der in den Unterlagen einmal als »Janus« und an anderer Stelle als »Yashu« angegeben war.
    Ähnlich unzuverlässig waren die Informationen zum Aufenthaltsort der Zielperson. Vincent war bi slang einem guten Dutzend dieser angeblich aktuellen Meldungen nachgegangen, wobei sich bei seiner Ankunft stets herausgestellt hatte, dass der Gesuchte entweder nie dort gewesen oder inzwischen weitergereist war. Wie er das anstellte, ohne kontrolliert zu werden oder in den Passagierlisten der in Frage kommenden Flüge aufzutauchen, war eines der zahlreichen ungelösten Rätsel dieses Falles.
    Mittlerweile hatte Vincent das Gefühl, einem Pha ntom nachzujagen – einer Fata Morgana, die sich auflöste, sobald er ihr nahe kam. Der zunehmend skeptische Unterton seiner Berichte an die Zentrale war jedoch ebenso unbeachtet geblieben wie die inzwischen stattliche Anzahl von Fehlschlägen. Er musste also weitermachen, gleichgültig, wie er selbst die Erfolgsaussichten einschätzte. Solange die Mission in die höchste Prioritätsklasse eingestuft war, hatte er seine Zweifel für sich zu behalten.
    Der letzte Misserfolg lag erst wenige Wochen z urück. Die Zentrale hatte einen anonymen Hinweis weitergeleitet, dass Echo auf Lahotka – einem froststarren Außenposten der Menschheit, auf dem nur ein paar Hundert Kolonisten lebten – gesehen worden sei. Da das System in unmittelbarer Nähe eines Aussprungpunktes lag, war die »Diana« innerhalb kürzester Zeit vor Ort gewesen. Zwei Stunden nach der Landung auf dem winzigen Raumhafen hatte Vincent mit einem gemieteten Motorschlitten die einzige Siedlung erreicht – ein armseliges Hafenstädtchen am Ufer der St.-Michaels-Bucht, in dem

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